RE:Aberglaube

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Furcht vor höheren Wesen, Geistern oder Göttern, römisch superstitio
Band I,1 (1893) S. 29 (IA)–93 (IA)
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Aberglaube, von den Griechen gefasst als δεισιδαιμονία, d. h. als die Furcht vor höheren Wesen, Geistern oder Göttern. Die Römer brauchen dafür superstitio, gewöhnlich erklärt als „Überschuss“ über den Glauben des Volkes, richtiger als „Überbleibsel“ (von superstes). In Wahrheit berücksichtigen beide Namen nur je eine Seite des A., dessen volle Definition erst durch beide zusammen ausgedrückt werden kann.

A. ist die aus dem Gebiet lebendigen religiösen Bewussteins herabgesunkene und gewissermassen erstarrte Vorstellung vom Übersinnlichen und seine Kultübung (im Zauber). Insofern aber die Vorstellung vom Übersinnlichen sich in die Form der Anschauung eines persönlichen Gottes kleidet, ist A. die Furcht vor diesem Gotte (vgl. Plin. n. h. XXVIII 27: haec instituere illi, qui omnibus negotiis horisque interesse credebant deos, et ideo placatos etiam vitiis nostris reliquerunt), und dementsprechend der Zauber das Suchen nach Mitteln, seinen schädlichen Einfluss durch Beherrschen zu brechen. Man hat insofern also Recht, den A. als die „Nachtseite“ der Religion zu bezeichnen, selbst im buchstäblichen Sinne, weil die Schrecken der unbestimmten, unbekannten Nacht auf das menschliche Empfinden in dieser Hinsicht viel stärker wirken, als die bestimmten Formen, in denen ihm die Natur im klaren Tageslicht entgegentritt. Daher die unvergleichlich grössere Rolle, die der Mond gegenüber der Sonne beansprucht, und die vielen Vorschriften, die den Zauber vor Sonnenaufgang zu vollführen heissen. Mithin müssen die Erscheinungen des A. als Formen religiösen oder mythologischen Denkens erklärt und auf ihre mythologische Wurzel zurückgeführt werden, und die Erforschung des A. dient geradezu der Religionsgeschichte, wie zwei Beispiele zeigen mögen.

Durch alle indogermanischen Völker hindurch geht der Glaube an den Werwolf, d. h. an den in einen Wolf sich verwandelnden Menschen. Er wird auf griechischem Gebiet in ein eigentümliches Licht gerückt (die betreffenden Stellen gesammelt bei W. Hertz der Werwolf, Stuttgart [30] 1862, 35f.). Den Zusammenhang der darüber umlaufenden Erzählungen mit einem, durch Menschenopfer begangenen Kult hat man längst erkannt. Wir können aber weiter gehen und behaupten, dass der Wolf (λύκος) der Lichtgott ist (zu lux, lucere), dessen Geburt und Epiphanie am „Lichtberg“ Lykaion gefeiert wurde, und zwar in einer enneaterischen Periode. Daher Λυκάων „der Leuchtende“, Vater des Νύκτιμος „des Nächtlichen“, und der Καλλιστώ, des Mondes (vgl. Usener Rh. Mus. XXIII 324. 334), deren Sohn von Zeus Ἀρκάς ist (vgl. ἄρκτος s. auch Keller Tiere des class. Alt. 166). Erst nachdem das Bewusstsein dieser Bedeutung des Festes geschwunden war, als man längst im „Lichthelden“ nur noch den „Wolf“ sah, bemächtigte sich die Phantasie des Volkes seiner Gestalt und verallgemeinerte die Erzählung (eines Kultliedes?) zu dem Glauben, dass man dort nach Genuss von Menschenfleisch (vgl. dazu Hertz 39, 1) zum Wolfe werde. Bei den Römern ist der Wolf heilig dem Mars, dem Jahresgott (vgl Usener Rh. Mus. XXX 182ff.). Ihnen war freilich jene religiöse Anschauung selbst im Namen völlig geschwunden; sie bezeichneten den Werwolf als versipellis, haben ihn also einfach als eines jener vielen verwandlungsfähigen Wesen gefasst, zu denen auch die striges gehören; vgl. bes. Petron. 62. Lebendiger hat sich die Vorstellung bei den Germanen erhalten, wo wenigstens eine Spur der ἐννεατηρίς erscheint: 9 Tage bleibt der Träger des Wolfshemdes Tier, jeden zehnten wird er Mensch (Hertz a. a. O. 52. 55; vgl. die altdänische Ballade ebenda 58f.).

Aelian n. a. II 30 berichtet: „um einen neuen Hahn beim Hof zu halten, führe man ihn dreimal um den täglich benutzten Esstisch herum“, also eine magische Bindung oder Bannung des Hahns (vgl. ähnlichen A. bei Wuttke Deutscher Volksaberglaube, Berlin 1869, § 676. 679. Grimm Mythologie¹ XC 577. XCII 616). Der Tisch, an dem gegessen wird, ist heilig, religiös geweiht; vgl. viele Bräuche bei Wuttke Register s. Tisch, für das Altertum die drei σπονδαί beim Mahl (Plut. conv. sept. sap. 15; quaest. Rom. 64; besonders quaest. conv. VII 4, 7: ὁ Λεύκιος ἔφη τῆς μάμμης ἀκηκοὼς ὑπομνημονεύειν ὡς ἱερὸν μὲν ἡ τράπεζα). Aber der Tisch ist erst an die Stelle des Herdes getreten, der ursprünglich Mittelpunkt des Hauswesens war (Grimm a. a. O. LXXVIII 155). Dessen Heiligkeit ist bekannt. An ihm haben die Ahnengeister (ἥρωες, lares) ihren Sitz. An ihm findet ursprünglich das Familienmahl statt (vgl. die römische Sitte, von jeder Mahlzeit für die Lares eine Abgabe im Herdfeuer zu verbrennen: Serv. Aen. I 730). Den Göttern des Herdes (und Hauses) sind die neu in die Hausgenossenschaft eintretenden Personen vorzustellen, wodurch sie in ihre Hut treten, so die Braut (Varro de l. l. V 61; vgl. dazu aus Deutschland Wuttke § 566. 107). Dass dieser religiöse Gebrauch auch auf Tiere übertragen wird, lässt sich nur so erklären, dass dem Tier eine Seele zugeschrieben wird, ein Vorgang, der auch sonst in der Mythologie von Bedeutung ist.

Mit der Mythologie ist dem A. eben diese Beseelung der Naturerscheinungen gemeinsam. Der [31] Abergläubische beseelt das Naturding, ebenso wie der religiös Denkende, aber er nimmt eine thatsächliche Einwirkung dieses Beseelten auf sich selbst – meist in schädlichem Sinne – an, während jener sich mit der Vorstellung des Beseelten begnügt. Einige Beispiele werden auch hier unsere Behauptung klar stellen. Plinius berichtet (n. h. II 155): terra serpentem homine percusso amplius non recipit poenasque etiam inertium nomine exigit (vgl. XXIX 74). Hier haben wir eine doppelte Beseelung, einerseits der zur Göttin erhobenen Erde, andererseits der Schlange, die zum Menschen in ein gewisses Rechtsverhältnis tritt, wie die Worte poenas–exigit beweisen. Aber von einer Einwirkung auf den Menschen oder von der Möglichkeit, dass er in thätiger Abwehr eingreife, ist keine Rede. Ganz auf gleichem Fuss stehen die Fabeleien von der Keuschheit und Frommheit der Elephanten (Plin. n. h. VIII 1–13. Aelian. n. a. passim). Schärfer prägt sich diese Vorstellung aus, wenn das rechtliche Verhältnis zwischen Mensch und Tier mehr betont wird. So helfen am Maiotissee die „Wolfsfische“ den Fischern; erhalten sie aber nicht ihren Teil vom Fang, so zerreissen sie ihnen die Netze (Plin. n. h. X 23). Wie so etwas in den Aberglauben hinüberspielen kann, zeigt Plin. n. h. XXIII 116. Diese Anschauung führt bis zu der Möglichkeit, ein Tier im regelrechten Process aburteilen zu können (vgl. Aristot. Ἀθ. πολ. 57). Und ebenso berichtet Polybios (bei Plin. n. h. VIII 47): „wenn man einen menschenfressenden Löwen kreuzigt, so lassen die anderen davon ab.“ Offenbar liegt auch hier der Gedanke zu Grunde, dass dem Tier ein Rechtssinn innewohne. Man sieht, wie diese Vorstellung in den Aberglauben übergreift, indem die – vorauszusetzende – Justificierung des Untiers schadenabwehrend wirkt, aber nur gewissermassen zur Zauberhandlung geworden ist (ähnliche Vorstellungen auch Geopon. II 18, 9; besonders XIII 5, 4–5, wozu vgl. Wuttke § 648. Verwandt auch X 83, vgl. Wuttke § 668f.).

Unsere Betrachtung hat es hier nur mit dem volksmässigen, Jedem lebendigen und zugänglichen A. zu thun, nicht mit dem kunstmässig ausgebildeten.

An erster Stelle ist hier auszusondern die mantische Disciplin, die noch mit der Religion in engstem Zusammenhang steht. Sicher nicht hieher gehörig ist zunächst alles, was der enthusiastischen Mantik angehört, ebenso die Haruspicin. Während gegen diese beiden sich der eigentliche A. scharf abhebt, ist es schwieriger zu scheiden bei der Auguraldisciplin und der sonstigen Vorzeichenkunde. Denn hier tritt wieder der Vorgang der Beseelung auf. Bestimmt gehört natürlich die ausgebildete, kunstmässige Übung nicht in den Rahmen unserer Untersuchung, wohl aber die Anfangsgründe, aus denen sie hervorwuchs. Nur ein mangelhaftes Kriterium ist die Unbestimmtheit der Ausdeutung (– das bedeutet etwas, sagt das Volk –). Denn dann wäre z. B. das Niesen auszuschliessen, ebenso wie der „Angang“ u. s. w., Erscheinungen, die wir entschieden für uns in Anspruch nehmen dürfen. Hier muss die Entscheidung von Fall zu Fall getroffen werden.

[32] Weiter haben wir nichts mit der Astrologie zu thun. Wohl schreiben beide, A. und Astrologie, den Gestirnen Einfluss auf den Menschen zu, dennoch aber lässt sich hier der Ausschluss um so leichter rechtfertigen, als jene ein durchaus fremdes Gewächs ist. Der Unterschied zeigt sich klar z. B. an folgendem. Plinius (n. h. II 28) berichtet als Volksglauben: jeder Mensch hat seinen Stern, der Reiche einen helleren, der Arme einen dunkleren: der geht mit seinem Menschen auf und wenn eine Sternschnuppe fällt, so bedeutet das den Tod eines Menschen (vgl. Wuttke § 264). Hier sind also Mensch und Stern durch ein geheimes Band aneinander gefesselt. Die Astrologie dagegen sieht in den Sternen göttliche Wesen, die das Geschick der Menschen nach bestimmten Gesetzen lenken, auf einander bezogen wohl stärker und schwächer, aber dem Menschen gegenüber ewig, unwandelbar, unerbittlich.

Vom A. ist ferner auch die Magie zu trennen, trotz ihrer anscheinend so nahen Verwandtschaft. Denn zunächst entstammt sie der Fremde, dem Orient, wie ihr Name zeigt und wie sich dessen die Alten selbst stets bewusst geblieben sind (vgl. auch das freilich oft übertreibende Buch von Soldan-Heppe Geschichte der Hexenprocesse, Stuttgart 1880). Sodann gehört sie entschieden zu den kunstmässig ausgebildeten, lehrbaren Disciplinen, da sie Geheimwissenschaft ist und sich selbst eine eigene Litteratur geschaffen hat. Endlich ist auch die sie beherrschende Anschauung von der des A. verschieden. Magie ist gewissermassen missbrauchter A. Zwar nehmen beide den Einfluss übersinnlicher Mächte auf den Menschen an; aber der A. will durchweg diesen Einfluss abwehren, sich gegen ihn schützen, während die Magie dieselben Mächte sich unbedingt unterwerfen will. Der Magier strebt nach Vergottung seines Ichs, der Abergläubische bleibt sich seiner Untertänigkeit unter das Übersinnliche stets bewusst. Freilich können die Grenzen nicht scharf gezogen werden. Denn gewiss hat die Magie viel Volkstümliches und Altes in sich aufgenommen, wie denn unter dem Vielen, was Plinius den magi zuschreibt, eine Menge gutem, echtem Volksaberglauben unbedenklich zugeteilt werden darf. Die Magie kann uns also als secundäre Quelle unserer Erkenntnis dienen. Immerhin darf man einige Kriterien aufstellen. Echter Aberglaube hat es, seines hohen Alters wegen, nur mit den einfachsten Culturverhältnissen zu thun. Daher knüpft er vornehmlich an die Landwirtschaft und an die ältesten Gewerbe an. Weiter werden wir A., der sich an exotische Tiere und Pflanzen oder gar an Fabeltiere anknüpft, durchweg der Magie zuschreiben dürfen, womit natürlich seinem Alter nicht präjudiciert werden soll, da er sehr wohl in seiner barbarischen Heimat uralt sein kann. Endlich ist nach dem oben Gesagten die gesamte Theurgie der Magie zuzuweisen.

Es bleibt noch übrig, zwischen A. und falschem Glauben zu scheiden. Aus ungenügender und irriger Naturbeobachtung zieht der Mensch falsche Schlüsse und kommt zu falschen Anschauungen, die der moderne Gebrauch eben gerne auch A. nennt. Aber mit demselben Recht könnte man [33] so die falsche Meinung eines Gelehrten bezeichnen. Erst wo die Beziehung auf den Menschen hinzutritt, fängt der A. an. So z. B. glaubten die Alten, dass die Bienen aus dem Aas eines Rindes entständen (Aelian n. a. II 57 m. d. Anm. von Jacobs). Das beruht auf einer missverstandenen Naturerscheinung. Zum A. wird es erst, als man folgerte, einen Bienenschwarm künstlich erzeugen zu können, indem man eine tote Biene in ein Rinderaas lege (Plin. n. h. XI 70). Das findet sich dann zu einem zauberhaften Opfer weiter ausgesponnen bei Vergilius (Georg. IV 295) und Ovidius (Fast I 363–380). Ähnlich verhält es sich mit dem Glauben, dass aus dem Rückenmark einer Leiche eine Schlange entstehe (Origenes contra Celsum IV 57 p. 548 DE), was bei Aelian (n. a. I 51, vgl. Jacobs) moralisierend auf böse Menschen beschränkt wird. Unter diesen Gesichtspunkt fällt nun vor allem die Medicin der Alten. Zahllose, nach unserer Erkenntnis durchaus unwirksame Mittel beruhen auf solchen irrigen Vorstellungen auf Grund ungenügender Beobachtung. Wo hingegen wirklicher A. in der Medicin auftritt, kleidet er sich in die bekannten Formen der Besprechungen, Amulette und sympathetischen Heilungen.

Ehe wir nun die wichtigsten Arten des A. tun vorführen, noch wenige Worte über sein Verhältnis zum Zauber. Im Worte schon liegt, dass der A. etwas ruhendes, mediales ist, eine Gesinnung, keine Thätigkeit. Aber wie die Religion sich nicht begnügen kann, an Götter zu glauben, sondern sich praktisch in ihren Cultus umsetzt, so wird der A. im Zauber, der gewissermassen seine Kultübung bildet, praktisch. Durch ihn macht sich der Abergläubische die ihn bedrohenden und bestimmenden Mächte geneigt oder ruft die schützenden herbei, den Einfluss jener zu brechen. Wir haben hier also ein fortwährendes Umschlagen der Ruhe in die Thätigkeit. Selbst die anscheinend damit ausgeschlossene Bosheitszauberei gehört hieher, da sie mißbrauchter A. ist, eine Art „einheimischer Magie“. Hinzuweisen ist hier noch auf eine bemerkenswerte, übrigens schon öfters (vgl. Dieterich Abraxas 157, 2) hervorgehobene Thatsache, den engen Zusammenhang, in dem meistens der Zauber mit chthonischen Riten steht, ein neuer Beweis dafür, welch übermächtigen Einfluss in ältester Zeit die Empfindung von der Macht der Toten in der Religion geübt hat.

Wenn wir jetzt die wichtigsten Arten des A. besprechen, so handelt es sich hier zunächst nicht um eine Aufzählung abergläubischer Gebräuche, sondern wir betrachten vorerst gewisse Vorstellungen, die einer grossen Anzahl dieser Bräuche gemeinsam sind, von ihnen also als Vorbedingungen vorausgesetzt werden, ohne welche die beabsichtigte zauberhafte Wirkung nicht eintreten kann, die also gewissermassen eine Regel geben, nach welcher der A. die Einzeldinge zu Trägern dieser Wirkung macht. Eine vollkommene Schematisierung wird dabei nicht beabsichtigt, vielmehr greifen wir nur weniges besonders auffällige heraus.

a) Die Anschauung vom Binden, Bannen und Verbannen, d. h. von der Möglichkeit durch eine Zauberhandlung ein Wesen [34] an einen bestimmten Ort zu fesseln, oder umgekehrt, davon abzuhalten, auszuschliessen. Diese Bindung ist ursprünglich eine durchaus thatsächliche gewesen und findet sich angewandt auch in der staatlich recipierten Religion, wenn die Statue eines verehrten Gottes oder Heros in Fesseln gelegt wird (vgl. Rohde Psyche 178, 2), Ebenso sucht der Aberglaube die übersinnliche Macht, den Daimon, durch Binden in seiner Thätigkeit zu hindern, beziehungsweise an sich zu fesseln. Auch hier wird das ursprüngliche die wirkliche Fesselung sein. So bei Plin. n. h. XXVIII 42, bei einer Krankheit ein symbolisches Binden mit Leinen; auch bei Ovid. fast. I 569ff. bindet die „weise Frau“ am Tag der dea Tacita hostiles linguas inimicaque ora. Besonders hübsch zeigt sich diese Vorstellung bei Plin. n. h. XXVIII 42: partus accelerat hic mas ex quo quaeque conceperit, si cinctu suo soluto feminam cinxerit, dein solverit adiecta precatione se vinxisse, eundem et soluturum. An die Stelle wirklichen Bindens kann natürlich auch die symbolische Handlung treten. Hieher gehört das Verschlingen der Finger; für Griechenland vgl. die Sage von der Entbindung der Alkmene (Welcker Kl. Schr. III 191, 12), für die Römer Plin. n. h. XXVIII 59, und ebenda 25 pollices premere, genau unserem „Däumchen halten“ entsprechend (vgl. Deneken Berl. Phil. Wochenschr. XII 405). Ebenhieher gehört Plin. n. h. XXVIII 28: das Drehen der Spindel beim Gehen, selbst ihr einfaches Tragen adversatur omnium spei, praecipue frugum, indem offenbar der festgedrehte Faden das Wachstum bindet. Weiter kann das eigentliche Binden ganz zurücktreten, ein einfaches Verschliessen genügen. So wird Geopon. V 36, 1 u. 3 die sonnenstichkranke Rebe durch Verpflöcken geheilt, im Kynosophion 43 ein Haushund durch Vergraben gewisser Dinge ans Haus gefesselt. Nach Plin. n. h. X 109 (aus Ps. Demokr. vgl. Colum. VIII 8, 7) bindet man die Tauben an den Schlag, wenn man in seine Ecken den Tinnungulusvogel vergräbt, zu dem die Tauben besondere Zuneigung empfinden. An die Stelle der Handlung kann endlich das Zauberwort treten: so, noch durch Vergraben unterstützt, in der defixio (Plin. n. h. XXVIII 19); die Vestalinnen bannen durch Gebet die fugitivi innerhalb des Stadtbanns (ebenda 13), und im letzten Grunde gehört hierher auch die Geschichte von Olenus Calenus (ebenda 15). Nur scheinbar etwas anderes ist die Verbannung, wobei der Ausschluss des bösen Daimons erstrebt wird, da in Wahrheit auch hier ein Fesseln an einen bestimmten Ort beabsichtigt wird, wie das besonders gut ersichtlich ist aus Geopon. XIII 5, 4–5, wo die Feldmäuse aus dem Acker verbannt werden, indem man ihnen ein ausdrücklich bezeichnetes Land als Eigen anweist, das sie nicht verlassen dürfen.

b) Unterlassen, d. h. die Voraussetzung, dass gewisse Dinge sich an dem Träger der zauberhaften Wirkung nicht ereignet haben oder dass er gewisse Dinge nicht thun darf. Hieher gehören die Vorschriften, dass der Betreffende keusch oder doch wenigstens zeitweilig enthaltsam sein müsse, ferner die über Nüchternheit, über das Unterlassen der Namensnennung und so weiter. [35] Hieher wird man auch rechnen, wenn im Gegensatz zum Binden eine Befreiung von jedem Knoten befohlen wird, was sich bis zur Vorschrift völliger Nacktheit steigern kann. Der Grund dieser Vorstellungen ist leicht einzusehen. Es ist der Ausschluss störender Wirkungen, die den Zauber brechen könnten, wie diese Anschauung in der Magie besonders deutlich hervortritt, indem dort ausdrücklich die Möglichkeit zugegeben wird, dass ein anderer Magus einen stärkeren Daimon störend in die theurgische Handlung könne eingreifen lassen (vgl Lobeck Aglaophamus 104ff.). Gerade hier ist der religiöse Grund sehr leicht zu erkennen, wie er beispielsweise für die Keuschheit sich schon klar in dem Griechischen ἅγνευσις ausspricht. In recht alte religiöse Vorstellungen lässt uns die Vorschrift blicken, dass den Bienen sich nur nahen dürfe, wer purus a venereis rebus sei (Plin. n. h. XI 44. Varro de r. r. III 16, 6 u. a.); denn aus Plin. XI 30f. geht hervor, dass man den Honig als Himmelstau ansah; demzufolge hatten natürlich auch die Bienen, die Sammlerinnen dieses Taues, etwas göttliches an sich, man musste ihnen also wie Göttern rein und keusch entgegentreten. Das Alter dieser Vorstellung wird klar aus Kuhns „Herabkunft des Feuers und des Göttertrankes“ (1859 = Mytholog. Studien I Gütersloh 1886). Und hier, nicht aber in einer sentimentalischen Betrachtung der Tierwelt, hat jene Ethisierung der Bienen ihren Ursprung, die in vielen Nachrichten des Altertums uns entgegentritt (gegen Marx Märchen von dankbaren Tieren 137).

c) Übertragung und Vertretung, ein besonders in der abergläubischen Medicin begegnender Vorgang: z. B. wenn bei Varro de r. r. I 2, 27 der Podagrakranke die Erde treten muss, so beweist der dabei gesagte Spruch terra pestem teneto, dass die Krankheit auf die Erde übergetragen werden soll. Hier wirkt nun freilich noch der Gedanke des Bindens mit, der Daimon der Krankheit wird in die Erde getreten, wie im deutschen Aberglauben die Krankheit auf Bäume übertragen werden kann, indem man sie darein bannt (vgl. Mannhardt Baumcultus 12ff., bes. 21ff.). Zweifellos ist die Übertragung bei Plin. n. h. XVIII 161: rubigo . . . lauri ramis in arvo defixis transit in ea folia ex arvis; ferner XXVIII 86 (wieder mit Bindung); ebenda 155 auf einen Esel, 193 auf ein Pferd; zahlreiche Beispiele in Buch XXX: 31. 42. 61. 64. 94. 108. 135. 144. Nur unwesentlich davon verschieden ist die Vertretung, indem z. B. die Krankheit vom ganzen Körper auf einen Teil abgeleitet wird, z. B. Colum. VI 5, 3, wo die Rinderpest vermittelst der consiligo-Pflanze auf das Ohr des Rindes beschränkt wird. Ursprünglich scheint hier geradezu ein Vertretungsopfer gewesen zu sein, worauf Colum. VII 5, 17 (aus den χειρόκμητα des Bolos Mendesios = Ps.-Demokritos) hinweist: gegen pusula der Schafe vergrabe man ein krankes Tier lebendig an der Schwelle des Stalles und lasse die anderen darüber gehen. Auch hier tritt neben der Übertragung-Vertretung das Binden als Vergraben auf. Besonders frappant scheint mir die Nachricht des Plinius n. h. X 66: die erste Wachtel, die ans Land kommt, fresse der Habicht. Denn wir erinnern uns hier [36] sofort der Protesilaossage, der offenbar die gleiche Anschauung zu Grunde liegt, wie das schliesslich ja auch bei der feierlichen römischen devotio der Fall ist.

d) Sympathie und Antipathie, d. h. der Glaube an einen natürlichen, inneren Zusammenhang zwischen den Dingen, seien sie belebt oder unbelebt, so dass sie gegeneinander Zuneigung oder Abneigung empfinden. Dies ist eine im Altertum überaus weitverbreitete Anschauung, die sich sogar in den späteren Schwindelbüchern eines Ps.-Demokritos und „Nepualios“ eine eigene Litteratur geschaffen hat, die freilich in ihren Ursprüngen weit älter ist, als die genannten Werke. Es ist nicht leicht, das Entstehen dieses Glaubens zu erklären. Zum Teil wird eine phantastisch erweiterte, aber im Grunde richtige Beobachtung zu Grunde liegen, besonders bei vielen hieherein gezogenen Pflanzen. Anderes scheint aus der gelehrten Litteratur der Paradoxographen zu stammen (vgl. dazu Susemihl Litteraturgeschichte der Alexandrinerzeit Kap. 17), wobei dann freilich die Frage offen bleibt, wieviel diese dem Volksglauben entlehnt haben. So würde denn nach den oben (S. 33) entwickelten Grundsätzen dieses Gebiet aus unserem Gesichtskreis entfallen, liessen sich nicht gerade auch hier zum Teil sehr alte religiöse Anschauungen erkennen, vor allem die „Beseelung“. Mir scheinen z. B. nur so die Erzählungen sich erklären zu lassen, die das Schicksal eines Baumes mit dem eines einzelnen Menschen, einer Familie, eines Volkes verbinden (vgl. darüber Mannhardt Antike Wald- und Feldculte 23ff.). Die grösste Bedeutung für uns aber gewinnt diese Anschauung in den sympathetischen Zauberhandlungen (vgl. hiezu die schönen Ausführungen Wuttkes a. a. O. s. v. Sympathie); in ihr fliessen schliesslich alle symbolischen Verrichtungen des Zaubers ineinander.

Eng an die Vorstellung der Sympathie schliesst sich gleich e) die fünfte Art, die ich mit dem Spruch: ὁ τρώσας καὶ ἰάσεται bezeichnen will. Denn der A. verbindet hier das Schadende mit dem Geschädigten durch einen innern, in Wahrheit ja gar nicht bestehenden Zusammenhang. Die Beispiele dafür sind zahlreich. So berichten Colum. VI 17, 5 und Vegetius IV 21, 5, dass die Spitzmaus gleichzeitig auch ein Heilmittel für ihren Biss sei, was dann weiter ausgedehnt dazu führte, dem Vieh von vornherein eine tote Spitzmaus umzuhängen, die dann eine amulettartig abwehrende Wirkung haben sollte. Ebenhieher gehört auch der oben (S. 34) angeführte Entbindungszauber des Plinius, indem nur derjenige, der die Frau geschwängert hat, ihn ausüben kann. Wie weit diese Anschauung ausgesponnen worden ist, zeigt die Notiz des Plinius n. h. XXVIII 36: hat jemand Reue über die einem andern beigebrachte Wunde, so spucke er in die Hand, mit welcher er es gethan: levatur ilico in percusso culpa, wobei dann freilich die Zauberkraft des ἀποπτύειν mitwirkend eintritt. In wie hohes Alter wir aber hier geführt werden, zeigt zur Genüge die Telephossage. Zweifellos liegt auch hier im letzten Grund eine religiöse Anschauung vor, wenn ich sie auch bisher noch nicht nachweisen kann.

[37] Ferner kann f) zur Bedingung der Zauberkraft das Widernatürliche werden. Zunächst indem es, eben weil es gegen die Natur ist, Unheil bedeutet. So berichtet Plinius n. h. VII 45, dass sogenannte „Fussgeburten“ unglücklich oder doch wenigstens fussleidend würden (diese letzte Nachricht weist wieder auf „Sympathie“ hin). In der That war die Seltenheit dieser Geburten schon dem Aristoteles aufgefallen (περὶ γενέσεως IV 121). Ebenso galt unzeitiger Hahnenkraht als unheilvoll (Plin. n. h. X 49); nicht minder, wenn ein Baum in deterius entartete (Plin. XVII 242) oder wenn auf einer Statue eine Pflanze wuchs (Plin. ebenda 244). Von Kindern, die aussergewöhnlich früh sprachen, glaubte man, sie lernten spät gehen (Plin. X 270). Dieser Glaube wurde nun auch im Zauber wirksam. Eben jenes „Statuenkraut“ heute das Kopfweh (wohl gleichzeitig sympathetisch): Plin. XXIV 170. Besonders in der Landwirtschaft macht sich das geltend, wenn oft vorgeschrieben wird, eine Pflanze umgekehrt, d. h. mit dem Wipfelende nach unten, in den Boden zu senken (Colum. V 10, 9, vgl. de arb. 20, 3. Palladius IV 10, 29. Plin. XVI 210). Dieselbe Anschauung endlich scheint es vorauszusetzen, wenn wir hören, dass zusammengewachsene Augenbrauen bösen Blick geben (vgl. Rose Aristot. pseudep. 539, 2) oder wenn für das gleiche die doppelte Pupille nötig ist (vgl. O. Jahn Ber. d. sächs. Gesellsch. d. Wiss. 1855, 35).

g) Hinderungsaberglaube. Unter diesem Namen fasse ich eine Reihe von Erscheinungen zusammen, denen allen gemeinsam ist, dass sie ein Object, das sich dem Willen des Menschen hindernd in den Weg stellt, durch Beseelung zu einem bewusst handelnden Wesen machen, ein Vorgang, über dessen psychologische Erklärung die vorzügliche Darstellung F. Vischers im „Auch einer“ (I 18ff. 32ff.) zu vergleichen ist. Was dort als übertriebene Schrulle auftritt, musste sich dem naiv empfindenden Menschen in ein religiöses Gewand kleiden, um so mehr, als sich gerade die häufigste Erscheinung, die offensio pedis, vorzugsweise an Stätten knüpft, die schon aus sonstigen Gründen heilig sind, wie die Schwelle. Im Anstossen an ihr sah der Mensch eine Warnung des sie bewohnenden Daimons. Sehr hübsch zeigt sich der Vorgang, wenn ein Stein, der zwischen zwei auf der Strasse gehenden Freunden hindurchgeworfen wird, als übles Omen gilt, dieses aber abgewehrt wird, indem man auf den Stein tritt, also dem als Person empfundenen eine persönliche Schmach zufügt, ganz wie die verächtliche Geberde den βάσκανος bannt (Augustin. de doctr. christ. II 20, 31). Aber auch da, wo das hindernde Object ein Lebewesen ist, tritt derselbe Gedanke, etwas anders gewendet, auf. Was unabsichtlich geschieht, wird zur absichtlichen That gestempelt (vgl. Vischer a. O. II 92f.), d. h. vom naiven Menschen als göttlich gewollt angesehen. So, wenn ein Kind oder ein Knabe zwischen den beiden Freunden durchläuft (Augustin. a. a. O.; auch hier wieder Abwendung durch eine beleidigende That).

An die Besprechung der Arten des A. schliesse ich eine Aufzählung seiner einzelnen Formen, [38] nach „Trägern der magischen Wirkung“ d. h. nach den Dingen, denen der Abergläubische zauberhafte Wirkung zuschreibt. Dabei sind Wiederholungen unvermeidlich wegen des Ineinandergreifens verschiedener Vorstellungen. Vollständigkeit des Sammelns ist natürlich unmöglich gewesen.

Träger magischer Wirkung.

A) Naturdinge.

I. Himmelserscheinungen (μετέωρα) im weitesten Sinn.

Die Sonne hat (vgl. oben S. 29) nur geringe Bedeutung im A., fast nur im negativen Sinn. Die gegen Rinderpest gebrauchte Pflanze consiligo musste vor Sonnenaufgang gegraben werden (Colum. VI 5, 3. Veget. mulom. IV 3, 12). Hustenkranke Pferde erhalten eine Arzenei vor Sonnenaufgang (Veget. VI 9, 4). Vom Rost befallenes Getreide besprengte man vor Sonnenaufgang mit dem Saft wilder Gurken oder Koloquinthen (Geop. V 33, 3). Der von der Sommerhitze erkrankte Kirschbaum wurde mit Wasser begossen, das nach Sonnenuntergang aus drei Quellen geschöpft war, und auf das auch der Mond nicht geschienen hatte (Pallad. XI 12, 8). Die Kräutersammler hiessen das κλύμενον vor Sonnenaufgang pflücken (Theophr. h. pl. IX 9, 5), ebenso die γλυκυσίδη (ibid. 6). Dreitägiges Fieber (tertiana) heilte eine am Wasser wachsende Pflanze, die, unbeschrieen vor Sonnenaufgang gepflückt, dem Kranken ohne sein Wissen umgebunden wurde (Plin. n. h. XXIV 170). Vor Sonnenaufgang musste die anagallis gegraben werden (Plin. XXV 145). Den Skorpionenstich heilte ein Stein oder eine Scherbe, unbeschrieen so aufgehoben, dass die Sonne nicht darauf schien (Plin. XXIX 91). Gegen die tertiana half (nach den magi, doch wohl aus der Volksmedicin), die Augen eines lebendig wieder entlassenen Flusskrebses vor Sonnenaufgang anzubinden (Plin. XXXII 115). Der Grund bei diesen Vorschriften ist offenbar die zauberstörende Kraft des hellen Tages. Denn mit Sonnenuntergang (beim Kerzenanzünden) beginnen die Daimonen umzugehen (Sittl Gebärden 128, 1 aus Joh. Chrysost. hom. 10, 5 in acta ap.). Aus demselben Grund erzählte man böse Träume der Sonne und nannte das ἀποτροπιάζεσθαι τῷ ἡλίῳ (Potter Griech. Archäol. übersetzt v. Rambach I 688), vgl. Soph. El. 424f. Und diesen Grund wird es denn auch haben, wenn umgekehrt wie oben das Kentaurion, die „Allheilpflanze“, bei Sonnenaufgang gegraben werden muss (Dioskorides mat. med. III 6), wenn man das helleborum album nicht nubilo die holen darf (Plin. XXV 59), wenn die Wurzel des pyrethrum (Bertramswurz) in sole diu commanducata den Schnupfen vertreibt (Marc. Emp. I 105) und wenn ein Mittel gegen Maultierkrankheit caelo sereno eingegeben werden soll (Veget. I 12, 1, allerdings nach „indischer Sitte“), ebenso wie eins gegen Rinderpest (Garg. Mart. 1). Weniger zum Aberglauben, als zur religiösen Verehrung der Sonne gehört wohl die uralte Vorschrift, sein Wasser nicht gegen die Sonne abzuschlagen (Hes. op. 727, von den Pythagoreern aus dem Volksglauben übernommen: Aristot. περὶ τῶν Πυθαγορείων bei Rose Ar. pseudep. 202, als Vorschrift der magi [39] Plin. XXVIII 69). Zu diesem Glauben, dass die Sonne nichts Unreines sehen dürfe, gehört wohl auch, dass der zauberkräftige Feldumgang einer Frau in menstruis nicht bei Sonnenaufgang geschehen durfte (Plin. XXVIII 78).

Der Mond ist um so wichtiger. Mit fast allen Vorgängen irdischen Lebens wird er in Verbindung gebracht. Sein Wachstum steht mit dem der irdischen Dinge in engem Zusammenhang (epist. Hippocr. ad Maec. § 11 vor Marc. Emp. ed. Helmreich). Die Körper der Schaltiere wachsen und nehmen ab wie er (Aelian. n. a. IX. 6 m. d. Anm. von Jacobs. Plin. II 109); bei Vollmond haben die Seeigel Eier (Aristot. h. a. V 41. Plin. IX 164); die Schlangen haben soviel Rippen, wie der Monat Tage, nämlich 30 (Aristot. h. a. II 83); die Eingeweidefasern der Spitzmäuse entsprechen den Mondtagen (Plin. II 109), ebenso die der Mausleber (Ael. n. a. II 56. Plin. XI 196); das Blut des Menschen nimmt mit ihm zu und ab (Plin. II 221); die wurmzerfressene Bohne füllt sich wieder bei wachsendem Mond (Plin. XVIII 119); bei Vollmond wachsen die Wespen (Plin. XI 71); man erntet bei ihm reichlicher Honig, als sonst (Plin. XI 38); das Salz in den africanischen Wüsten wächst unter seinem Einfluss (Plin. XXXI 78); der „Eselfisch“ hat bei Vollmond einen Stein im Kopf (Plin. XXXII 113); die Leber des Physafisches hängt mit dem Mond zusammen (Ael. n. a. XII 13); der Selenefisch, bei zunehmendem Mond gefangen, ist selbst voll und erfüllt auch die Bäume (mit Mark?), wenn man ihn daran bindet; umgekehrt bei abnehmendem Mond (Ael. n. h. XV 4, aus Demostratos); derselbe, bei wachsendem Mond in einen neugegrabenen Brunnen geworfen, machte ihn zu einer beständigen Quelle, bei abnehmendem liess er ihn versiegen (ebenda). Mehr zu der göttlichen Verehrung des Gestirns gehört die Nachricht, dass die Ameisen bei Neumond nicht arbeiteten, wohl aber bei Vollmond (Plin. II 109. XI 109. XVIII 292 Beseelung), sowie, dass bei Neumond die Tiere ihre Stimme hören lassen (Ael. n. a. IX 6), und der Glaube, das Meer reinige sich bei Vollmond (Plin. II 220). Der Mond schadet aber auch: Schwangern und Kindern ist der Vollmond gefährlich (Plin. VII 42); bei Neumond bekommen die Tiere auch Krämpfe (Ael. n. a. IX 6); das Lastvieh wird gern bei wachsendem Mond augenkrank (Plin. II 110. XI 149). Natürlich wird der Glaube an den Einfluss des Mondes in einer Unzahl von Vorschriften praktisch. Schon bei Hesiodos (op. 764–824) werden die Mondtage einzeln nach ihren „Functionen“ aufgezählt, wie denn vor allem die Bauern auf ihn achteten. Übereinstimmend schreiben die landwirtschaftlichen Schriftsteller vor, zu säen und pflanzen bei wachsendem Mond, zu ernten und fällen bei schwindendem (Varro r. r. I 37, 1. Pallad. I 6, 12. 34, 8. Geopon. I 6, 1; doch ebenda 4: ἡ ἀκριβὴς διδασκαλία . . φυτεύειν ὑπὸ γῆν οὔσης τῆς σελήνης, τέμνειν ὑπὲρ γῆν οὔσης αὐτῆς). Also im allgemeinen gilt das Gesetz: was wachsen und gedeihen soll, gehört dem zunehmenden Mond, was abnehmen und ersterben soll, dem abnehmenden, daher z. B. das Bebrüten der Eier bei zunehmendem Mond geschehen [40] soll (Varro r. r. III 9, 16. Col. VIII 5, 9f. 11, 11. Plin. X 152. XVIII 322. Geopon. XIV 7, 13), das Verschneiden des Viehs aber bei abnehmendem (Col. VI 26, 2 aus Mago. Plin. XVIII 322). Aber die einzelnen Vorschriften weichen oft von dieser Regel ab, ohne dass man jedesmal den Grund sieht. Während des Neumonds zu säen, schützt das Getreide vor Insecten (Plin. XVIII 158. Geopon. II 18, 13), dann muss auch an feuchten Orten die Saat stattfinden (Plin. XVIII 322). Bohnen soll man bei Vollmond säen (Col. XI 2, 85. Plin. XVIII 228), Wicken vom 25ten bis 30ten Tag (Col. II 10, 30. Plin. XVIII 228), ebenso die Linsen (Plin. ebenda): dann bleiben sie von Schnecken frei; aber nach Col. II 10, 15 sind Linsen zu säen a dimidiata luna in XIIam. Zwiebel und Lauch säet man, wenn luna sub terra ist, erntet sie bei Neumond (Col. XI 3, 22. Plin. XIX 113), dann riechen sie nicht. Am Neumond geerntetes Korn bleibt von Krankheit frei, erntet man es bei zunehmendem Mond, so wird es mehr wiegen; daher soll man einen Unterschied machen zwischen Getreide für den Speicher und für den Verkauf (Plin. XVIII 308). Überhaupt, was man bewahren will, soll man bei abnehmendem Mond einspeichern: deshalb dann die Trauben zum Einmachen pflücken (Col. XII 16, 1. 44, 2), auch die zur Mostbereitung (Col. XII 19, 3) und zur selben Zeit Mostsyrup einkochen (Plin. XIV 186), wobei aber auch unterschieden wird zwischen Einkochen bei Nacht und bei Tage; dies soll luna plena geschehen (Plin. XVIII 318). Ebenso soll man Fleisch bei abnehmendem Mond einpökeln (Col. XII 55, 3), Seeigel aber bei zunehmendem (Pallad. XIII 6), weil sie dann grösser sind. Auch Wein soll man bei wachsendem Mond lesen (Plin. XVIII 316), gewiss, weil es dann mehr giebt. Im allgemeinen soll man nur bei abnehmendem Mond Dung ausfahren und streuen (Cato de agr. 29. Col. II 5, 1. Plin. XVII 57. Geop. II 21, 12); aber Wiesen muss man nach Col. (II 14, 9. 17, 2) luna crescente düngen, was sich freilich nach Palladius (X 10, 2) auf Brache bezieht, die in Wiese verwandelt werden soll. Maultieren soll man bei abnehmendem Mond zur Ader lassen (Veget. II 28, 31); ein Mittel gegen geschwollene Drüsen beim Vieh wurde luna XIVa eingegeben. Die Schafe schor man bei abnehmendem Mond (Varro r. r. I 37, 2). Dass die Volksmedicin auf den Mond achtete, ist selbstverständlich. Das meiste hieher gehörige wird unten bei den einzelnen Mitteln erwähnt werden. Der dracunculus z. B. wurde bei zunehmendem Mond gegraben (Plin. XXIV 149). Natürlich war es bei allen Handlungen im Leben wichtig, den Mond zu beachten, wie jene oben erwähnten Hesiodverse schon bis ins einzelne ausgeführt zeigen (vgl. zu ihnen auch Lobeck Aglaoph. 418ff.). Hervorheben will ich den römischen Aberglauben, dass man nur bei abnehmendem (? die Stelle ist verderbt) Mond sich die Haare schneiden lassen dürfe (Varro I 37, 2; beachte den Ausdruck a patre acceptum). Kaiser Tiberius nahm diese Procedur nur am Neumond vor (Plin. XVI 194). Die unheilvolle Wirkung der Menstruation wurde verschärft, wenn sie bei abnehmendem [41] Mond stattfand (Plin. XXVIII 79); doch trat sie nach [Aristot.] h. a. VII 12 – der hier anscheinend die Ansicht des Volkes wiedergiebt – stets zu dieser Zeit ein.

Dass den Verfinsterungen der beiden grossen Gestirne bedeutender Einfluss beigemessen wurde, ist bekannt. Das Volk schrieb sie bösen Zauberern zu (Plin. II 54. XXV 10; vgl. Aganike; das Herabziehen des Mondes gehört zum offiziellen Zauberapparat: siehe das Vasenbild Élite 1 céramogr. II 118 und viele Dichterstellen z. B. Tibull. I 2, 43. Prop. I 1, 19. II 28b, 37 u. a. m.) und suchte den bedrohten Gestirnen durch Lärm zu helfen (Plin. ibid.). Auch das Zusammentreffen von Mondfinsternis und Menstruation galt für besonders unglücklich (Plin. XXVIII 77).

Die Sterne galten vielleicht im Volksglauben für göttliche Wesen oder doch für deren Sitz: Photios (bibl. cod. 190 p. 149 a 1 Bekk.) erzählt – allerdings aus Ptolemaios Chennos –, Philippos, der König Makedoniens, habe als Kind auf Sternschnuppen (τοὺς ἀφαλλομένους τῆς κινήσεως ἀστέρας) geschossen und nachher sein Auge durch einen Mann Namens Aster verloren (vgl. den deutschen A.: wenn man mit Fingern gegen die Sterne zeigt, verletzt man den Engeln die Augen. J. Grimm D. M.¹ LXXX 334. CVII 937). Jeder Mensch hat seinen Stern, ut existimat volgus (Plin. II 28), dessen Helligkeit sein Glück bedingt; er geht mit dem Menschen auf (Plin. ebenda). Aber als Cäsar gestorben war, erschien ein Komet (Statuen und Münzen zeigen dafür einen gewöhnlichen Stern; vgl O. Richter Arch. Jahrb. IV 149) am Himmel: da glaubte das Volk, er sei zum Gotte geworden (Plin. II 94). Sternschnuppen bedeuten den Tod eines Menschen (Plin. II 28; vgl. E. H. Meyer Germ. Myth. 63). Deshalb wohl soll man Warzen oder Hühneraugen während ihres Falls mit einem Fell bestreichen (Plin. XXVIII 49), wie im deutschen A. der Tote solche Auswüchse mitnimmt (Wuttke¹ 153 u. ö.). Die Sternschnuppe war aber auch ein Zeichen guten Fahrwinds (Theokrit. XIII 50). Von einzelnen Sternen tritt zunächst die Milchstrasse hervor. Sie galt den Pythagoreern als Sitz der ungeborenen Kinder (Porphyrios antr. nymph. 28). Dann der Hundsstern: wenn er scheint, fällt ganz besonders der Himmelstau, aus dem der Honig wird (Plin. XI 30f.; astrologisch beeinflusst ebenda 37). Da er die grösste Hitze brachte, galt er als schädliches Wesen: die Keer erwarteten seinen Aufgang bewaffnet (Cic. de divin. I 57).

Himmelsgegenden (über ihre Bedeutung in der Religion vgl. im allg. Lobeck Aglaoph. 915h)- Das gemähte Getreide muss mit der Schnittfläche nach Süden liegen, so werden die Körner dick (Theokrit. X 46f. Geopon. II 26, 6). Beim Graben des Helleborum muss man nach Osten sehen (Theophrast. h. pl. IX 9, 8. Plin. XXV 50), dagegen nach Westen beim Graben des Mandragoras (Theophrast. ebenda. Plin. XXV 148).

Winde. Sie hatten befruchtende Kraft. Dieser Glaube ist vor allem ausgeprägt in der Fabel von den lusitanischen Windstuten, die am Okeanosufer vom Westwind befruchtet Fohlen [42] gebären, was von Milchhoefer Anfänge der Kunst 64, 3 in den richtigen mythologischen Zusammenhang gestellt worden ist (Varro r. r. II 1, 19. Colum. VI 27, 4. Plin. VIII 166). Aber die so gezeugten Fohlen werden nur drei Jahre alt (ebenda; sie sterben, d. h. sie gehen zu ihren Vätern zurück, wie so oft die Nixenkinder? Grimm D. M.¹ 280. Mannhardt Feldk. I passim. Nixenkinder werden nicht über 20 oder 7 Jahre alt. Wuttke¹ 344). Dieser Glaube war auch italischer Bauernglaube, denn Varro fügt ausdrücklich hinzu: „wie hier die Hennen, deren Eier man hypenemia nennt“ (geht der deutsche Ausdruck „Windei“ auf die gleiche Vorstellung zurück oder ist er übernommen?). Dass solche unbefruchteten Eier für windgezeugt galten, zeigt Aristot. h. a. VI 10 (daraus Plin. X 166).

Der Nordwind fördert die Zeugung männlicher Tiere, der Südwind die weiblicher, worauf die Hirten beim Bespringen achten (Aristot. h. a. VI 182. Colum. VII 3, 12. Plin. XVIII 336. 330. X 180). Dreht sich das Muttertier nach dem Coitus gegen Südwest, so gebiert es ein Weibchen (Plin. XVIII 336). Die Geier begatten sich nicht, sondern werden vom Südwind befruchtet (Geopon. XIV 26 aus „Aristoteles“. Ael. h. a. II 46). Fruchtbäume und Reben muss man gegen den Nordwind pflanzen, so riecht ihre Frucht besser („Demokritos“ bei Plin. XVII 23). Nüsse pflanzt man in einem Dreieck, so dass die Spitze gegen den Westwind sieht (Colum. V 10, 13; de arb. 22, 2). Sturm entsteht beim Tode eines bedeutenden Menschen (Plut. def. orac. 18, wo es im Anschluss an die Erzählung des keltischen Aberglaubens, beim Tod eines κρείττων [wohl Waldgeist, vgl. Mannhardt Feldk. II 132 bis 134 u. ö.] erhebe sich Sturm, heisst: αἱ μεγάλαι ψυχαί ... αἱ δὲ σβέσεις αὐτῶν καὶ φθορὰς πολλάκις μὲν ὡς νυνὶ πνεύματα καὶ ζάλας τρέπουσι u. s. w., was wohl philosophisch überfärbter Volksglaube gewesen sein mag). Auch der Sturm kann durch Zauberer hervorgerufen werden (vgl. Lobeck Aglaoph. 634 s).

Gewitter, Hagel, Regen u. ä. (über die religiöse Heiligung des Gewitters, besonders bei den Römern, siehe Bulengerus de fulminibus in Graevius’ thes. ant. Rom. V 519ff.). Beim Blitz machten die Alten den ποππυσμός, was Plinius XXVIII 25 als consensus gentium bezeichnet. Sittls Erklärung (Gebärden 185) „man schmeichelt dem Blitz, indem man sein Wohlgefallen ausdrückt“, ist sicher falsch; vgl. das von Sittl selbst angezogene Schol. Aristoph. Vesp. 626: παρὰ τὰ εἰωθότα λέγεσθαι ἐπὶ τῶν ἀνθρώπων ἐπὶ τοῦ ὑπερβάλλοντος φόβου. Erwägt man ferner, dass nach den Pythagoreern das Gewitter dazu diente, die ἐν Ταρτάρῳ ὅπως φοβῶνται (Aristot. anal. post. II 11 p. 94 b 32; vgl. Lobeck Agl. 893) und die pythagoreische Vorschrift, beim Donner die Erde zu berühren (Göttling akad. Abhandl. I 305, 17; vgl. Diels sib. Bl. 69, 2), so scheint sich herauszustellen, dass die Griechen im Gewitter sich den Titanenkampf wiederholen sahen. Nun entstand nach der Ansicht des Empedokles und Anaxagoras, von denen dieser sicher sonst aus dem Volksglauben schöpft (siehe unten S. 83) der Donner ἀποσβεννυμένου τοῦ πυρὸς ἐν τοῖς νέφεσι [43] wobei es ἀνάγκη σίζειν καὶ ψοφεῖν (Aristot. anal. post. II 10 p. 94 a 4; Meteor. II 9 p. 1369 a 24). Zischen und Schnalzen aber sind im A. bedeutsam (vgl. Dieterich Abraxas 22f. und besonders den grossen Pariser Papyrus 556ff., wo beides beim Beschwören feindlicher Mächte gebraucht wird). So wird man im poppysmus wohl einen religiösen Brauch sehen dürfen des Sinnes, dass der Mensch dem Gott im Kampf hilft.

An diese Heiligkeit des Blitzes knüpft sich mancher A. Der Blitz erschlägt keinen Schläfer (Plut. qu. conv. IV 2, 4). Blitzgetötete verwesen nicht (Plut. qu. conv. IV 2, 3). Legt man einen solchen auf seine Wunde, so spricht er sofort (Plin. XXVIII 47). Blitzgetroffene Bäume salbt man mit μῦρον, so leben sie wieder auf (Geopon. X 79). Donnert es während des Brütens, so gehen die Eier zu Grunde (Aristot. h. a. VI 9; Aubert-Wimmer zu der Stelle schliessen die Möglichkeit nicht aus. Col. VIII 5, 12. Plin. X 152). Beim Donner dreht sich die Gurke um (Pallad. IV 9, 8). Donnert es an den Vulcanalien (23. August), so fallen die Feigen ab (Plin. XVII 260). Durch Donner entstehen die Trüffeln (Plin. XIX 37. Plut. qu. conv. IV 2, 1). Gewitterregen ist befruchtender als gewöhnlicher (Plut. qu. nat. 4). Gegen Zahnschmerz muss man, die Hände auf dem Rücken, ein Stück vom blitzgetroffenen Holz abbeissen und an den Zahn bringen (Plin. XXVIII 45). Das St. Elmsfeuer wurde als Epiphanie der Dioskuren gedacht (die Stellen bei Roscher Myth. Lex. I 1163): zwei Flämmchen zeigten Rettung aus dem Unwetter an, eins Verderben; dies eine hiess auch Helena (Roscher a. a. O. 1949; vielleicht mit Bezug auf ἑλεῖν ναῦν, vgl. das Wortspiel bei Aischyl. Agam. 689); nur Euripides habe sie für glückbringend erklärt (Schol. Eur. Or. 1637). Wie den Sturm, schrieb man auch plötzliches Unwetter Zauberern zu (viele Stellen bei den Augusteern; auch Cod. Theodos. IX 16, 3 vom 1. Juli 321 setzt, wie die interpretatio zeigt, diesen Glauben voraus; vgl. besonders Sen. qu. nat. IV 7). Man konnte es daher auch abwenden, wie zu Kleonai besondere χαλαζοφύλακες bei drohendem Hagel ein Opfer ansagten. Unverständlich ist mir Col. VIII 5, 12, wo die Eier vor dem Donner geschützt werden, wenn man in das Brutstroh grandinis aliquid legt.

Wer an betaute Bäume anstreift, wird an diesen Stellen aussätzig (Plut. qu. nat. 6). Der Honig gilt als Himmelstau (Plin. XI 30f.). Aus dem Tau entstehen die Kohlweisslinge (Plin. XI 112), wie andere Insecten aus dem Regen (Plin. XI 113). Diesem schrieb man besondere Wirkung zu. Aus ihm bereitete Salzlake ist besonders heilkräftig (Col. VII 4, 7f.).

Wo der Regenbogen aufzusetzen scheint, die Pflanzen werden wohlriechend (Aristot. probl. XII 3 p. 906 a 36). Setzt er aber in Aspalathossträuchern auf, so entsteht ein unbeschreiblicher Wohlgeruch (Plin. XII 110). Besonders wenn er zu sehen ist, entsteht der Honig in der Luft (Aristot. h. a. V 116). Entsteht er aber im Tau, so wird der Honig besonders heilkräftig (Plin. XI 37).

II. Elemente.

Die Luft galt wenigstens den Kauniern als [44] Sitz der Geister, daher sie mit Speeren hineinstachen, um diese zu vertreiben (Herodot I 172).

Das Wasser ist heilkräftig: et aquae medicamen habebant sagt Ovid. fast. VI 157, wo er seinen Gebrauch beim Vertreiben der striges erwähnt. Es schwemmt den bösen Zauber weg, z. B. bei der Heilung von Schlangenbissen Plin. XXVIII 32. Ähnlich in dem Zauberspruch Apul. metam. I 13: cave spongia in mari nata per flumen transeas. Deshalb darf man den Portulak nicht im Bade tragen (Plin. XX 215). Badewasser ist deshalb besonders heilkräftig: Blasenleidende urinieren hinein (Plin. XXVIII 63). Das Wasser eines Fussbades trinkt man gegen Bauchschmerz (Plin. XXX 64). Wenn eine Gräte im Hals stecken bleibt, nimmt man ein Fussbad in kaltem Wasser (Plin. XXVIII 49). Mit kaltem Wasser morgens den Mund in ungerader Zahl spülen, schützt vor Zahnweh (Plin. XXVIII 56). Gegen Schlucken und Niesen taucht man die Hände in siedendes Wasser (Plin. XXVIII 57). Man mischt aus 3 Brunnen, libiert davon in ein neues Gefäss, und trinkt den Rest gegen dreitägiges Fieber (Plin. XXVIII 46). Auch die sonnenstichkranke Kirsche heilt man mit solchem Wasser (Pallad. XI 12, 8). Besonders Meerwasser reinigt (Col. VII 4, 7f.). Badet man daher die Schafe vor der Schur darin, so erhält man längere und weichere Wolle, und sie werden das ganze Jahr nicht räudekrank (Pallad. VI 8, 1).

Die Erde hat im A. eine doppelte Kraft, eine zauberbrechende und eine bindende. Die erstere drückt sich aus in dem vielfach wiederholten Verbot, einen im Zauber gebrauchten Gegenstand die Erde berühren zu lassen (z. B. Plin. XX 29. 38 u. ö.). Die bindende Kraft ist deutlich z. B. bei dem Verfahren, mit dem Varro (de r. r. I 2, 27) das Podagra heilt, wenn der Spruch lautet: terra pestem teneto. Der Krankheitsdaimon wird von der Erde gebunden. Ähnlich aufzufassen ist es, dass ein Skorpionstich geheilt wird, wenn man einen Stein oder eine Scheibe mit der Erdseite auflegt; wer es thut, darf sich aber nicht umsehen, und die Sonne darf nicht darauf scheinen (Plin. XXIX 91). In manchen Fällen kann man zweifeln, welche Kraft anzunehmen sei, wenn z. B ein ὠκυτόκιον die Erde nicht berühren darf (Plin. XI 203). Hier werden beide Kräfte wohl als zusammenwirkend gedacht sein.

Das Feuer kommt im A. nur als Herdfeuer vor und wird dort zu besprechen sein. Hieher kann man höchstens rechnen: wird beim Mahl „Feuer“ genannt, so giesst man Wasser unter den Tisch (Plin. XXVIII 26); der durch seinen Namen gewissermassen herbeigerufene Feuerdaimon wird von dem feindlichen Element vertrieben.

III. Zeit, Ort, Zahl.

Die Nacht ist die Zeit der Gespenster, die der Morgen verscheucht (Propert. IV (V) 7, 89ff. vgl. Sittl Gebärden 128, 1). Der ominöse „Angang“ von Menschen und Tieren ist besonders des Morgens bedeutungsvoll (Bulengerus de prodig. 41 = Graevius thes. ant. Rom. V 500. Schwarz Menschen und Tiere im A. Progr. von Celle 1888, 50). Auch die Mittagsstunde [45] ist die Zeit der Gespenster; daher darf man mittags nicht schlafen, nach Pythagoras (Göttling akad. Abh. I 304, 13; vgl O. Crusius Philol. L 93ff.). Um diese Zeit ruht Pan; darum soll man dann keine Syrinx spielen (Theokrit. I 15). Den römischen Frauen galt es als religiosum die Fingernägel an den Nundinae, schweigend und vom Zeigefinger an, zu schneiden (Plin. XXVIII 28). Zur ersten Bändigung des Rindviehs sollte man einen Tag wählen, liber a religionibus et tempestatibus (Col. VI 2, 3). Besonders bedeutungsvoll sind die Wendepunkte. Nach Demokritos zeigten die 6 Tage um sie für das Halbjahr das Wetter an (Plin. XVIII 231). Vor allem aber tritt die Wintersonnenwende, die deutschen „Zwölften“, in den Vordergrund. In diese Zeit legte man die Brutzeit der halkyonischen Vögel, denen zu Gefallen dann das Meer ruht (Aristot. h. a. V 28. Ael. n. a. I 36. Theokr. VII 57. Plin. II 125. X 90 u. a. m.). Simonides hatte diese Zeit ἱερὰν ὥραν genannt (Aristot. h. a. V 28). Aber nicht nur die Elemente ruhen zu dieser Zeit, da die Götter auf Erden weilen, auch jede Menschenarbeit muss unterbleiben (Terent. Phorm. 709). Ja diese Zeit wird auf einen vollen Monat, vom Vollmond (Idus) des December bis zu dem des Januar erstreckt (Col. XI 2, 95. 98; de arb. 10, 2). In all diesen Tagen darf kein Eisen in der Feld- und Gartenarbeit gebraucht werden (Col. ibid.). Nur der Mittelpunkt dieser Zeit, der 1. Januar macht eine Ausnahme. An ihm muss man, boni ominis causa, von allem etwas thun (Col. XI 2, 98. Ovid. fast. I 165ff.). Man begrüsste sich ebendeshalb an ihm faustis verbis (Ovid. fast. I 72. 178ff. Tacitus ann. IV 79). Auch sonst zeigt sich die Heiligkeit der Zwölften. Die Mausleber (ihr Zusammenhang mit dem Mond s. oben S. 39) wächst in dieser Zeit (Plin. XI 196). Die Ferkel werden dann gleich mit Zähnen geboren (Plin. VIII 205 = Nigidii fgm. ed. Swoboda 116). Bauholz, das geschlagen wird, wenn Neumond und letzter Tag der bruma zusammenfallen, dauert ewig (Plin. XVI 191). Nach Hyginus soll man die Hefe vom Wein 7 Tage nach der bruma abnehmen, besonders wenn dies auch der 7te Mondtag ist (Plin. XVIII 232). Weniger wissen wir von der Mittsommerzeit. Zwischen ihr und dem Aufgange des Hundssternes soll man das Rind zur Erzeugung von Bienen schlachten (Col. IX 14, 6). Die 3 Tage beim Aufgang des Hundssterns (24.–26. Juni) schreibt Vegetius für eine Tierarznei vor (I 18, 18). Hieher gehört wohl auch, dass man am 1. Juni Schweinefleisch mit Bohnen und Spelt essen soll, ne laedantur viscera (Ovid. fast VI 181f.). Der Sinn wird, glaube ich, klar aus deutschem A. (vgl. Grimm D. M.¹ 168ff. Wuttke² § 25).

Bedeutsam sind auch Ende und Anfang des alten (mit dem Frühjahr beginnenden) Jahres: ein Mittel, das die Rinder gegen Krankheit schützt, wird eingegeben von den Iden des Februar 14 Tage lang, d. h. bis zum 1. März, dem alten Neujahr (Veget. IV 2, 5). Ein anderer Trank, aus Weissdorn, Meerzwiebel und Salz (alles drei Lustrationsmittel), der das Vieh ein Jahr lang schützt, wird im Frühjahr 14 Tage gegeben, vermutlich wie eben (Veget. V 74). Weissdorn [46] und Meerzwiebel raten auch die Geoponika (aus Demokritos) ἔαρος ἀρχομένου 14 Tage dem Vieh ins Trinkwasser zu legen (Geop. XVII 14, 3). Ein Zauberspruch, der die Flöhe aus dem Hause fern hält, muss vor den Iden des Mai an die Thüre geschrieben werden (Geop. XIII 15, 8). Nach einem römischen Sprichwort heiraten im Mai nur die malae (Ovid. fast. V 489. Otto Sprichwörter 1011), d. h. nicht die schlechten Dirnen ursprünglich, sondern die maleficae die Hexen; denn der Mai ist der Monat der Lemurien, an denen die Toten schweifen (Ovid. fast. V 429ff.), mit denen, wie wir sehen werden, die Hexen von den Römern in engste Verbindung gesetzt werden. Daher auch ein Mädchen, das an den Lemurien heiratet, bald stirbt (Ovid. fast. V 485f.).

Gefährlich waren auch die dies parentales des Februar; auch an ihnen schweiften die Gespenster (Ovid. fast. II 565; vgl. im allg. Steuding in Roschers Myth. Lex. II 234ff.), und alte Frauen banden an ihnen unter chthonischen Riten „die feindlichen Zungen und bösen Mäuler“ (Ovid. fast. II 581). Dass die Wölfe nur zwölf Tage im Jahr würfen, weil Leto so lange von den Hyperboreern nach Delos ging, hatte schon Aristoteles bekämpft (h. a. VI 183; vgl. Aelian. n. a. IV 4. Plin. VIII 83). Endlich der Glaube, dass es glücklich sei, am eignen Geburtstage zu sterben, ist auch antik: dass der 6. Thargelion glückbringend sei, wird damit bewiesen, dass Alexander an ihm geboren und gestorben sei (Aelian. v. h. II 25).

Bei der Besprechung der Orte wollen wir von vornherein alle die zahlreichen Nachrichten ausschliessen, die uns von irgend einer Stadt oder einem Land wunderbare Eigenschaften berichten, wie z. B. dass im Heiligtum der paphischen Aphrodite kein Regen fällt (Plin. II 210) und ähnliches, davon besonders Plinius eine Unmasse zusammengetragen hat. Nur eins will ich erwähnen, weil hier die Wundergeschichte in Zauber übergegangen ist: die Insel Ebusus duldete angeblich keine Schlangen, während die benachbarte Insel Colubraria deren sehr viele hatte. Deshalb nahm man dorthin ebusische Erde mit, die den Träger vor den Tieren schützte (Plin. III 78). Hier soll vielmehr von solchen Stellen geredet werden, denen eine geheime Kraft zukommt, deren sich der A. zum Zauber oder seiner Abwehr bedient.

Vom Wagengeleise glaubten die Alten, wenn eine Maus oder Spitzmaus es überschreite, sterbe diese oder erstarre doch wenigstens (Aelian. n. a. II 37. Plin. VIII 227. XXIX 89). Deshalb ist die Erde von einem solchen Geleise ein Mittel gegen den Biss der Spitzmaus (Plin. XXIX 89). Gegen geschwollene Drüsen half eine Schlange, deren Kopf und Schwanz abgeschnitten waren, zu essen, oder sie zu Pulver verbrannt zu trinken, besonders wenn sie zwischen zwei Geleisen getötet worden war (Plin. XXX 37). Vielleicht gehört auch dies hieher: wo jemand zuerst den Kuckuck hört, soll man die Spur des rechten Fusses ausschneiden; soweit deren Erde gestreut wird, kommen keine Flöhe auf (Plin. XXX 85). Diese Zauberkraft des begangenen und befahrenen Weges (gehört hieher auch des Pythagoras Vorschrift [47] λεωφόρους ὁδοὺς μὴ στείχειν Göttling akad. Abb. I 304, 11?) beruht auf der Heiligung der Strassen (vgl. E. Curtius Zur Geschichte des Wegebaus bei den Griechen, Abh. Akad. Berl. 1855). In erhöhtem Masse haftet diese Zauberkraft natürlich an den Kreuzwegen. An ihnen trieb der κῶμος Ἑκάτης, die wilde Jagd, sein Wesen (Theokr. II 35). Dort wohnen unholde Mächte, denen man daher das beim Entsühnen gebrauchte Gerät hinwarf (Schol. Aisch. Choeph. 91). Dort treibt die „verwünschte“ Kupplerin sich umher (Tibull. I 5, 56). Wer auf den Kot an Kreuzwegen tritt, wird bezaubert (Petron. 134. Plut. de superst. 9). Darauf bezieht sich auch das pythagoreische Symbolon: μὴ σάρον ὑπερβαίνειν (Göttling akad. Abh. I 303, 10. II 282). Verwandt ist auch die Vorschrift des Vegetius: gegen dysuria der Pferde reibt man Kot von der Strasse, den ein Pferd beharnt hat, in die Nüstern ein (Veget. V 14, 23). Endlich hilft gegen viertägiges Fieber Öl in dem Frösche auf einem Kreuzweg gekocht worden sind (Plin. XXXII 113).

Nächst der Strasse ist die Grenze zauberkräftig, natürlich wegen ihrer Heiligkeit. An ihr bricht sich der Zauber oder er reicht nicht über sie hinaus: so konnten die Vestalinnen entlaufene Sklaven festbeten, wenn sie noch nicht über die Stadtgrenze hinaus waren (Plin. XXVIII 13). An der Grenze werden deshalb die zur Abwehr von Schaden bestimmten Dinge angebracht. In limite ruris befestigte Tages zum Schutz gegen Unheil einen enthäuteten Eselskopf (Col. X 344f.). Gegen Hagel bindet man rings um das Grundstück viele Schlüssel fest (Geop. I 14, 6). Gegen Blitz umzäumte man den Garten mit Zaunrüben (vitis alba Col. X 346f.). Gegen fremde Ameisen umgrenzte man ihn mit Asche und Kreide (Pallad. I 35, 2). Man schützt den Samen gegen Vögel, wenn man rund um das Grundstück etwas davon mit Niesswurz säet (Geop. II 18, 2), oder wenn man vor dem Umgraben nachts eine Kröte um den Acker trägt, und dann in einem neuen Gefäss darin vergräbt (Geopon. II 18, 14). Hieher gehört auch der in der Landwirtschaft so oft vorkommende Umgang einer mulier in menstruis (z. B. Col. X 362. Geop. II 42, 3). Vertreten werden kann die Grenze durch die Ecken des betreffenden Gebiets. Gegen das Kraut ὀσπρολέων schützt man sich, wenn man in den 4 Ecken und in der Mitte Oleanderzweige (ῥοδοδάφνη) einsteckt, oder auf 5 Scherben den löwenwürgenden Herakles zeichnet und sie an den gleichen Stellen vergräbt (Geop. II 42, 1. 2). Die Grenze hat auch selbst zauberische Kraft. Man wirft auf den Grenzrain ein Sieb; die davon bedeckten Pflanzen sind ein Amulett gegen Schwergeburt (Plin. XXIV 171). Warzen vertreibt man, wenn man nach dem 20ten Mondtag auf dem Rain den Mond (? oder die Warze) ansieht, auf dem Rücken liegend, und mit den über den Kopf emporgereckten Händen irgend etwas greift und dann sie damit reibt (Plin. XXVIII 48). Endlich glaube ich hieher stellen zu müssen den pythagoreischen Spruch μὴ ἐπιστρέφεσθαι ἐπὶ τοὺς ὅρους ἐλθόντας (Göttling a. a. O. 304, 12). Denn ebenso galt, wie wir sehen werden, [48] Zögern und Umdrehen an der Schwelle für ominös.

An einer Stelle nur ist der Schutz, den die Grenze bietet, unterbrochen, das ist am Eingang, bei dem man daher ganz besonders Schutzmittel anzubringen hat (vgl. Richter in Baumeisters Denkm. 1702), wie er ja bekanntlich vor allem unter religiösem Schutz stand und z. B. die Braut dort ein Opfer brachte, indem sie die Pfosten mit Fett salbte. Aber eben dies Opfer, so wird ausdrücklich berichtet, sollte gegen Zauber schützen (Plin. XXVIII 135. 142). Getreide einfahren sollte man, nachdem man eine Kröte an der Scheunenschwelle aufgehängt hatte (Plin. XVIII 303). Nach Pythagoras hängte man an der Thüre Meerzwiebel auf contra malorum medicamentorum introitum (Plin. XX 101. Dioskor. mat. med. II 202). Menstrualblut an die Pfosten geschmiert, vereitelte die Künste der Magier (Plin. XXVIII 85). Schafställe schützte man, indem man eine Fledermaus dreimal um sie trug und dann über der Schwelle an den Füssen aufhängte (Plin. XXIX 83; beachte die Allitteration); ebenso das Haus, wobei das Tier ans Fenster – wo ja der Schutz der Umfriedigung auch unterbrochen ist – köpflings genagelt wurde (Plin. ebenda). Der penis eines schwarzen Hundes unter der Schwelle vergraben war amuletum contra omnia mala medicamenta (Plin. XXX 82). Das Schaf, das für die erkrankte Herde als Stellvertreter dient, wird unter der Stallschwelle vergraben (Col. VII 5, 17). Am Eingang des Gehöftes hängt man das Fell der hagelabwehrenden Tiere auf, wenn die Hagelwolke heraufzieht (Pallad. I 35, 14. Geop. I 14, 5). An der äusseren Thür schreibt man, unbeschrieen, vor dem 15. Mai einen Zauberspruch gegen Flöhe an (Geop. XIII 15, 8). In die Fenster und Thüren des Taubenschlages hängt man Raute gegen die Katzen (Geop. XIV 4). Der zauberbrechende Weissdorn wird an der Thüre angebracht (Dioskor. mat. med. I 119). Die Worte arse verse, die das Feuer abwehren, werden an die Thür geschrieben (Otto Sprichw. 172). Unter der Schwelle wird das Mittel vergraben, das die inimica ora bindet (Ovid. fast. II 571ff.). Pfosten, Schwelle und Fenster werden beim Vertreiben der striges mit Erdbeerbaumzweigen berührt (Ovid. fast VI 155f. 166). Aber an der Thür wird auch böser Zauber angebracht: Simaitha lässt nachts ihr φίλτρον an die Thür des Daphnis kleben (Theokr. II 59); die Nägelschnitze von Händen und Füssen eines Fieberkranken klebte man vor Sonnenaufgang an eine fremde Thüre an, wohl um das Fieber dorthin zu übertragen (Plin. XXVIII 86; vgl. Wuttke² 486ff.). Andererseits schützte der Schmutz aus der Thürangel gegen Kopfweh (Plin. XXVIII 49). Endlich spielt die Schwelle im Hinderungsaberglauben eine grosse Rolle: Anstossen an ihr gilt für sehr ominös (Otto Sprichw. 952. Tibull. I 3, 20); die Braut wurde deshalb hinübergehoben. Hieher mag auch gehören, dass man auf die Schwelle trat, wenn man an seinem eigenen Hause vorübergehen musste, vermutlich um das böse Omen des nicht wieder nach Hause Kehrens zu vermeiden (Augustin. doctr. Christ. II 20, 31; vgl. [49] den römischen Brauch, dass der fälschlich Totgesagte bei seiner Rückkehr nicht durch die Thüre, sondern über das Dach ins Haus treten muss, Plut. qu. Rom. 5).

Im Hause selbst sind zunächst Keller und Speisekammern heilig. Es muss deshalb der über sie gesetzte Sklave castus a rebus venereis sein. Man verwandte darum dazu ein unschuldiges Kind. Anderenfalls musste sich der Sklave erst reinigen (Col. XII 4, 3).

Vor allem ist der Mittelpunkt des Hauses, der Herd, heilig. Rinder werden fetter, wenn sie so nahe beim Herd stehen, dass sie sein Feuer sehen können (Pallad. I 21, 2. Veget. IV 1, 1: beneficio naturali). So lange die Pflugschar (vomer, wohl Versehen für dentale, Scharbaum), mit der die erste Furche gezogen worden, auf dem Herd brennt, bricht kein Wolf ins Gehöft (Plin. XXVIII 267; vgl. Mannhardt Feldk. I 224ff.). Rüben und Steckrüben schützt man gegen Flöhe, wenn man Herdruss (oder den Schmutz der Zimmerdecke – ursprünglich den Russ von dort?) unter den Samen mengt (Col. XI 3. 60). Dass der Herd aber auch bösem Zauber diente, scheint hervorzugehen aus dem Spruch χύτρας ἴχνος ἀπὸ σποδοῦ ἀφάνιζε (Göttling a. a. O. 306, 23), wenn man bedenkt, dass die – ausgehobene – Spur auch sonst im A. vorkommt (vgl. oben S. 46). Wie der Herd durch den Esstisch vertreten wird, sahen wir oben (S. 30). Das meiste hieher Gehörige wird später besprochen werden. Hier will ich erwähnen, dass Arzeneien nicht auf dem Tisch stehen dürfen (Plin. XXVIII 28). Er hatte also zauberbrechende Kraft, wie die Erde bei dem gleichen Verbot im deutschen A. (Wuttke² 533).

Bei der Zahl ist zuförderst zwischen geraden und ungeraden Zahlen zu scheiden. Den himmlischen Göttern, lehrte Pythagoras, muss in ungerader Zahl geopfert werden, den chthonischen in gerader (Göttling a. a. O. 300, 2). Das gleiche sagt Serv. Aen. IV 305, womit freilich die Rolle der ungeraden Zahl in chthonischen Riten (vgl. Diels sibyll. Blätter 39ff. Kägi philolog. Abh. für Schweizer-Sidler 50ff.) nicht besonders stimmt. Plinius nennt die ungeraden Zahlen ad omnia vehementiores, wie die Beobachtungen beim Fieber gezeigt hätten (Plin. XXVIII 23). Dem entsprechend werden Eier zum Ausbrüten in ungerader Zahl untergelegt (Varro de r. r. III 9, 12. Col. VIII 5, 8. Plin. X 151. Geop. XIV 7, 13). Schafherden sollen eine ungerade Zahl bilden, das hält sie φυσικῇ δυνάμει gesund und dauerhaft (Geop. XVIII 2, 8). Auch bei Anwendung von Heilmitteln spielt die ungerade Zahl mit; vgl. weiter unten bei den einzelnen Mitteln. Ebenso, wenn die Gäste beim Mahl plötzlich schwiegen (Plin. XXVIII 27). Von bestimmten Zahlen sind besonders 3 und 4 wichtig, weil sie bei 3tägigem und 4tägigem Fieber in Anwendung kommen. Ferner 5, 7, 9, 10, 27 (vgl. im allg. darüber Diels a. a. O. 39ff.), selten 8, 40, einmal 700. Im einzelnen sind bemerkenswert: Gänsen soll man 9 oder 11 Eier unterlegen (Plin. X 163). Dreimal 9 Wespenstiche sind tötlich (Plin. XI 73). Alle Insecten leben eine durch 7 teilbare Tageszahl (Plin. XI [50] 120), die Spinnen 4 mal 7 Tage (Plin. XI 85). Bis zum 3 mal 7ten Jahr wächst der Mensch (Plin. XI 216). Hennen soll man 9–13 Eier unterlegen (Plin. XVIII 231). Siebenmal gereinigtes Wasser fault nach Epigenes nicht (Plin. XXXI 34). Nüsse muss man zu dreien in einem Dreieck pflanzen, so dass die Spitze nach dem Westwind steht (Col. V 10, 13). Käse soll 9 Tage gepresst werden (Col. VII 8, 5). Zählen wirkt überhaupt bezaubernd (Catull. 5, 10. 7, 10). Daher auch das Messen. Um einen Hund am Weglaufen zu hindern, misst man seinen Schwanz mit einem Rohr, bestreicht dies mit Butter, die das Tier dann ablecken muss (Ael. n. a. IX 54, in 2 Teile zerlegt Geop. XIX 2, 16; vgl. Niclas zur Stelle. Ähnlich im deutschen A. Wuttke² 679).

IV. Steine, Metalle u. ä.

Ausgeschlossen bleiben hier die zauberhaften, meist erdichteten Edelsteine (vgl. dafür Damigeron). Doch kannte schon Theophrastos einen Gebärstein (de lapid. 11). Steine, die zufällig in einen Baum eingewachsen sind, verhindern Abortus und Frühgeburten (Plin. XVI 199). Legt man einen Stein unter einen Granatapfelbaum, so brechen die Äpfel nicht auf (Plin. XVII 86), oder man legt zu gleichem Zweck, wenn man ihn pflanzt, drei Zweige an seine Wurzel (Col. V 10, 16; de arb. 23, 2). Das Moos von einem Flusskiesel, mit einem andern Stein gerieben und mit Menschenspeichel aufgelegt, vertreibt Räude (Plin. XXVII 100). Der Marmor hatte Heilwirkungen: der ophites half gegen Kopfweh und Schlangen (Plin. XXXVI 56), seine Spielart candicans Hirnkranken und Schlafsüchtigen (Plin. ebenda). Bernstein hängte man den Kindern als Amulett um (Plin. XXXVII 51), ebenso Korallen (Plin. XXXII 24). Diese sollten auch bitteres Wasser süss machen (Geop. II 5, 14).

Unter den Metallen tritt am meisten das Eisen hervor. Es bricht in hervorragendem Masse Zauber. Gespenster fürchten sich vor ihm (Sittl Gebärden 116, 6). Πῦρ σιδήρῳ μὴ σκαλεύειν ist eine alte (pythagoreische) Vorschrift, bei den Römern ins Sprichwort übergegangen (Göttling a. a. O. 307, 25. Otto Sprichw. 845; vgl. hiezu und über Eisen überhaupt Liebrecht Gerv. v. Tilb. 99ff., bes. 102). Ebenso hatte Pythagoras verboten, das Brot zu brechen (Göttling a. a. O. 313, 42), d. h. es sollte geschnitten werden, wodurch es vor Zauber geschützt wird (wie in Schwaben; Liebrecht a. a. O. 100**). Auf dieser zaubervernichtenden Kraft beruht das oft vorkommende Verbot, heilkräftige Pflanzen damit zu berühren (z. B. Plin. XIX 177. XXIII 163. XXIV 12. 68. 149. 171. 172). Legt man sine ferro Rübensamen in einen Lauchkopf, so wird er sehr gross (Pallad. III 24, 12). Das Eisen wird geradezu zur Abwehr verwendet: Nägel im Brutstroh schützen die Eier gegen Donner (Col. VIII 5, 12. Plin. X 152. Geop. XIV 7, 11 πρὸς πᾶσαν κακίαν. XIV 11, 5). Legt man Eisen aufs Weinfass, so schadet das Gewitter dem Wein nicht (Geop. VII 11). Der giftige Taxus wird unschädlich, wenn man einen eisernen Nagel in ihn schlägt (Plin. XVI 51). Man schlägt einen eisernen Nagel in den Boden, wo ein Epileptischer [51] mit dem Kopf aufschlug (Plin. XXVIII 63). Dreimal mit dem Schwert umschrieben werden schützt gegen noxia mcedicamenta (Plin. XXXIV 151). Seltener verstärkt Eisen den Zauber: Ein „Harnstein“ über der Scham angebunden, vertreibt die anderen; ebenso Leberschmerzen; beschleunigt die Entbindung: aber noch besser, wenn er ferro exemptus ist (Plin. XXVIII 42). Das bei der Heilung der Rose verwandte Heimchen ferro tollitur (Plin. XXX 106). Schlägt man einen geglühten Nagel in die Wurzel eines Baums, so verdorrt er (Geop. X 67, 2). Die ägyptische Feige muss mit eisernen Haken bearbeitet werden (Plin. XIII 56). Die Wunden von magnetischem Eisen sind schlimmer, als von gewöhnlichem (Plin. XXXIV 147).

Auch das Erz bricht Zauber. Sein Klang galt als Götterstimme (Lobeck Agl. 895f.). Er verscheucht die Gespenster (Rohde Psyche 248, 2. Theokr. II 35), bricht den Mondzauber (Tibull. I 8, 22; vgl. im allg. Bruzza, Ann. d. Inst. 1875, 59ff.). Wenn man den Granatapfelbaum mit einem ehernen Nagel reinigt, entstehen an ihm keine Würmer (Pallad. IV 10, 4). Wo sonst statt Eisen Erz vorgeschrieben wird, ist es wohl als älteres Metall dazu gekommen. Schon Aristoteles sagt (probl. I 35 p. 863 a 25. 36 p. 863 a 31), eherne chirurgische Instrumente seien besser als eiserne, und vom Brenneisen wiederholt das Vegetius (I 28, 4). Mit einer ehernen Nadel wird die nötige Perforation bei lungensüchtigem Rindvieh gemacht (Col. VI 2, 5), mit einem ebensolchen Griffel die Buchstaben eingeritzt, wenn man beschriebene Pfirsiche erzielen will (Geop. X 14, 1). Und endlich wird eine solche Nadel auch beim Binden der üblen Nachrede verwandt (Ovid. fast. II 575).

Das Blei ist hauptsächlich verwandt worden, um darauf die devotiones (s. d.) einzuritzen. Wegen der so gegebenen Beziehung zum Tode sind Bleiplatten an die Lenden und Nieren gebunden antivenerisch (Plin. XXXIV 166). Doch kann man dies auch auf die bindende Kraft zurückführen, die dem Blei zugeschrieben wurde: wenn ein Granatapfelbaum seine Blüten verlor, so legte man einen Bleiring um den Stamm (Pallad. IV 10, 3), und Bleidraht braucht die Zauberin an der öfters erwähnten Stelle (Ovid. fast. II 573).

Mit einem silbernen Ring versiegeln, heilt den Skorpionstich (Geop. XIII 9, 2). Pokale aus natürlichem Weissgold zeigen durch Farbenspiel Gift im Trunk an (Plin. XXXIII 81). Die Flügel der Tauben muss man mit Gold stutzen, sonst heilt die Wunde nicht (Plin. X 109), die Pastinake zu Heilzwecken mit Gold ausgraben (Plin. XX 29), d. h. in beiden Fällen wohl mit einer Goldmünze (vgl. Wuttke¹ 143).

Salz war religiös geheiligt. Es sollte nicht auf dem Tische fehlen (Göttling a. a. O. 315, 46). Wer nüchtern Salz unter der Zunge vergehen lässt, dem bleiben die Zähne gesund (Plin. XXXI 101).

V. Pflanzen.

Der Alant (inula) ausgegraben ohne die Erde ferner zu berühren, heilt den Husten und vertreibt giftige Tiere (Plin. XX 38). Befestigt man den Kohl beim Umpflanzen mit drei Algenzweigen, [52] so kocht er sich besser und bleibt dabei grün (Col. XI 3, 23). Seealgen in Feigenbäumen aufgehängt, vertreiben die Würmer (Pallad. IV 10, 30). Ἄλυσσον hing man im Hause gegen Zauber auf, dem Vieh in einem Purpurlappen um (Diosk. m. m. III 95); es diente als Amulett gegen Hundsbiss; schon sein Anblick liess den Geifer eintrocknen (Plin. XXIV 95). Ein anderes Kraut gleichen Namens pflanzten die Hirten vor die Ziegen- und Schafställe, um den „Schluckauf“ beim Vieh zu verhüten (Ael. n. a. IX 31). Ampfer (lapathum), am linken Arm getragen, macht unfruchtbare Frauen fruchtbar (Geop. XII 38, 1). Die anagallis, vor Sonnenaufgang gegraben und ausgedrückt, ohne dass man ein Wort dazu sprach, hatte praecipuas vires (Plin. XXV 145). Die anagyris oder akopos war Amulett für leichte Entbindung, musste aber gleich nach der Geburt entfernt werden (Diobk. m. m. III 157. Plin. XXVII 30). Die erste Anemone im Jahr soll man nehmen und sagen, man nehme sie für 3- und 4tägiges Fieber, dann die Blüte in rotem Leinen eingewickelt im Schatten bewahren und im Notfall anbinden (Plin. XXI 166 aus den magi; wohl Volksaberglaube). Äpfel muss man den Saumtieren, ehe man sie ihnen zu tragen giebt, zeigen, oder sie davon fressen lassen, sonst drückt sie die Last zu schwer (Plin. XXIII 116. XXIV 2). Ihr Kern wurde von den Griechen zum Liebesorakel benutzt, durch Emporschnellen (Pollux IX 128). Die argemone oder inguinalis brauchte man nur in der Hand zu halten, dann nützte sie schon (Plin. XXVI 92). Eine Pflanze gleichen Namens 7 Tage gegessen, sollte die Milz verzehren (Plin. XXVI 76). Legte eine Frau sofort nach der Empfängnis aristolochia in Ochsenfleisch an ihre vulva, so gebar sie einen Knaben (Plin. XXV 97). Die Artischocke (κινάρα) wuchs ohne Stacheln, wenn man die Spitze ihres Samenkorns mit einem Stein zermalmte (Geop. XII 39, 4). Dem ἀσκληπίειον, einer Art des πάνακες, dessen Heiligkeit schon der Name anzeigt, wurde von den Kräutersammlern geopfert, indem sie in sein Wurzelloch einen Honigkuchen aus allerhand Früchten (παγκαρπίαν μελιττοῦταν) vergruben (Theophr. h. pl. IX 8, 7. Plin. XXV 30). Asphodel vor dem Thor des Gehöftes säen hielt bösen Zauber ab (Plin. XXI 108). Legte man ihn 7 Tage ins Trink- oder Badewasser der Schweine, so schützte er sie vor der Pest (Geop. XIX 6, 13. 7, 3). Man legte ihn auf geschwollene Drüsen, hing ihn 3 Tage in den Herdrauch und nahm ihn am vierten ab, so waren Geschwulst und Pflanze gleicherweise vertrocknet (Plin. XXII 71). Das ἄσπληνον, in mondloser Nacht gegraben, war ein ἀτόκιον, zumal wenn man es mit der Milz eines Maultiers umband (Diosk. m. m. III 141). So lange ein vom Skorpion gebissener Mensch ἀτρακτυλίς in der Hand hielt, fühlte er keine Schmerzen (Diosk. m. m. III 97. Plin. XXI 184).

Den griechischen Baldrian (πολεμώνιον) trug man als Amulett gegen Skorpionen (Diosk. m. m. IV 8). Das Kraut balis belebte nach dem Historiker Xanthos Tote, ebenso kannte König Iuba ein solches Kraut (Plin. XXV 14). Der Beifuss (artemisia) schützte als Amulett gegen Zauber (Plin. XXV 130). Trug man ihn zusammen [53] mit elelisphacus, so wurde man beim Marschieren nicht müde (Plin. XXVI 150). Er hatte grosse Heilkraft und hiess deshalb ἀνακτόριος oder σώζουσα (Diosk. m. m. III 117). Doch wenn die herbarii ihn wieder einpflanzten, brach die geheilte Krankheit wieder aus (Plin. XXVI 24). Die Betonie (vettonica) im Hause säen schützt vor allen Gefahren (Plin. XXV 84). Ihr täglicher Genuss bewahrt vor Zauber (Plin. XXV 128). Schloss man Schlangen in einen Kreis daraus ein, so bissen sie sich lieber selbst tot, als dass sie die Pflanze berührten (Plin. XXV 101). Ein Kranz aus Bilsenkraut (herba symphoniaca) um den Stamm gelegt, heilte die sonnenstichkranke Kirsche (Pallad. XI 12, 8). Birnen muss man den Saumtieren zu fressen geben, oder sie ihnen doch zeigen, sonst drückt die Last (Plin. XXIII 116. XXIV 2). Ein Kranz aus Blutkraut (polygonos) heilt Kopfweh, um den Hals gelegt, den Schnupfen; gegen dreitägiges Fieber wurde es mit der Hand gepflückt und angebunden (Plin. XXVII 117). Die Bohne ist Pflanze der Totenriten (allgem.). Den Pythagoreern galt sie als Sitz der Seele (Plin. XVIII 118); sie assen sie deshalb nicht (Göttling a. a. O. 308, 29). Als Totenpflanze wurde sie beim Binden übler Nachrede gebraucht (Ovid. fort. II 574). Im Weinberg gesät, schützten sie die Reben gegen Reif (Geop. V 31, 4; vgl. 11, 1). Vergrub man eine wurmstichige Bohne unter die Wurzeln eines Ölbaumes, so floss das Öl nicht vorzeitig aus (Geop. IX 12); vergrub man aber eine Bohne unter einen Nussbaum, so vertrocknete er (Geop. X 67, 3). Bei Auctionen eine Bohne bei sich haben, brachte Gewinn (Plin. XVIII 119). Junge Brennesseln essen, schützt ein ganzes Jahr vor Krankheit (Plin. XXI 93). Die Herbstbrennessel unter einem Zauberspruch als Amulett angebunden, half gegen Fieber (Plin. XXII 38). Sie schadeten den jungen Gänsen; man feite diese aber dagegen, wenn man in das Brutstroh welche legte (Col. VIII 14, 7 Plin. X 163). Das Holz der Hopfenbuche (ostrys) im Hause brachte schwere Geburten und elenden Tod (Plin. XIII 117). Die Wurzel des Burzeldorns (tribulus) keusch und rein gegraben, zerstörte Drüsengeschwulst (Plin. XXII 27).

Die thessalische catanance war ein φίλτρον (Plin. XXVII 57). Ebenso die Pflanze κῆμος (= λεοντοπόδιον Diosk. m. m. IV 129. Plin. XXVII 57). Die Ceder war wohl heilig; wenigstens war den Pythagoreern verboten, sich mit ihrem Holz die Zähne zu stochern (Göttling a. a. O. 294 XX). Sie vertrieb Schlangen (Plin. XXIV 19. Pallad. XII 13, 6). Rieb man das Glied vor dem Beischlaf mit ihr, so empfing die Frau nicht (Diosk. m. m. I 105; nach Plin. XXIV 18 abortiert sie dann). Die Blätter der χαμαιπίτυς 7 Tage in Wein getrunken, heilten Gelbsucht, 40 Tage in ὑδρόμελι genommen Hüftschmerz (Diosk. m. m. III 165). Ein Kranz daraus schützt vor Trunkenheit (Geop. VII 31, 2). Das χαρίτων βλέφαρον war nach Iuba ein Liebesmittel; deshalb trugen die Frauen es als Halsband (Plin. XIII 142). Das chellon vertreibt Schlangen (Plin. XXV 119). Das κίρσιον nach Andreas Amulett gegen Krampfadern [54] (Diosk. m. m. IV 117. Plin. XXVII 61). Das condurdum um den Hals gehängt, heilte Drüsengeschwulst (Plin. XXVI 26). Tranken Mann und Frau, diese nach der Menstruation, 40 Tage lang dreimal nüchtern den Saft des κραταιόγονον, so zeugten sie Knaben (Diosk. m. m. III 129. Plin. XXVII 62f.). Legte man 3 Blätter cunilago in Öl und salbte sich damit, so feite das gegen Schlangen (Plin. XX 171). )Die Cypresse war den Pythagoreern ebenfalls heilig: weder durfte man ihr Holz zum Zähnestochern brauchen, noch sich einen Sarg daraus machen lassen (Göttling a. a. O. 294 XX. 303, 8). Demokritos empfahl sie als Umzäunung zu pflanzen (Geop. XI 5, 4). Ihre Blätter unter den Samen gemischt, schützten das Getreide vor Würmern (Plin. XVIII 158. Geop. II 18, 4). Sie war ein Specialmittel gegen Hodenleiden der Maultiere (Veget. mulom. V 7, 2).

Das δίκταμνον, eine kretische Pflanze, vertrieb und tötete Schlangen (Diosk. m. m. III 34). Es beförderte die Geburt (Theophr. h. pl. IX 16, 1); durfte deshalb nicht zu einer Schwangern ins Zimmer gebracht werden (Plin. XXVI 153). Unter einen Nussbaum vergraben, tötete es diesen (Geop. X 67, 3). Der Dill (anesum) war Amulett gegen Epilepsie (Plin. XX 192 aus „Pythagoras“); er schützte das ganze Haus davor (ebenda); sein Geruch befördert die Geburt (ebenda). Die Distel (carduus) trug nach Glaukias zur Erzeugung von Knaben bei (Plin. XX 263). Die Art eryngium hatte bannende Kraft; frass eine Ziege davon, so blieb die ganze Herde stehen (Plut. qu. conv. VII 2, 1. Theophr. fgm. 175 ed. Wimmer); sie war Amulett gegen Geschwülste (Diosk. m. m. III 21). Eine Abart davon, centum capita, erregte nach magi et Pythagorici (Nechepsos?) Liebe beim andern Geschlecht (Plin. XXII 20). Die Kardendistel (gallidraga) hatte Würmer; diese mit Brot an den Arm der schmerzenden Seite gebunden, halfen nach Xenokrates ein Jahr gegen Zahnweh; sie durfte aber die Erde nicht berührt haben (Plin. XXVII 89). Ebenso halfen gegen Zahnweh die Würmer der Weberdistel (labrum venereum), wenn die Pflanze die Erde nicht berührt hatte, an den Zahn gebunden oder hineingesteckt (Plin. XXV 171). Die Würmer der Art δίψακος endlich, in einem Beutel um den Hals oder Arm getragen, halfen gegen 4tägiges Fieber (Diosk. m. m. III 11). Die Pflanze dodecatheon hatte 7 Blätter und war ein Allheilkraut (Plin. XXV 28). Dosten (origanum) vertreibt Schlangen (Diosk. m. m. III 29). Spritzt man ihn mit Schwefel an Ameisenlöcher, so verschwinden sie (Pallad. I 35, 8). Wilden Dosten um das Getreide legen, hält Ameisen ab (Geop. II 29). Zweige davon neben die jungen Gurken gesteckt halten Flöhe ab (Geop. XII 19, 9). Der dracunculus (δρακόντια vertreibt Schlangen (Diosk. m. m. II 195. Plin. XXIV 149); selbst ihn zu tragen schützt (Plin. ebenda). Er wird gegraben zur Zeit der Gerstenreife bei wachsendem Mond und wirkt besser, wenn ihn kein Eisen berührt hat (Plin. ebenda). Die Dürrwurz (κόνυζα) vertreibt Schlangen (Diosk. m. m. III 126).

Die Wurzel des ἔχιον vorher trinken, schützt gegen Schlangenbiss (Diosk. m. m. IV 27). [55] Epheu legt der Vogel ἅρπη zur Abwehr des bösen Blicks ins Nest (Ael. n. a. I 35). Sein Holz liess wohl Wein, aber kein Wasser durchfliessen, daher man Gefässe daraus zur Weinprobe brauchte (Cato de agr. 111. Plin. XVI 155). Aus einem solchen Gefäss zu trinken heilte Milzsüchtige (Plin. XXIV 80). Seine Beeren schützten vor Katzenjammer (Plin. XXIV 78). Gab man ihn Tage den Schafen zu fressen, so blieben sie gesund (Geop. XVIII 7). Eisenkraut (περιστερεών, verbenace) war nach Plin. XXV 105ff. besonders bei den Magiern angesehen. Wer es bei sich hatte, den bellten die Hunde nicht an (Plin. XXV 126). Zusammen mit dem Wegerich um den Hals gehängt, vertrieb es geschwollene Drüsen (Plin. XXVI 26). Gegen 3tägiges Fieber gab man es am dritten Knoten geschnitten, gegen 4tägiges am vierten (Diosk. m. m. IV 61); ebenso beim Fieber des Viehs (Plin. XXVI 117). Gegen bösen Blick sollten es die Krähen brauchen (Ael. n. a. I 35); überhaupt wurde es bei Lustrationen (magischen?) als Amulett gebraucht und hiess deshalb ἱερὰ βοτάνη (Diosk. m. m. IV 61). Endlich sprengte man mit dem Wasser, in dem das Kraut geweicht hatte, beim Mahl, um dadurch die Freude zu erhöhen (Diosk. m. m. IV 61. Plin. XXV 107). Die Eiche war den Pythagoreern heilig: Verbot des Zähnestocherns (Göttling a. a. O. 294 XX). Ein Eichenpfahl im Misthaufen hielt Schlangen fern (Varro r. r. I 38, 3. Col. II 15, 6). Nach Demokritos starb die Schlange, wenn man Eichenblätter auf sie warf (Geop. XIII 8, 5). Blätter der Steineiche bannten den Löwen fest (Ael. n. a. I 36). Eichenasche in die Löcher der Feldmäuse gestopft, tötet sie (Pallad. I 35, 11). Eichenasche vor Sonnenaufgang auf rostbefallenes Getreide streuen, bringt Hilfe (Geop. V 33, 3). Eppich (σέλινον, apium) war eine Totenpflanze und brachte deshalb Unglück (vgl. Bulenger; de prodig. 41 = Graevius thes. ant. Rom V 501 A. Plin. XX 113. Rohde Psyche 20, 2). Wer weiblichen Eppich ass, wurde zeugungsunfähig (Plin. XX 114). Der Erdbeerbaum (Arbutus) hatte zauberwehrende Kraft, wenigstens brauchte man ihn beim Vertreiben der Strigen (Ovid. fast. VI 155). Die Erve (ervum) pflanzte man neben die Steckrüben, der Raupen wegen (Plin. XIX 179); auch bei Rettich (Pallad. I 35, 5). Die Esche vertreibt Schlangen; sie meiden ihren Schatten, und sterben lieber, als dass sie sich in Eschenlaub verbergen (Plin. XVI 64).

Der Farn (filix) verscheucht Schlangen, weshalb man sich an verdächtigen Orten auf ihn lagern soll (Plin. XXVII 80). Eine Art, die θηλύπτερις, bewirkte Abort oder doch Unfruchtbarkeit (Theophr. h. pl. IX 18, 8. Diosk. m. m. IV 184). Die Feige galt als arbor infelix (Lobeck Agl. 703g), aber andererseits hatte Aristoteles (?) sie als ἀλεξιφάρμακον bezeichnet (Rose Arist. pseudepigr. 232, 16). Die wilde Feige bannte den Stier (Plut. qu. conv. VI 10, 3. Plin. XXIII 130). Feigenasche vertreibt Raupen (Pallad. I 35, 13). Vor Sonnenaufgang streute man sie auf rostbefallenes Getreide (Geop. V 33, 3). In die Feigen selbst hängte man Frühfeigen (grossi, ὄλυνθοι) als Amulett, um das Abfallen der Früchte zu hindern (Geop. X 48, 2). Gegen Drüsengeschwulst bog man einen Feigenzweig [56] herunter, biss – unbeschrieen – mit zurückgebogenem Kopf einen nodus ab und hängte diesen in einem Lederbeutel um den Hals (Plin. XXIII 125). Biss ein geschlechtsunreifer Knabe vom Zweig einer wilden Feige die Rinde herunter, so war das Mark, vor Sonnenaufgang um den Hals gehängt, Amulett gegen Drüsengeschwulst (Plin. XXIII 130). Alles was unter einer Fichte gesät wird, gedeiht gut (Pallad. XII 7, 9). Das Flöhkraut ψύλλιον, culix), grün ins Haus gebracht, vertreibt Flöhe (Diosk. m. m. IV 70). Legt man Gurkensamen in seinen Saft, so wachsen daraus kernlose Gurken (Plin. XIX 68). Das Frauenhaar (ἀδίαντον) braucht der Wiedehopf gegen bösen Blick (Ael. n. a. I 35). Das Fünfblatt half gegen Fieber, und zwar nahm man für 4tägiges die Blätter von 4 Zweigen, für 3tägiges von zweien, für Wechselfieber von einem (Diosk. m. m. IV 42. Plin. XXVI 116, nach dem man 4, 3 oder noch mehr Blätter gemäss den Tagen nimmt). Je 30 Blätter 30 Tage getrunken, halfen gegen Epilepsie (Diosk. ebenda).

Das galbanum (χαλβάνη) vertreibt Schlangen (Diosk. m. m. ΙΙΙ 87. Col. VΙΙΙ 5, 18. Plin. XII 126; giftige Tiere im allgemeinen Veget. V 76, 3). Sich damit zu salben, schützt gegen den Biss (Diosk. m. m. III 87. Plin. XXIV 22). Gegen das Abfallen der Feigen an den Volcanalia umgiebt man den Platz mit einem Gerstenstrohseil (Plin. XVII 260). Die Gerste macht bitteres Wasser süss (Geop. II 5, 14). Lässt man einen Bock am Schlachttage Gerstenbrot fressen, so stinkt sein Fleisch nicht (Plin. XXVIII 264). Gras braucht die Haubenlerche gegen bösen Blick (Ael. n. a. I 35). Neun Grasknoten von 1, 2 oder 3 Gräsern soll man gegen Drüsengeschwulst in ungereinigte schwarze Wolle legen. Der Betreffende soll vorher ocimum essen, während der Kranke abwesend ist, ins Haus gehen und wenn der dazu kommt, einen Zauberspruch sagen und ihm das Gras anbinden. Das soll er 3 Tage thun (Plin. XXIV 180f.). Um den Kopf gebunden, stillt Gras Nasenbluten (Plin. XXIV 183). Siebenknotiges Gras hilft gegen Kopfweh (Plin. XXIV 181). Mäusegerste (holcus) um den Kopf oder den Arm gebunden, bringt die Gräten aus dem Körper (Plin. XXVII 90). Granatäpfelzweige meiden die Schlangen, deshalb soll man einen im Lager haben (Geopon. XIII 8, 3). Die Blüten (cytini) verscheuchen Skorpionen (Plin. XXIII 111). Wer 3 Stück verschluckt, bleibt das ganze Jahr von Augenentzündung verschont (Diosk. m. m. I 152). Oder, wer ohne jedes Band, Gürtung, Schuhe, Ring mit Daumen und viertem Finger der linken Hand eine pflückt, seine Augen damit berührt und unzerbissen verschluckt, dessen Augen bleiben das Jahr gesund (Plin. XXIII 110). Die Gurke fürchtet sich vor dem Donner (Pallad. IV 9, 8). Sie lebt in Feindschaft mit der Olive (Plin. XIX 65. 66. Pallad. IV 9, 8). Begiessen mit Wasser von Schlangengurken schützt vor Wanzen (Varro r. r. I 2, 25). Den Samen in Schlangengurkenwasser weichen, schützt die Saat vor Insecten (Col. II 9, 10). Ebenso der Saft der wilden Gurke (Pallad. I 35, 16. X 3, 2. Geop. II 18, 10). Diese vertreibt auch Maulwürfe (Pallad. IV 9, 4) und ihr Wasser heilt, vor Sonnenaufgang darüber gesprengt, rostbefallenes Getreide (Geop. V 33, 3). [57] Der Samen der Gurke, wenn er die Erde nicht berührt hat, ist ein Amulett zur Förderung der Empfängnis (Plin. XX 6); in Widderwolle einer Frau, ohne dass sie es weiss, um die Lenden gebunden, giebt er leichte Geburt, muss aber dann sofort aus dem Haus geschafft werden (Plin. ebenda).

Der Hahnenfuss (ranunculus) wurde als sympathetisches Mittel gegen Drüsengeschwulst gebraucht, indem man einen Teil davon – wohl nachdem die Geschwulst bestrichen worden – in den Rauch hängte; doch beim Wiedereinpflanzen des Krautes brach auch die Geschwulst wieder hervor (Plin. XXV 174). Ein blühender Hanfzweig neben das Bett gestellt, hielt die Mücken fern (Geop. XIII 11, 4). Die Hauswurz (sedum, aeizoon) schirmte die Saat vor Gefahren, wenn man den Samen mit ihrem Wasser besprengte (Col. II 9, 10. XI 3, 61. 64. Plin. XVIII 159. XIX 180. Geop. II 18, 1). Unter die Gerste gemischt, conservierte es sie (Geop. II 30, 2). In einen schwarzen Lappen gewickelt und dem Kranken ohne sein Wissen unter das Kissen gelegt half sie gegen Schlaflosigkeit (Plin. XXVI 111). Heidekraut (erice) vertreibt Schlangen (Plin. XXIV 64). Das heliotropium half gegen Schlangen und Skorpionen (Diosk. m. m. IV 190. Plin. XXII 59), gegen Skorpionen auch als Amulett (Plin. XXII 60); und einen damit gezogenen Kreis überschritt das Tier nicht, denn schon die blosse Berührung, selbst das damit gespritzte Wasser tötete ihn sofort (Plin. ebenda). Vier Körner vor dem Anfall in Wein getrunken halfen gegen 4tägiges Fieber, 3 gegen 3tägiges (Diosk. m. m. IV 190. Plin. XXII 60). Oder man bewegte die Pflanze dreimal um den Kopf und legte sie dann darunter (Plin. ebenda). Nach den magi, d. h. hier wohl sicher aus dem Volksglauben, sollte der Kranke selbst das Kraut drei oder viermal unter einem Zauberspruch anbinden (Plin. ebenda). Nach Dioskorides hinderte es als Amulett getragen die Empfängnis (Diosk. m. m. IV 190). Das heraclium vertreibt Schlangen (Plin. XX 178). Körner und Saft von einem Hollunder, der nicht in der Erde, sondern auf einem anderen Baum gewachsen ist (?), helfen gegen den Biss eines tollen Hundes (Veget. V 83, 2). Die Hundsrose (cynorrhodon) half gegen den Biss eines tollen Hundes ex oraculo (Plin. VIII 152; vgl. XXV 17). Die Wurzel einer Hundszunge (cynoglosson) mit 3 Samenstrünken half gegen dreitägiges, die einer Pflanze mit vieren gegen viertägiges Fieber (Plin. XXV 81). Das Laub des hypoglosson war Amulett gegen Kopfweh (Diosk. m. m. IV 130).

Die Pflanze impia rührte kein Tier an. Zwischen 2 Steinen gerieben, heilte sie Beklemmungen. Wer sie einmal ass, war für immer vor dieser Krankheit geschützt, daher man sie den Schweinen zu fressen gab; welches Tier nicht davon frass, das musste an angina sterben. Auch die Vögel sollten ihre Jungen damit schützen (Plin. XXIV 173f.). Wer die Iriswurzel graben wollte, musste – nach den Rhizotomen – einen Honigkuchen aus Sommerweizen als Opfer in die Erde graben; ausserdem mit zweischneidigem Schwert 3 Kreise ziehen und sie dann abschneiden, [58] was zuerst fiel, in die Höhe halten, und dann weiter arbeiten (Theophr. h. pl. IX 8, 7; missverstanden von Plin. XXI 42). Man hängte sie den Kindern um, dann zahnten sie leicht (Plin. XXI 140). Die iris silvestris mit der linken Hand und unter einem Zauberspruch ausgehoben heilte geschwollene Drüsen und ähnliches. Auch hier kam die Krankheit wieder, wenn man die Pflanze wieder einsetzte, was die Kräutersammler thaten, wenn sie schlecht bezahlt wurden (Plin. XXI 143f.). Die Frucht brauchten die Turteltauben gegen den bösen Blick (Ael. n. a. I 35). Die thrakische Pflanze ischaimos heilte selbst zerschnittene Adern wieder zu (Theophr. h. pl. IX 15, 3. Plin. XXV 83). Sogar ihr blosses Anbinden stillte die Blutung (Plin. ebenda).

Das Keuschlamm (ἄγνος) sollte den Geschlechtstrieb abstumpfen; deshalb bereiteten sich an den Thesmophorien die Frauen daraus ihr Lager (Diosk. m. m. I 134. Plin. XXIV 59). Es vertrieb giftige Tiere (Diosk. ebenda. Plin. XXIV 61). Wer einen Zweig davon auf dem Marsche in die Hand nahm oder im Gürtel trug, lief sich nicht wund (Diosk. I 134. Plin. XXIV 63). Die Raben brauchten es gegen bösen Blick (Ael. n. a. I 35). Die Kichererbse pflanzte man neben Gemüsen, um von diesen die Raupen abzuhalten (Plin. XIX 179. Pallad. I 35, 3 propter multa portenta). Warzen vertrieb man, indem man am ersten Mondtag jede einzelne mit je einer Kichererbse bestrich, diese dann in Leinen gewickelt hinter sich warf (Plin. XXII 149). Drei Blätter oder Samenkörner vom Klee (τρίφυλλον) trank man in Wein gegen dreitägiges Fieber, 4 gegen viertägiges (Diosk. m. m. III 113). Ein Kranz aus Klette (philanthropon) heilte Kopfweh (Plin. XXIV 176). Die Hundsklette (lappa canaria, auch argemon vgl. XXVI 76) heilte, ohne Eisen, aber unter einem Zauberspruch gegraben, kranke Schweine (Plin. XXIV 176). Knoblauch (allium) hängte man den Kindern als Amulett um (Sittl Gebärden 119, 6). Er vertrieb Schlangen und Skorpionen; ihn zu essen oder einzureiben schützte vor ihrem Biss (Plin. XX 50). Seine Stengel, ohne Köpfe, im Garten verbrannt, vertrieben die Raupen (Pallad. I 35, 6). Die Weinberge schützte er dagegen, wenn man die Sicheln zum Beschneiden damit einrieb (Pallad. I 35, 6. Geop. V 30, 1. V 48, 5). Auf die gleiche Weise bewahrte man die Bäume (Geop. X 80), oder man hängte ihn darin auf (ebenda). Lauchköpfe im Brutstroh schützten die Eier gegen Donner (Col. VIII 5, 12). Auf gewisse Weise bereitet, und dem Vieh vom 24.–26. Juni gegeben, hielt er es für ein ganzes Jahr gesund (Veget. I 18, 18). Bei Rosen gepflanzt, machte er diese wohlriechender (Geop. XI 18, 1). Gegen geschwollene Hoden half Königskerze (verbascum), dem Kranken von einer nackten Jungfrau unter bestimmten Ceremonien aufgelegt (Plin. XXVI 93). Der Kohl war der Rebe feind (Plin. XIX 87 [raphanus mit Rettig verwechselt; dasselbe wohl Plin. XVII 239]. Pallad. IX 5, 3. Geop. V 11, 3. XII 17, 17. 18). Er hielt daher beim Wein nüchtern (Cato de agr. 157. Plin. XX 84. XVII 239?. Geop. VII 31, 2). Man sollte ihn vor der cena deshalb [59] essen (Cato de agr. 156); ass man nachher fünf Blätter, so war es, als hätte man nichts gegessen (Cato ebenda; flüchtig citiert von Varro r. r. I 2, 28). Er galt für Cato als eine Art Allheilmittel (de agr. 157). Selbst der Harn eines Kohlessers hatte Heilkraft (ebenda). Er war wohl ursprünglich eine heilige Pflanze; wenigstens sollte er, wie die Malve, in grosser Gefahr helfen (Lobeck Agl. 903). Mit Koloquinthenwasser besprengte man rostbefallenes Getreide (Geop. V 33, 3). Eine gerade Zahl ihrer Samenkörner in Leinen gewickelt, war Amulett gegen periodisches Fieber (Plin. XX 15). Koriandersamen an die Stirn gerieben heilte dreitägiges Fieber (Plin. XX 216). Drei Körner vor dem Anfall schlucken, half ebenfalls (ebenda). Oder man legte sie vor Sonnenaufgang unters Kopfkissen (ebenda). Nach Xenokrates hemmte er die Menstruation im Verhältnis der eingenommenen Körner: 1 für 1 Tag, u. s. w. (Plin. XX 218). Der Krapp (rubia) heilte Gelbsucht, selbst wenn man ihn nur anband und ansah (Plin. XXIV 94). Der Hirse schadeten weder Ungeziefer noch Vögel, wenn man an den Ecken des Ackers ein unbekanntes Kraut vergrub (Plin. XVIII 160). Kraut, das auf dem Kopf einer Statue wuchs, sammelte man in einem alten Kleiderfetzen, bei abnehmendem Mond, und band es in rotem Leinen gegen Kopfweh an (Plin. XXIV 170. Marc. Emp. I 43). Jedes Kraut vom Ufer fliessenden Wassers, vor Sonnenaufgang unbeschrieen gesammelt und dem Kranken an den linken Arm gebunden, ohne dass er weiss, was es ist, vertreibt dreitägiges Fieber (Plin. XXIV 170). Auf einen Grenzrain warf man ein Sieb, pflückte die Pflanzen darin und band sie Schwangern an, um die Entbindung abzukürzen (Plin. XXIV 171). Die Kresse (nasturtium) vertrieb Schlangen (Plin. XX 129), weshalb man sie im Garten pflanzte (Col. X 231). Die Art lepidium band man gegen Zahnweh an den Hals (Diosk. m. m. II 205) oder an den Arm der schmerzenden Seite (Plin. XX 181). Wenn man die Kreuzwurz (erigeron) mit einem Eisen umschrieb, aushob und dann dreimal abwechselnd mit ihr einen Zahn berührte und ausspuckte, sie dann wieder einpflanzte, dass sie weitergrünte, so hatte man an diesem Zahn nie wieder Schmerzen (Plin. XXV 167). In Spanien wuchs ein Kraut, das gegen Schlangen half. Es sprosste, wenn diese zuerst erschienen, und verging, wenn sie wieder verschwanden (Plin. XXV 18f.). Krokus vor dem Gelage trinken, bewahrte vor Trunkenheit und Katzenjammer, Kränze daraus schwächten sie wenigstens ab (Plin. XXI 138). Kümmel sollte man unter Flüchen säen, so geriet er besser (Theophr. h. pl. VII 3, 3. Plut. qu. conv. VII 2, 2). An Rebwurzeln gestrichen vertrieb er die Flöhe (Plin. XIX 180). Beim Beischlaf förderte der Geruch der Art ami die Empfängnis (Plin. XX 164). Wilder Kümmel vertrieb ebenfalls die Flöhe (Pallad. I 35, 8), der Schwarzkümmel (μελάνθιον) die Schlangen (Diosk. m. m. III 83). Citronen wuchsen besser, wenn man Kürbisse in ihrer Nähe pflanzte (Pallad. IV 10, 15).

Der Lattich zweimal monatlich früh morgens als Zahnwasser benutzt, verhindert Zahnweh [60] (Plin. XX 58). Den wilden (πικρίς) braucht der Habicht gegen bösen Blick (Ael. n. a. I 35). Leinenwurzel trägt der Pfau unter dem einen Flügel gegen bösen Blick (Ael. n. a. XI 18). Der Baum leo ist nach Cornelius Alexander gegen Feuer und Wasser gefeit (Plin. XIII 119). Lilienwurzel vertreibt schädliche Tiere (Pallad. I 35, 11). Von der linozostis gab es 2 Arten, mas und femina. Je nachdem eine Frau nach der Menstruation davon trank oder an ihre Scham legte, empfing sie Knaben oder Mädchen (Diosk. m. m. IV 188. Plin. XXV 39). Linsen pflanzte man beim Getreide, damit es von Stürmen verschont blieb (Geop. II 18, 15). Kaute jemand nüchtern eine rohe Linse und biss während dem in einen blühenden Nusszweig, so vertrocknete dieser (Geop. X 67, 1). Linsen essen brachte Gemütsruhe (Plin. XVIII 123). Der Lorbeer war in hohem Grade zauberwehrend. Er verscheuchte Gespenster (Geop. XI 2, 5). Der Abergläubische des Theophrastos geht mit einem Lorbeerblatt im Mund (char. 16). Die Tauben brauchten ihn gegen bösen Blick (Ael. n. a. I 35). Sein Knistern brachte Glück (Ovid. fast. I 344. Prop. II 28, 36). Er wurde nie vom Blitz getroffen (Plin. II 196. XV 134), weshalb Tiberius einen Lorbeerkranz aufsetzte (Plin. XV 135) und man ihn unter das Brutstroh zum Schutz der Eier legte (Col. VIII 5, 12. Geop. XIV 11, 5), sowie auf den Weinfassdeckel (Geop. VII 11). Sich mit seinem Saft salben, schützte vor giftigen Tieren (Plin. XXIII 154). Steckte man seine Zweige in ein Kornfeld, so zogen sie den Rost auf sich (Plin. XVIII 161. Geop. V 33, 4). Ins Wasser gelegt, machte er es gesund (Geop. II 7, 3). Seine Blätter und seine Asche conservierten die Gerste (Geop. II 30, 1). Tollen Pferden gab man 9 Lorbeerbeeren und 21 Knoblauchkörner in Weisswein (Veget. V 42, 2). Endlich war auch ihn zum Zähnestochern zu brauchen den Pythagoreern verboten (Göttling a. a. O. 294 XX). Das Lungenkraut (consiligo) brauchte man bei krankem Vieh, indem man es mit der linken Hand vor Sonnenaufgang ausgrub und dem Tier in das mit kupferner Nadel durchstossene Ohr steckte. Dann verlor das Tier nur das Ohr (Col. VI 5, 3. 14, 1. VII 5, 14. 10, 7. Veget. IV 7, 13). Schafe wurden das ganze Jahr nicht räudig, wenn man sie vor der Schur drei Tage mit zubereitetem Lupinensaft wusch und dann im Meerwasser badete (Col. VII 4, 7. 8). Lupinenwasser vertrieb Flöhe (Pallad. I 35, 8). Wenn eine Feige ihre Früchte vorzeitig fallen liess, hängte man ein Bündel Lupinen in die Krone (Pallad. IV 10, 30). Die Luzerne (medica) muss nach dem Aussäen mit hölzernen Hacken mit Erde bedeckt werden; überhaupt darf dann kein Eisen mehr an die Stelle kommen (Col. II 10, 27). Die lychnis bannt Skorpionen (Diosk. m. m. III 105. Plin. XXI 171) und ist Amulett gegen weisse Flecken im Auge (Plin. ebenda). Die lysimachia, die nach Lysimachos benannt sein sollte, löste jeden Streit. Legte man sie auf das Joch von unverträglichen Zugtieren, so wurden sie friedlich (Plin. XXV 72).

Die Malve war den Pythagoreern heilig wegen ihres Zusammenhangs mit der Sonne; sie durfte [61] deshalb nicht gegessen werden (Göttling a. a. O. 312, 37. Lobeck Agl. 898). Sie half in höchster Not (Lobeck Agl. 903). Ihr Saft heilte alle Krankheiten (Plin. XX 224). Sich mit ihr einreiben schützte gegen giftige Insecten (Plin. XX 223). Ihr Blatt bannte den Skorpion (ebenda). Ihre Wurzel in schwarzer Wolle angebunden heilte kranke Brüste (Plin. XX 225). Ihr Saft erregte nach Xenokrates die Geilheit der Frauen, ebenso wie 3 ihrer Wurzeln angebunden (Plin. XX 227). Doch band man ihren Samen an den linken Arm gegen Pollution (ebenda). Kreissende bettete man auf ihre Blätter, so wurden sie rasch entbunden, doch gleich nachher mussten sie weggenommen werden (Plin. XX 226). Gleiche Kraft hatte die wilde Malve (althaea; Plin. XX 229). Fünf oder sieben Mandelbaum nüchtern essen, bewahrte vor Trunkenheit (Geop. VII 31, 1). Der Mandragoras (vgl. zu ihm Usener Rh. Mus. XXX 217ff.) musste dreimal mit einem Schwert umschrieben werden; wer ihn schnitt, musste nach Westen stehen, ein anderer ihn umtanzen und möglichst viel περὶ ἀφροδισίων reden (Theophr. h. pl. IX 8, 8; vgl. Plin. XXV 148). Er war hervorragend als φίλτρον (Ovid. fast. V 229ff. Theophr. h. pl. IX 9, 1 u. ö.) Die Wurzeln vom weissen und schwarzen Mangold (beta) hängte man an einem Band gegen Schlangenbisse um; der schwarze war aber besser (Plin. XX 69). Wenn man einen Mastixstock (lentiscus) umgekehrt neben einer Feige in den Boden steckte, so bekam sie keine Würmer (Col. V 10, 9; de arb. 20, 3. Plin. XVII 256). Pflückte man unreife Maulbeeren, wenn der Baum knospete, mit der linken Hand, so stillten sie jeden Blutfluss, wenn sie die Erde nicht berührt hatten (Plin. XXIII 137). Dasselbe that ein Maulbeerzweig mit unreifen Früchten, der die Erde nicht berührt hatte und bei Vollmond gepflückt war. Besonders Frauen banden ihn gegen überreiche Menstruation an den Arm (Plin. XXIII 138). Die Melde (chrysolachanum) so angebunden, dass der Kranke sie sehen kann, heilte Gelbsucht (Plin. XXVII 66). Die Melisse (melissophyllon) rieb man an die Stöcke, dann entflogen die Bienen nicht. Büschel davon (oder Besen? scopae) hielten die Schwärme bei einander (Plin. XXI 149). Die wilde Minze vertrieb Skorpionen (Plin. XX 145), die Katzenminze (nepeta) Schlangen (Plin. XX 158). Minze bei Kohl gepflanzt, schützte ihn vor Raupen (Pallad. I 35, 5). Die ἡδύοσμος vor dem Beischlaf der Frau untergelegt, verhinderte Empfängnis (Diosk. m. m. III 36). Biss ein Milzkranker im Garten Minthe ab und ass sie unter einem Zauberspruch 8 Tage lang, so genas er (Plin. XX 151). Fielen die Mispelfrüchte vorzeitig, so nahm man ein Stück von der Baumwurzel und bohrte es in den Stamm (Pallad. IV 10, 21). Die Mistel war gegen Feuer und Wasser gefeit (Plin. XIII 119). Am ersten Mondtag ohne Eisen von einer Eiche gepflückt heilte sie Epilepsie; trugen Frauen sie bei sich, so empfingen sie; gekaut und auf die Geschwüre gelegt, heilte sie sie rasch; sie durfte aber in keinem Fall die Erde berührt haben (Plin. XXIV 12). Das homerische moly sollte noch bei Pheneon und in Kyllene wachsen und [62] gegen Gifte und Zauber helfen (Theophr. h. pl. IX 15, 7). Die Myrte durften die Pythagoreer nicht zum Zähnestochern brauchen (Göttling a. a. O. 294 XX; sie ist Totenpflanze: Rohde Psyche 204, 2). Trug man auf langen Märschen von ihren Zweigen, so wurde man nicht müde (Plin. XV 124). Ringe aus Myrtenholz ohne Eisen halfen gegen geschwollene Schamteile (Plin. XV 124); ebendagegen half das Tragen eines Myrtenreises, an das weder Eisen noch Erde gekommen war (Plin. XXIII 168). Die Drosseln brauchten Myrten gegen den bösen Blick (Ael. n. a. I 35).

Mit natrix vertrieb man im Picenischen von den Frauen die Fatui (Nachtmaren Plin. XXVII 107). Die schwarze Nieswurz musste vor dem Graben umzogen werden: der Gräber stand nach Osten und betete; ausserdem gab er auf die Vogelzeichen acht, denn wenn ein Adler herbeiflog, musste er noch in dem Jahr sterben (Theophr. h. pl. IX 8, 8. Plin. XXV 50). Wo sie in der Nähe von Reben wuchs, gaben diese einen urinerregenden Wein (Theophr. h. pl. IX 10, 3), daher Cato 3 Bündel davon um die Reben legt, um ihn zu erzielen (de agr. 114. 115). Säet man ein wenig Getreide und Niesswurz um den Acker herum, so schädigen keine Vögel die Saat (Geop. II 18, 2). Wallnüsse, von einem nüchternen Menschen gekaut, aufzulegen, half gegen den Biss eines tollen Hundes (Plin. XXIII 149).

Die Ochsenzunge (pseudoanchusa) pflückte man mit der linken Hand unter einem Zauberspruch und band sie als Amulett gegen 3tägiges Fieber an (Plin. XXII 50 magi). Die Art ὀνοχειλές war Amulett gegen giftige Tiere, besonders Schlangen. Spie man ihren zerkauten Saft einem solchen Tier ins Maul, so starb es (Diosk. m. m. IV 24. Plin. XXII 52). Nahm man das Mark eines sprossenden buglosson unter einem Zauberspruch heraus und band es mit 7 Blättern an vor dem Anfall, so vertrieb es das Fieber (Plin. XXVI 116). Das ocimum (ein Futterkraut) durfte nur abgerissen, nicht geschnitten werden, sonst wuchs es nicht wieder (Cato de agr. 54). Für das Gartengewächs ocimum hatten die Skorpione grosse Vorliebe, nach africanischem A. musste man sterben, wenn man von einem Skorpion gebissen wurde und vorher ocimum gegessen hatte (Plin. XX 120). Rieb man ein Bündel davon mit 10 Krebsen, so kamen alle Skorpionen aus der Nähe dorthin zusammen (ebenda). Gekaut und in die Sonne gelegt erzeugte es Würmer (ebenda; nach Geop. XI 28, 3 Skorpionen), unter einen Stein gelegt Skorpionen (Plin. ebenda). Legte man unter die Schüssel eine vollständige Pflanze mit der Wurzel, so konnte kein Weib aus ihr essen, ehe sie entfernt wurde (Geop. XI 28, 3). Jedoch sein Wasser auf die Saat gesprengt, schützte vor Ungeziefer (Col. X 318ff.). Der Ölbaum war heilig: seine Früchte durften nur von keuschen und reinen Arbeitern gelesen werden (Pallad. I 6, 14. Geop. IX 2, 5). Man nahm Öl in den Mund und bespritzte damit die Früchte, dann thaten ihnen die Wespen nichts (Geop. IV 10). Wenn man die wilde Feige beschnitt und dann 7 Tage οἰνελαίῳ) besprengte, wurde sie zahm (Geop. X 49). Besondere Kraft schrieb man dem beim Ölpressen abfliessenden Schaum, der amurca, [63] zu. Sie hielt alle Insecten fern, daher man die Tenne mit ihr begoss (Cato de agr. 91. 129. Varro r. r. I 51, 1. Geop. II 26, 6), sie in den Verputz der Scheunen that (Cato de agr. 128. Varro r. r. I 57, 2. Col. II 19, 1. I 6, 12. 14. Geop. II 27, 7), und den Samen in sie legte, um so die Saat zu feien (Col. II 9, 11. X 351ff. Geop. II 18, 7). Mit amurca erhält man das Vieh gesund (Col. VI 2, 4). Verlor eine Feige ihre Früchte, so bestrich man den Stamm damit (Pallad. IV 10, 30). Zur Zeit der Plejaden goss man sie mit Wasser zu gleichen Teilen um die Feige, so behielt diese ihre Früchte (Geop. X 48, 4). Wenn man Oleanderzweige (ῥοδοδάφνη) in die 4 Ecken und die Mitte des Feldes steckt, so wächst das Unkraut ὀσπρολέων nicht (Geop. II 42, 1). Überschreitet eine Schwangere die Pflanze ὄνοσμα oder isst sie, so abortiert sie (Diosk. m. m. III 137. Plin. XXVII 110). Berührt eine Schwangere ihren Leib dreimal sacht mit ὀξυάκανθα, so abortiert sie (Diosk. m. m. I 122). Die grössere Wurzel der ὄρχις oder κυνὸς ὄρχις mussten die Männer essen, dann erzeugten sie Knaben; die kleinere die Frauen, um Mädchen zu gebären. In Thessalien tranken die Frauen sie frisch in Ziegenmilch zur Erregung der Geilheit; getrocknet hemmte sie diese (Diosk. m. m. ΙΙI 131. Plin. XXVI 95. XXVΙΙ 65).

Die paeonia oder glycyside musste man nachts graben; denn bei Tage hackte einem der Specht die Augen aus, und wer die Wurzel abschnitt, dem ἐκπίπτει ἡ ἕδρα (Theophr. h. pl. IX 8, 6. Plin. XXV 29 = XXVII 85). Ihre Körner halfen gegen den Alp (Diosk. m. m. III 147. Plin. XXV 29). Der Kern der Dattelpalme ist Amulett gegen bösen Blick (Plin. XIII 40). Wer einen Pappelzweig in der Hand hat, läuft sich nicht wund (Plin. XXIV 47). Weisspappelrinde mit Maultiernieren getrunken ist ἀτόκιον (Diosk. m. m. I 109). Gegen Fieber pflückte man mit der linken Hand parthenion unter einem Zauberspruch, ohne umzublicken, ein Blatt davon legte der Kranke unter die Zunge und spülte es mit Wasser hinunter (Plin. XXI 176). Die pastinaca vertrieb Schlangen (Plin. XX 29); ebenso die pastinaca erratica; wer diese bei sich trug oder von ihr gegessen hatte, wurde nicht gebissen (Plin. XX 31). Man grub sie vor Sonnenaufgang aus, wickelte sie in die naturfarbene Wolle eines Schafes, das ein Weibchen geworfen hatte, und band sie an gegen Drüsengeschwulst. Doch musste sie nach einigen mit Gold gegraben werden und durfte die Erde nicht berühren (Plin. XX 29). Das Pech benutzt die Hexe bei Ovidius zum Binden der üblen Nachrede (fast. II 577). Man bestrich damit an den Anthesterien die Thürpfosten zum Schutz gegen die Gespenster (Rohde Psyche 217). Die pesoluta untergelegt machte besonders Männer impotent (Plin. XXI 184). Der πευκέδανος vertreibt Schlangen (Diosk. m. m. III 82). Wirft man vorher Pfriemenkraut (ferula) in die Setzgrube, so wachsen die Mandelbäume rascher (Geop. X 57, 9). Gegen geschwollene Drüsen bei Schweinen spaltet man es und bindet es mit einem Leinenband so an, dass es die Drüsen berührt (Col. VII 10, 3). Epileptischen giebt man es vom 4ten bis 7ten Mondtag (Plin. XX 261). Vom φύλλον [64] unterschied man 2 Arten, ἀῤῥενογόνον und θηλυγόνον. Beide hatten die entsprechende Wirkung auf die Geburt (Diosk. m. m. III 130 = Plin. XXVII 125; vgl. Theophr. h. pl. IX 18, 5 = Plin. XXVI 162). Platanenblätter hängte man auf den Wegen gegen Fledermäuse auf (Geop. XIII 13). Die plistolochia über dem Herd aufgehängt, scheuchte die Schlangen aus dem Haus (Plin. XXV 101). Der Poley (puleium) vertrieb Schlangen (Plin. XXI 145). Nach Musaios und Hesiodos musste sich damit salben, wer nach Ehre und Ruhm strebte (Plin. ebenda). Band man ihn am Fundort sofort an, ohne dass er die Erde berührte, so heilte er die suffusio oculorum (Plin. XXI 147). Zwei Zweige davon auf die Ohren gelegt, bewahrten vor Sonnenstich (Plin. XX 152). Roch man vor dem Fieberanfall an einem in Wolle gewickelten Zweig oder legte man ihn ins Bett, so half das nach Xenokrates (Plin. XX 155). Ihn bei sich tragen, schützte gegen Wundlaufen (Plin. XXVI 91); wer ihn nüchtern sammelte und rückwärts anband, bekam keine Schmerzen in den inguina (Plin. ebenda). Die Wurzel des Portulak (porcillaca) trug ein Bekannter des Plinius gegen unerträgliche Zäpfchenschmerzen stets am Hals, ausser im Bade (Plin. XX 215). Wer sich mit ihm einrieb, litt das ganze Jahr nicht an Fluss (ebenda). Wer den wilden Portulak (ἀνδράχλη) trug, den stach kein Skorpion (Plin. XXV 163).

War eine Quitte krank, so blattete man sie ab und vergrub eine ungerade Zahl ihrer Früchte unter ihren Wurzeln. That man das jährlich, so war der Baum stets gesund, lebte aber nicht lange (Pallad. III 25, 23). Die Wurzel nahm man, nachdem man die Erde umschrieben hatte, mit der linken Hand heraus und sprach einen Spruch dazu, so heilte sie als Amulett Drüsengeschwulst (Plin. XXIII 103).

Drei Blätter der wilden Rauke (eruca) mit der linken Hand gepflückt und in gesüsstem Wasser getrunken, übten einen – nicht erhaltenen – Zauber (Plin. XX 126). Die Raute (ruta) war dem A. besonders lieb. Man säete sie unter Flüchen (Pallad. IV 9, 14). Noch besser war es, wenn man gestohlene Raute dazu nahm (ebenda). Vor der Berührung einer Frau in menstruis ging sie aus (Col. XI 3, 38. Pallad. IV 9, 14). Nicht einmal mit blosser Hand jäten durfte man sie, sonst bekam man Schwären (Col. XI 3, 38). Vor allem vertrieb sie Schlangen (Plin. XX 133) und wilde Tiere. Daher hängte man sie im Taubenschlag auf (gegen animalia inimica überhaupt; Pallad. I 24, 2. Geop. XIV 4). Gegen Katzen schützt man die Vögel, wenn man sie ihnen unter den Flügel bindet (Geop. XIII 6). So schützte man besonders die Hühner (Diosk. m. m. III 45. Geop. XIV 9, 6. 15). Zur Feige fühlte sie besondere Zuneigung: in ihrem Schatten gedieh sie üppiger (Pallad. IV 9, 14). Verlor eine Feige ihre Früchte, so hängte man einen Rautenzweig und einen Flusskrebs in ihrer Krone auf (Pallad. IV 10, 30). Bettnässer mussten 7 Tage geröstete Raute trinken (Diosk. m. m. III 45). Mit der Milch einer Frau, die einen Knaben geboren hatte, stellte sie die Sehschärfe wieder her (Plin. XX 135). Gegen Entzündung gebrauchte man die bei Ariminum wachsende Reseda, wobei man [65] dreimal einen Spruch sagte und ausspie (Plin. XXVII 131). Rettigsaft schützt vor Skorpionen (Plin. XX 25). Rohrlaub gebrauchte das Rebhuhn gegen Fascination (Ael. n. a. I 35). Rosen musste man unter Pfirsich- und Apfelbäume pflanzen, dann wurden die Früchte rot (Geop. X 15, 1. 19, 3). Rosenwurzel anbinden, heilte Skorpionenstich nach „Demokritos“ (Geop. XIII 9, 8). Das heilkräftige rodarum durfte von keinem Metall berührt werden. Welcher Kranke damit gesalbt war, spuckte 3mal nach rechts aus. Besonders gut half es, wenn man es sich von 3 Dienern verschiedener Nation einreiben liess (Plin. XXIV 172). Die Pflanze ῥοῦς in Purpurwolle angebunden, stillte Blutungen (Diosk. m. m. IV 43).

Das sacopenium nützt gegen Zauber (Plin. XX 197). Das satyrion wirkte, in der Hand gehalten, stimulierend auf den Geschlechtstrieb (Diosk. m. m. III 134. Plin. XXVI 98). Man glaubte von seiner Wurzel dasselbe, wie von der der orchis (Plin. XXVI 96f.; vgl. oben S. 63). Das Saubrot (cyclaminus) vertrieb allen bösen Zauber; daher hiess es auch amuletum (Plin. XXV 115). Auf eine zauberbrechende Wirkung spielt auch an Theokritos V 123. Seine Wurzel beschleunigte als Amulett die Entbindung (Theophr. h. pl. IX 9, 3. Diosk. m. m. II 193). Aber wenn eine Schwangere darüber schritt, so abortierte sie (Diosk. ebenda. Plin. XXV 115). Sie wurde auch zu Liebestränken gebraucht (Theophr. h. pl. IX 9, 3. Diosk. m. m. II 193). Der Schachtelhalm (equisetum) in einem neuen Topf auf 1/3 eingekocht und 3 Tage getrunken, nimmt den Läufern die Milz weg (Plin. XXVI 132). Wer von der Seerose trinkt, wird der Potenz auf 12 Tage beraubt (Plin. XXV 75). Neben der Rebwurzel soll man 3 Senfkörner vergraben, die dann den Schädling βροῦχος töten (Geop. XIII 2). Gegen angina gräbt man die Pflanze sideritis mit der linken Hand und einem Nagel aus und bindet sie an. Wird sie wieder gepflanzt, kommt auch die Krankheit wieder (Plin. XXVI 24). Sie stillte jede Blutung, auch ganz frische Wunden, sofort (Plin. XXVI 135). Den siler mieden die Schlangen; deshalb trugen die Bauern einen Stock aus seinem Holz (Plin. XXIV 73). Giebt nun einem Bock am Schlachttage silphium zu fressen, so stinkt sein Fleisch nicht (Plin. XXVIII 264). Trägt ein Apfelbaum saure Äpfel, so giesst man silphium mit Wein über seinen Wipfel (Col. arb. 23, 1. Pallad. IV 10, 3). Spargelwurzel als Amulett getragen, machte unfruchtbar (Diosk. II 151). Spart an den Pfirsich gebunden, heilte seine Krankheiten (Pallad. XII 7, 6). Die Gefässe, in die der Wein umgefüllt wird, muss man mit Spart reinigen, dann giebt es wenig Hefe (Geop. III 5, 9). Der Springwurz bedienten sich Specht und Wiedehopf, um einen Keil auszutreiben (Ael. n. a. I 45. III 26. Plin. X 40. XXV 14). Die Stabwurz (habrotonum) vertrieb Schlangen (Diosk. m. m. III 26). Unters Bett gelegt, stimulierte sie den Geschlechtstrieb; besonders half sie gegen „Nestelknüpfen“ (Plin. XXXI 162). Die Stechpalme (aquifolia) ins Haus oder Gehöft gepflanzt, hielt bösen Zauber ab (Plin. XXIV 116). Ein Wurfstock daraus traf nach „Pythagoras“ unfehlbar sein Ziel (ebenda). [66] Ein Kranz aus einer ungeraden Zahl Blätter der Stechwinde (milax) heilte Kopfweh (Plin. XXIV 82). Den Saft einer andern Art gab man Kindern ein, um sie für ihr Leben gegen venena zu feien (Plin. XXIV 83). Die Sternblume mit der linken Hand gepflückt und am Gürtel angebunden, heilte die inguina (Plin. XXVII 36). Der Sturmhut (aconitum) bannte Skorpionen, aber weisse Nieswurz hob den Bann wieder auf (Diosk. m. m. IV 77. Plin. XXVII 6; vgl. XXV 122). Styrax vertreibt Schlangen (Plin. XII 81).

Die Tamariske galt als Unglücksbaum (Plin. XXIV 68; vgl. XVI 108). Frassen die Schweine aus Trögen von Tamariskenholz, so verloren sie die Milz (Plin. XXIV 67). Ein Zweig davon, an den weder Erde noch Eisen gekommen war, unter dem Hemd getragen, half gegen Leibweh (Plin. XXIV 68). Die Asche der Art brya mit Ochsenurin gemischt, machte impotent; nach den magi auch mit dem Harn eines Eunuchen (Plin XXIV 72). Die Pflanze τηλέφιλον diente zu Liebesorakeln, indem man sie am Arm zerklatschte (Theokr. III 28f.; vgl. Robert Arch. Zeit. XXXVII 83). Ein Terebinthenzweig umgekehrt in die Setzgrube gestellt, schützte die Feige vor Würmern (Pallad. IV 10, 29). Salbte man die Hörner der Rinder mit Öl, in dem Terebinthen gekocht waren, so wurden sie bei der Arbeit nicht müde (Geop. XVII 9). Frassen die Schweine teucrion, so verloren sie die Milz (Plin. XXV 46). Das thelyphonon tötete Skorpionen, die aber durch weisse Nieswurz wieder belebt wurden (Theophr. h. pl. IX 18, 2. Plin. XXV 122). Die theronarca bannt alle wilden Tiere (Plin. XXV 113). Das thlaspi muss mit einer Hand unter einem Zauberspruch gepflückt werden (Plin. XXVII 140). Die triorchis = κενταυρίς wird von dem gleichnamigen Habicht bewacht, vor dem sich der Kräutersammler in acht nehmen muss (Theophr. IX 8, 7). Wer sie schneidet, verwundet sich meist (Plin. XXV 69; vgl. Mannhardt Feldk. I 34ff.).

Will man die Ulme als Hauspfosten brauchen, so muss man sie umgekehrt aufstellen (Plin. XVI 210). Einen Maulbeerzweig auf eine Ulme zu pfropfen, bringt grosses Unglück (Pallad. III 25, 30). Die virga sanguinea galt als Unglücksbaum (Plin. XXIV 73).

Wachholder vertreibt Schlangen (Plin. XXIV 54). Gegen 3tägiges Fieber kochte man 3 Wurzeln des Wegerichs (plantago) in 3 cyathi Wasser, gegen 4tägiges vier in vier (Plin. XXVI 115; vgl. XXV 174, XXVI 24). Die Weide macht unfruchtbar (Diosk. m. m. I 135. Ael. n. a. IV 23. Plin. XVI 110). Bei Reben gepflanzt, beeinträchtigt sie den Geschmack des Weins (Col. V 7, 1). Der Wein war sehr zauberbrechend. Die Hexe des Ovidius benutzt ihn gegen die inimica ora (fast. II 579). Den Samen mit Wein besprengen, schützt ihn gegen Krankheit und Insecten (Plin. XVIII 157. Geop. II 18, 6). Den Weinberg selbst schützte man dagegen, wenn man Reben verbrannte, die Asche mit Rebenharz (δάκρυον) und Wein in seiner Mitte vergrub (Geop. V 30, 4). Nach Apuleius schützte dagegen, wenn man beim Untergang der Leyer (22. Nov.–12. Febr.) eine gemalte Traube im [67] Weinberg weihte (Geop. I 14, 10. Plin. XVIII 294 aus Varro). Gab man den Hühnern im Futter Rebblüte, so pickten sie nicht an den Trauben (Plin. XXIII 12). Maultiere, die Wein getrunken hatten, schlugen nicht aus (Plin. XXX 149). Den Saft, der nach dem Schnitt aus den Reben floss, goss man einem Trunkenbold ohne sein Wissen in den Wein, dann wurde er geheilt (Geop. VII 32). Der Essig half gegen alle giftigen Tiere. Ein von einer aspis gebissener Mann fühlte den Schmerz erst, als er den Essigschlauch, den er getragen hatte, ablegte (Plin. XXIII 55f.). Die wilde Rebe (labrusca) brauchte man als Amulett (Plin. XXIII 20). Der Weissdorn vertrieb jeden bösen Zauber (Ovid. fast. VI 129. Diosk. m. m. I 119), daher auch Gespenster (man kaute ihn deshalb morgens an den Anthesterien, Rohde Psyche 217) und die Strigen (Ovid. fast. VI 165); und als Amulett die giftigen Tiere (Diosk. m. m. III 12). Nach Demokritos sollte man seine Wurzel bei Frühlingsanbruch 14 Tage lang ins Trinkwasser der Rinder legen (Geop. XVII 14, 3; vgl Garg. Mart. 10). Ein Kranz aus Weissdorn half gegen Kopfschmerzen (Plin. XXIV 108). Der Weih brauchte ihn gegen bösen Blick (Ael. n. a. I 35). Wer sich Wermut (absinthium) ans Gesäss steckt, läuft sich nicht wund (Schol. Aristoph. Equit. 1578. Cato de agr. 159. Plin. XXVI 91). Einem Kranken unbewusst unter den Kopf gelegt, bringt er Schlaf (Plin XXVII 52). Ein Granatapfelbaum trug nach Gargilius reichlich, wenn man seinen Stamm vor dem Knospen mit Wolfsmilchsaft (tithymallus) und Portulak zu gleichen Teilen bestrich (Pallad. IV 10, 6). Wer sie sammelte, schärfte dadurch seine Augen (Plin. XXV 78 euphorbia). So viel Tropfen ihres Saftes man auf eine Feige tröpfelte, so oft purgierte man (Plin. XXVI 63 tithymallus). Wer das Mark ihrer Zweige trug, wurde ad venerem pronior. Theophrastos sollte darüber Unglaubliches erzählt haben (Plin. XXVI 99). Eine Wünschelrute kannten auch die Alten (Otto Sprichw. 1907); welche Pflanze es war, wissen wir nicht.

Die Zaunrübe (vitis alba, bryonia) brach Zauber; daher wollte „Tarchon“ die Umzäunung des Gartens aus ihr gemacht wissen, gegen Blitz und Unwetter (Col. X 346f.). Pflanzte man sie um das Gehöft, so kamen keine Habichte in ihren Bereich (Plin. XXIII 28). Die Meerzwiebel (σκίλλη, scilla) schützte auch gegen Zauber. Deshalb brachte man sie an der Thür an (Diosk. m. m. II 202. Plin. XX 101 aus „Pythagoras“). Darauf spielt auch Theokritos V 121 an. Im Garten gesäet oder aufgehängt, hielt sie die Raupen ab (Pallad. I 35, 3). Sprangen die Granatäpfel am Baum auf, so pflanzte man Meerzwiebel um ihn (Col. V 10, 16; arb. 23, 2. Geop. X 30). Um Apfelbäume pflanzt man sie, dann fressen keine Würmer an den Äpfeln (Geop. X 18, 2). Feigenstecklinge steckte man in Meerzwiebeln, dann wuchsen sie besser und bekamen keine Würmer (Plin. XVII 87. Pallad. IV 10, 25. Geop. X 46). Überhaupt gedieh alles so Gesteckte besser (Pallad. III 29, 2). Gegen Flechten an den Feigen pflanzte man sie an deren Wurzeln (Geop. X 50). Bei Frühjahrsanfang legte man sie dem Vieh 14 Tage ins [68] Trinkwasser (Garg. Mart. 10. Geop. XVII 14, 3 aus „Demokritos“). Vom 13. Februar an giebt man ihm 15 Tage einen Trunk aus Meerzwiebeln, Pappeln und Salz zu saufen, so bleibt es das ganze Jahr gesund (Veget. IV 2, 5). Oder man gibt 3 Tage lang je 3 heminae eines Trankes aus squilla, Zaunrübe und serpyllum (Veget. IV 2, 10). Hängt man dem Leithammel Scilla um, so fallen keine Wölfe in die Herde (Geop. XVIII 17, 8); denn ihre Blätter bannen den Wolf (Ael. n. a. I 36).

VI. Tiere.

Der Adler wird nicht vom Blitz getroffen (Plin. II 146), als armiger Iovis (Plin. X 15). Sein Erscheinen war glückverheissend (Schwarz Menschen und Tiere im A. Celler Progr. 1888, 30ff.); daher die römischen Legionen ihr Winterquartier nur nahmen, wo ein Adlerpaar war (Plin. X 16 ?). Seine Federn, unter andere Vogelfedern gelegt, verdarben diese (Ael. n. a. IX 2. Plin. X 15). Der rechte Flügel in der Mitte eines Ackers vergraben, wehrte den Hagel ab (Geop. I 14, 2). Der Magen des Seeadlers (ossifragus) war Amulett gegen alle Darmleiden (Plin. XXX 63). Der „Angang“ des Affen galt als sehr ungünstig (Schwarz a. O. 40). Von Ameisen gegrabene Erde legte man auf geschwollene Drüsen und wusch sie 3 Tage nicht ab; das half auf ein Jahr (Plin. XXX 39). Sie half auch dem Vieh gegen Schlangenbiss (Veget. V 78, 1). Gegen Brustbeklemmungen nahm man 3 mal 7 Asseln in Honig ein (Plin. XXX 47).

Der Bär hauchte seine Beute an und schützte sie so vor den andern Tieren (Plin. XI 277). Die Weinstöcke bestrich man mit Bärenfett gegen Ungeziefer (Geop. V 30, 1), oder man salbte damit die beim Beschneiden verwandten Sicheln (Pallad. I 35, 2. Geop. V 30, 1). Auch sein Blut konnte man dazu brauchen (Col. arb. 15. Plin. XVII 265). Der Wirbelknochen des Barsches war Amulett gegen Fieber (Plin. XXXII 116). Der Seebarsch (lupus marinus) war Schwangern sehr gefährlich. Sie konnten beim Anblick eines Weibchens abortieren. Zum Schutz trug man das Männchen gesalzen im Armring (Plin. XXXII 8). Rieb man die Sichel, mit der die Reben beschnitten wurden, mit Biberfett, so litten die Stöcke nicht von Insecten (Col. arb 15. Plin. XVII 265). Überschritt eine Schwangere einen Biber oder auch nur sein Geil, so abortierte sie. Selbst hinübergetragen zu werden war gefährlich (Plin. XXXII 133f.). Die Bienen, als Trägerinnen des Himmelstaues heilig, verlangten auch keusche und reine Wärter (Pallad. I 37, 4. IV 15, 4). Tote Bienen konnten wieder belebt werden, wenn man sie in der Frühlingssonne und in lauer Feigenasche wärmte (Plin XI 69).

Wer sich einmal im Jahr mit dem Gehirn des Fisches canicula den Mund spülte, bekam kein Zahnweh (Plin. XXXII 79). Der Zahn des Fisches verhütete, Kindern angebunden, plötzliches Zusammenschrecken (Plin. XXXII 137). Die Käferchen aus Rosen (cantharides) an die Sichel gerieben, verhüteten, dass die Reben von schädlichen Tieren litten (Pallad. I 35, 4. Geop. V 30, 2). Die cantharides, die den Reben schadeten, zerdrückte man am Wetzstein der [69] Sicheln, dann thaten sie es nicht (Pallad. I 35, 6. Geop. V 49, 1). Der (gelbe) Vogel χαραδριός heilte durch seinen Blick die Gelbsucht (Ael. n. a. XVII 13. Plut qu. conv. V 7, 2). Gegen Ameisen hängte man am Feigenbaum den Fisch coracinus auf (Pallad. IV 10, 29).

Mit dem Zahn eines Delphins bestrich man das Zahnfleisch der Kinder, so blieb es gesund und sie zahnten leicht (Plin. XXXII 137). Als Amulett schützte er gegen plötzliches Zusammenschrecken (Plin. ebenda). Der Fisch draco marinus half gegen die Wunde seines eigenen Stachels (Diosk. m. m. II 15). Mit seinem Knochen in den Zähnen stochern half gegen Zahnschmerz (Plin. XXXII 79).

Die ἐχενηΐς hielt Schiffe unbeweglich fest (Plin. XXXII 2). Sie wurde zu Liebestränken gebraucht und brachte im Process Glück (Arist. h. a. II 60 [interpoliert]. Ael. n. a. II 17. Plin. IX 79). Sie verhinderte auch zu frühe Geburt (Plin. IX 79. XXXII 2); doch erleichterte sie gerade nach andern die Entbindung (Plin. XXXII 6). Nach Trebius Niger zog sie Gold, das in einen Brunnen gefallen war, wieder empor (Plin. IX 80). Der Elephant zog durch seinen Hauch die Schlangen aus den Höhlen (Plin. XI 279). Mit seinem Zahn (κέρας) bestreute man den Samen, um ihn gegen Schaden zu sichern (Geop. II 18, 5). Die Eidechse gehörte zu den φίλτρα (Theokrit. II 58). Mit der Galle der lacerta viridis bestrich man die Krone der Apfelbäume, so thaten die Raupen keinen Schaden und die Äpfel faulten nicht (Plin. XVII 266. Pallad. III 25, 15). Die Hufe der Tiere härtete ein Aufguss von einem Mittel, zu dem in einem neuen Topf eine grüne Eidechse zerkocht wurde (Veget. III 58, 3f.). Gegen geschwollene Drüsen band man eine solche Eidechse an, die nach je 30 Tagen durch eine andere ersetzt werden musste. Andere hoben gegen dies Leiden Eidechsenherz in einem silbernen Büchschen auf (Plin. XXX 36). Gegen Milzsucht hängte man eine lebende Eidechse in einem Topf vor dem Schlafzimmer des Kranken auf, den er beim Aus- und Eintritt mit der Hand berühren musste (Plin. XXX 52). Mit Eidechsenblut bestrich man den Kindern die Beine, so bekamen sie keine Krampfadern. Aber beide mussten nüchtern sein (Plin. XXX 76). Gegen 3tägiges Fieber band man eine lebende Eidechse in einem kleinen Gefäss an. Das vertrieb sogar Rückfälle (Plin. XXX 104). Bruchleidende liess man im Schlaf von einer Eidechse beissen. Dann hängte man diese in Schilf gebunden in den Rauch. Wie das Tier abnahm, nahm auch die Krankheit ab (Plin. XXX 135). Bei Leibschneiden und Ruhr legte man sich eine Ente auf den Leib. In diese ging die Krankheit über, und sie starb (Plin. XXX 61). Rindvieh und Pferde wurden von Leib- und Eingeweideschmerzen schon durch ihren blossen Anblick befreit; auch andere Schwimmvögel halfen zur Not (Col. VI 7, 1. Veget. IV 4, 6). Der Schädel einer Eselin, die schon besprungen war, im Garten angenagelt, machte ihn fruchtbar (Geop. XII 6). Der abgehäutete Kopf eines Esels wurde nach Tages zum Schutz der Flur gegen Unwetter am Feldrain angebracht (Col. X 344f.). Sich in Eselsmilch baden macht [70] schön, besonders 700 mal (Plin. XXVIII 183). Wo man Eselslunge anzündet, fliehen alle giftigen Tiere (Plin. XXVIII 155). Kinder, die man mit einem Eselsfell zudeckt, werden unerschrocken (Plin. XXVIII 258). Seine rechte Hode in einem Armband getragen stimulat coitum (Plin. XXVIII 261). Gekochte Eselsleber nüchtern gegessen, half den Epileptischen (Diosk. m. m. II 42); sie bewahrt überhaupt vor Epilepsie, wenn man sie mit panaces 40 Tage in den Mund träufelt (Plin. XXVIII 258). Die Fruchthülle einer Eselin, besonders wenn sie einen Hengst geworfen hatte, heilte Epilepsie (Plin. XXVIII 225); ferner sollte helfen das Herz eines schwarzen Eselhengstes, wenn man es bei Tage mit Brot prima aut secunda luna ass (Plin. ebenda). War jemand von einem Skorpion gebissen, so sollte er sich nach Demokritos verkehrt auf einen Esel setzen, der bekam dann die Schmerzen (Geop. XIII 9, 5). Der Esel kann nicht mehr brüllen, wenn man ihm einen Stein an den Schwanz bindet (Ael. n. a. IX 55). Die Eule war im allgemeinen ein Unglücksvogel; nur den Athenern bedeutete der Flug des Minervenvogels Glück (die Stellen s. bei Schwarz 23ff.; vgl. auch Otto Sprichw. 1349. 1815). Ihr Ruf bedeutete auf alle Fälle Unglück, war ein letale carmen. Doch liess sich die Vorbedeutung wenigstens des Fluges abwenden. Die Griechen sagten dann: Ἀθηνᾶ κρείττων, die Römer nagelten die Eule vor der Hausthür an (Apul. Metam. III 23; von Col. X 349f. wird diese Vorschrift auf „Melampus“ d. h. auf eine griechische Quelle zurückgeführt). Auch gegen Hagel schützte sie, mit ausgebreiteten Flügeln angenagelt (Pallad. I 35, 1). Hatten die Ameisen ihr Eingangsloch im Garten selbst, so legte man das Herz einer Nachteule daran, um sie zu vertreiben (Pallad. I 35, 2). Der Uhu brachte stets Unglück; er galt als Totenvogel (Plin. X 34; vgl. Schwarz 25f.).

Trug man eine lebende Fledermaus 3 mal um das Haus und nagelte sie köpflings am Fenster an, so wehrte sie alle Behexung ab, besonders von den Schafställen (Plin. XXIX 83 magi; aber beachte die Allitteration!). Man band sie auf dem Felde an hohe Bäume, dann zogen die Heuschrecken ohne zu schaden vorbei (Geop. XIII 1, 4). Gegen Blutgeschwüre sollte man eine ungerade Zahl Fliegen digito medico zerreiben (Plin. XXX 108). Ein gewisser Mucianus trug gegen Triefaugen eine lebende Fliege in einem weissen leinenen Beutel (Plin. XXVIII 29). Schnitzel von Flusspferdhaut an die einzelnen Grenzsteine gelegt, hielten Hagelschaden ab (Geop. I 14, 12); seine Haut, im Felde vergraben, verhütete Blitzschlag (Geop. I 16). Wenn man die Sicheln für die Weinstöcke mit Froschblut einrieb, hielt man Ungeziefer und Frostschaden fern (Geop. V 30, 3). Wer einem Hund einen gekochten Frosch zum Fressen gab, dem lief er treu nach (Varro r. r. II 9, 6 aus Saserna). Gab jemand einem Hund einen lebenden Frosch in einem Mehlkloss, so wurde er nicht angebellt (Plin. XXXII 140 nach Salpe). Triefäugige hängten das entsprechende Auge eines Frosches in einem naturfarbenen Lappen um den Hals; geschah es zur Neumondszeit, und nahm [71] man statt des Lappens eine Eierschale, so heilte dies Mittel auch die weissen Flecken im Auge (Plin. XXXII 74). Wer Husten hatte, spuckte einem Baumfrosch in den Mund, und liess ihn frei (Plin. XXXII 92). Man kochte einen Frosch auf einem Kreuzweg in Öl und salbte sich mit diesem gegen 4tägiges Fieber (Plin. XXXII 113). Oder man erstickte ihn in Öl, band ihn unbeschrieen an und rieb ausserdem das Öl ein (Plin. XXXII 114). Ihr Herz als Amulett getragen, und das Öl, in dem sie gekocht waren, minderte zum wenigsten den Fieberfrost (ebenda). Wasserfrösche ohne die Zehen angebunden, heilten 4tägiges Fieber (ebenda). Sonnenstichkranken Kindern machte man den Kopf mit einem Schwamm feucht und band einen Frosch umgekehrt darauf (Plin. XXXII 138). Der Angang des Fuchses bringt Unglück (Keller Tiere des class. Altert. 181). Gegen den Fuchs gab man den Hühnern dessen getrocknete Leber zu fressen, oder band den Hähnen vor dem Treten ein Stückchen Fuchsfell um den Hals (Plin. XXVIII 265). Einen Fuchspenis umzubinden half gegen Kopfweh (Plin. XXVIII 166). Um sich vor Triefaugen zu schützen, trug man Fuchszunge im Armband (Plin. XXVIII 172).

Die Geier wissen 3 Tage vorher, wo Leichen sein werden (Plin. X 19). Daher bringt ihr Erscheinen den Heeren Unglück (Schwarz 29). Er lebt in Feindschaft mit der Schlange (Plin. XXIX 77); der Rauch seiner Federn zieht die Schlangen aus ihren Höhlen (Ael. n. a. I 45; vgl. Plin. XXIX 77). Die Grille war bei den Magiern und bei Nigidius sehr angesehen, weil sie rückwärts geht, in die Erde bohrt, stridat noctibus, d. h. sie stand in Zusammenhang mit den Gespenstern, denen das stridere vor andern zukommt (Plin. XXIX 138). Sie heilte die Rose (Plin. XXX 106; vgl. oben S. 50).

Der Habichtschrei schadete den Bruteiern (Plin. X 152). Der Angang des Hasen brachte Unglück (Schwarz 40). Der Genuss seines Fleisches machte, wie das Volk sagte, für 9 Tage schön (Plin. XXVIII 260. Otto Sprichw. 942). Nach Cato half er gegen Schlaflosigkeit (Plin. ebenda). Sein Lab, 3 Tage nach der Menstruation getrunken, war ἀτόκιον (Diosk. m. m. II 21). Wer sich damit einrieb, den bissen die Schlangen nicht (Plin. XXVIII 154). Einem lebenden Hasen musste man den Fuss abschneiden und ihn immer bei sich tragen: das milderte Podagra (Plin. XXVIII 220). Ass eine Frau Hoden, Gebärmutter oder Lab eines Hasen, so empfing sie Knaben (Plin. XXVIII 248). Der Genuss seines Foetus stellte die verlorene Fruchtbarkeit dauernd wieder her (ebenda). Wer den Kot oder die Haare eines Hasen bei sich trug, den bellten die Hunde nicht an (Plin. XXX 147). Die Heuschrecke hatte etwas Zauberhaftes an sich (Lobeck Agl. 972). Aber sie brach auch den Zauber des bösen Blicks, weshalb Peisistratos eine eherne Heuschrecke auf der Akropolis aufstellte (Lobeck Agl. 970). Heuschreckenschwärme vertrieb man, wenn man ein paar Tiere auf dem Felde verbrannte (Pallad. I 35, 12. Geop. XIII 1, 5; vgl. 10, 1; Justification in Zauber übergegangen!). Oder man kochte eine Brühe aus ihnen, mit der man Gruben im Feld bestrich: dann setzten sich [72] die andern hinein und verfielen in einen Zauberschlaf (Geop. XIII 1, 7). Der Hirsch hatte ganz besondere Kraft gegen die Schlangen. Sein Atem zwang sie aus ihren Löchern hervor (Plin. VIII 118. XI 279. Ael. n. a. II 9. Geop. XIX 5, 3). Hirschhorn geräuchert verjagte sie (Varro r. r. III 9, 14. Diosk. m. m. II 63. Col. VII 4, 6. VIII 5, 18. Plin. VIII 118. X 195. Ael. n. a. II 9. IX 20; vgl. Keller Tiere des class. Altert. 88). Man legte sich deshalb auf sein Fell (Plin. XXVIII 149). Wer sein Lab trank, war vor ihrem Biss sicher (Plin. XXVIII 150); es nur berühren, schützte wenigstens diesen Tag (ebenda). Man trug seinen Zahn bei sich (ebenda). Verbrannte man die Knochen vom obern Kehlende, so kamen alle Schlangen dorthin (XXVIII 149, wegen seines Atems). Man rieb sich gegen alle giftigen Tiere mit Hirschmark ein (Diosk. m. m. II 95). Mit Hirschhorn beräucherte man die Wunde, wenn ein Stück Vieh gebissen war (Veget. V 76, 3). Umgebunden schützte es die Pferde und Rinder vor jeder Krankheit (Geop. XVI 1, 17. XVI 3, 6). Mit geriebenem Hirschhorn bestreute man den Samen; das schützte die Saat vor Schaden (Geop. II 18, 5). Hirschfüsse (und Hasenfüsse) am Kopfende des Bettes befestigt, schützten vor Wanzen (Geop. XIII 14, 9 „Demokritos“). Fleisch von einem Hirsch, der uno vulnere getötet war, heilte das Fieber (Plin. VIII 119). Der unzeitige Ruf der Hähne bedeutete Unglück (Plin. X 49; widernatürlich). Ebenso das Krähen der Henne (Schwarz 28). In einem solchen Haus stand der Mann unter dem Pantoffel (Schwarz, ebenda). Zu Kreissenden brachte man einen Hahn, um die Entbindung zu erleichtern; denn er hatte der Leto in ihren Wehen beigestanden (Ael. n. a. IV 29). Weil sich der Löwe vor dem Hahn fürchtete, vertrieb man den ὀσπρολέων, indem eine mannbare Jungfrau ganz nackt mit einem Hahn in den Händen den Acker umging (Geop. II 42, 3 „Demokritos“; so die lateinische Übersetzung; im griechischen Text nur Umgang eines τίς); oder man besprengte den Samen mit Hahnenblut (Geop. II 42, 4). Man zerkochte einen lebenden weissen Hahn in Wasser und bewahrte sein Fleisch gegen alle Pferdekrankheiten auf (Veget. I 18, 17). Hatte das Vieh Hühnermist gefressen, so gab man ihm einen frischen Hühnermagen ein (Veget. V 84, 4). Gegen Gelbsucht spülte man die Beine einer gelbfüssigen Henne erst mit Wasser, dann mit Wein ab und trank diesen (Plin. XXX 93). Ass eine Frau gleich nach der Empfängnis Hahnshoden, so gebar sie einen Knaben (Plin. XXX 123). Will man mehr Hähne als Hennen erbrütet wissen, so muss man lange, spitze Eier unterlegen; umgekehrt kurze runde (Col. VIII 5, 11. Aristoteles verlegt das vom Männchen herrührende Princip an die Spitze des Eis: περὶ ζώων γεν. III 27). Man beräuchert das von giftigen Tieren gebissene Vieh mit Eierschale (Veget. V 76, 3). Hunde sind geistersichtig (Schwarz 48; füge hinzu Tibull. I 5, 56. Theokrit. II 12. Burmanni adnot. ad Ovid. fast. V 429f.), besonders ein weiblicher Hund aus dem ersten Wurf (Plin. VIII 151). Ihr Heulen und ihr Angang bedeutet Unglück (Schwarz 47f.). Selbst der Stein, den ein Hund gebissen hatte, brachte, in [73] den Wein gelegt, Zank unter die Trinker (Ael. n. a. I 38; vgl. Plin. XXIX 102). Wer von einem tollen Hund gebissen war, ass seine Leber (Diosk. m. m. II 49. Veget. V 83, 1). Der Zahn eines solchen Hundes, in seiner Blase an den Arm gebunden, schützte vor Tollwut (Diosk. m. m. II 49). Wer sein Wasser abschlägt, wo ein Hund geharnt hat, bekommt torpor der Lenden (Plin. XXIX 102) und wird impotent (Plin. XXX 143). Eine Pflanze hingegen, die er beharnt hatte, ohne Eisen gepflückt, heilte rasch Verrenkungen (Plin. XXIV 171). Wer ein Hundsherz bei sich hat, den fliehen die Hunde (Plin. XXIX 99). Wer eine Hundszunge unter der grossen Zehe im Schuh hat, den bellen sie nicht an (Plin. XXIX 99); und ebenso den, der die Haut einer Hundsnachgeburt bei sich hat (Plin. XXX 147). Wer eine Hundszunge gegessen hat, redet wahr (Petron. 43; oder ist die Pflanze [Diosk. m. m. IV 127] gemeint?). Ein Riemen aus Hundsfell, 3 mal um den Hals gelegt, schützt gegen Beklemmungen (Plin. XXX 35). Um irgend einen Finger wickelte man ein Stück Hundsfell gegen Katarrh (Plin. XXX 46). Die frische Milz eines lebenden Hundes band man auf den Leib oder ass sie gegen Milzschmerzen (Plin. XXX 51). Die Galle eines schwarzen Hundes geräuchert schützt das Haus vor Zauber (Plin. XXX 82), ebenso Hundsblut an die Wände gesprengt und sein penis unter der Schwelle vergraben (ebenda; weil der Hund geistersichtig?). Geschwollene Hoden bei Pferden wusch man mit Hundsgalle (Veget. V 7, 1). Mit der Nachgeburtshaut eines Hundes berührte man die Lenden der Kreissenden, um die Geburt zu erleichtern; doch durfte sie die Erde nicht berührt haben (Plin. XXX 123). Knochen aus seinem Kot band man Kindern gegen Sonnenstich an (Plin. XXX 135). Auf der Zunge des Hundes befindet sich ein Wurm, den man jungen Hunden ausschneidet, damit sie nicht toll werden. Trägt man ihn 3 mal um das Feuer, und giebt ihn den Gebissenen, so schadet der Biss nichts (Plin. XXIX 100). Die Hundslaus aus seinem linken Ohr beruhigt angebunden jeden Schmerz (Plin. XXX 83). Eingeweideschmerzen überträgt man auf einen saugenden Hund, indem man ihn auf die Stelle legt (Plin. XXX 42). Ebenso auf ein Malteserhündchen bei Magenschmerz (ebenda 43). Verborgene Eingeweidekrankheiten erkennt man, wenn man einen blinden Hund 3 Tage auflegt und aus dem Mund des Kranken Milch saugen lässt. Er stirbt dann und bei der Section zeigt sich der Sitz des Übels (Plin. XXX 64). Einen lebenden saugenden Hund zerkocht man in Wasser und bewahrt sein Fleisch gegen Pferdekrankheiten auf (Veget. I 18, 16). Von der Hyäne glaubte man, sie wechsle jedes Jahr ihr Geschlecht, was schon Aristoteles (περὶ ζώων γεν. III 68) bekämpft hatte (Plin. VIII 105). Hunde, auf die ihr Schatten fiel, verstummten (Plin. VIII 106). Was sie 3 mal ansah, blieb gebannt stehen (ebenda). Trug man ein Hyänenfell um die Flur und hängte es am Hofthor auf, so fiel kein Hagel (Pallad. I 35, 14. Geop. I 14, 5). Das Mass, mit dem das Saatkorn gemessen wurde, umkleidete man mit ihrem Fell, so gedieh die Saat (Col. II 9, 9. Geop. II 18, 8).

Der gelbe Vogel icteros, den Plinius für den [74] römischen galgulus hielt, heilte durch seinen Anblick die Gelbsucht; er starb aber davon (Plin. XXX 94).

Mäuse hielt man vom Feld ab, wenn man den Samen mit Katzenasche bestreute; doch der Katzengeruch blieb noch im Brot (Plin. XVIII 160). Die Krähe galt im allgemeinen als Unglücksvogel; doch konnte man – wenigstens in Phrygien – das Unheil abwehren, wenn man einen Stein nach ihr warf (Schwarz 35f.). Ihr Fleisch essen und sich mit ihrem Nest einreiben, war in langer Krankheit sehr nützlich (Plin. XXX 103). Wer die Flügel- und Schenkelsehnen eines Kranichs bei sich hatte, wurde bei keiner Arbeit müde (Plin. XXX 149). Krebse brauchte der Reiher gegen den bösen Blick (Ael. n. a. I 35). Man legte sie 8 Tage in Wasser und besprengte damit den Samen, um die Vögel von der Saat fern zu halten (Geop. II 18, 3). Drei Stück mit Rinder- und Ziegenmist und Spreu verbrannt, schützten gegen Rost (Geop. V 33, 2). Gegen Raupen hängte man einen Flusskrebs im Garten auf (Plin. XIX 180) oder nagelte an verschiedenen Stellen einige an (Pallad. I 35, 3). Man legte nach „Demokritos“ viele Flusskrebse oder nicht weniger als 10 Seekrebse (παγούρους) in Wasser, stellte den verschlossenen irdenen Topf ins Freie und besprengte damit nach 10 Tagen alle 8 Tage oder einen um den andern die Saaten, bis sie herangewachsen waren: so thaten keine Tiere der Saat Schaden (Pallad. I 35, 7. Geop. V 50. X 89). Gab man den Schweinen 9 Flusskrebse zu fressen, so blieben sie gesund (Geop. XIX 7, 1). Verbrannte man im Weingarten 3 lebende Krebse, so verbrannten die Knospen nicht von der Hitze (Plin. XVIII 293; dieser Schaden hiess carbunculus). Gegen Carbunkel und Krebsschaden an den weiblichen Geschlechtsteilen stiess man einen weiblichen Krebs mit feinem Salz nach dem Vollmond und rieb das mit Wasser ein (Plin. XXXII 134). Gegen quartana kochte man Flusskrebse und rieb sich vor dem Anfall damit ein; oder man kochte sie auf 1/4 ein und trank sie nach dem Bade; oder man schluckte ihr linkes Auge hinunter; oder man band die Augen eines lebendig entlassenen Krebses um (Plin. XXXII 115). Gegen Triefäugigkeit hängte man Krebsaugen um den Hals (Plin. XXXII 74). Die Haare von den Nüstern des κριὸς θαλάσσιος (eines grossen Meertiers) „sind zu vielen Dingen gut“ (Ael. n. a. XV 2). Gegen Hagel trug man Krokodilshaut um die Flur und hängte sie am Hofthor auf (Pallad. I 35, 14. Geop. I 14, 5). Die Kröte wurde im Zauber gebraucht (Prop. III 6, 25). Ihr Anhauch machte zeitweilig blass (Ael. n. a. XVII 12). Getreide sollte man einfahren, nachdem man an der Oberschwelle der Scheune eine Kröte an einem Hinterfuss aufgehängt hatte (Plin. XVIII 303). Nach Archibios sollte man sie in einem neuen Topf mitten in der Saat vergraben, dann schadete Sturmwind nicht (Plin. XVIII 294; vgl. Susemihl Litteraturgesch. d. Alex. I 835). Die Hirse schützte man vor Vögeln und Würmern, wenn man in der Nacht vor dem Behacken eine Kröte um den Acker trug, sie dann in der Mitte in einem Topf vergrub; man musste sie vor dem Mähen wieder ausgraben, sonst wurde die Frucht bitter (Plin. [75] XVIII 158. Geop. II 18, 14). Leber oder Herz der Kröte in einem grauen Lappen angebunden, half gegen 4tägiges Fieber (Plin. XXXII 114).

Gegen stranguria der Pferde nahm man sich mit der linken Hand eine Laus aus dem Hemd und setzte sie dem Tier in das linke Ohr, wobei ihr Name nicht genannt werden durfte (Garg. Mart. 20). Ein Asprenas hatte sich von der Kolik befreit, indem er eine Haubenlerche in Talg ass und ihr Herz in einem goldenen Armband trug (Plin. XXX 63). Der Löwe sollte durch seinen Anhauch seine Beute vor anderen Tieren schützen (Plin. XI 277).

Der Fisch maena wurde im Zauber zum Binden der üblen Nachreden gebraucht (Ovid. fast. II 578). Der Staub, in dem sich ein Maultier gewälzt hatte, auf den Körper gestreut, milderte die Geilheit (Plin. XXX 148). Seine Nüstern küsste man, um sich von Schlucken und Niesen und Schnupfen zu befreien (Plin. XXVIII 57. XXX 31). Das Blut des Maulwurfs brauchte man zur Abwehr von Hagel (Plut. qu. conv. VII 2, 2). Bei den magi war er sehr angesehen. Wer sein zuckendes Herz ass, konnte wahrsagen (Plin. XXX 19). Der Zahn eines lebenden Tieres war Amulett gegen Zahnweh (ebenda 20). Berührte man die Saaten mit seinem Vorderbein, so gediehen sie (Plin. XVIII 158). Sein rechter Fuss half gegen die Drüsengeschwulst (Plin. XXX 38). Ebenso, wenn man seine Leber in den Händen zerdrückte, damit einrieb und das 3 Tage lang nicht abwusch (ebenda). Mit Maulwurfserde reibt man beim Vieh die Wunde eines Vipernbisses ein (Veget. V 78, 1). Wenn Mäuse etwas benagten, bedeutete das Unglück (Schwarz 41). Sie wanderten aus einsturzdrohenden Häusern aus (Schwarz 42). Weisse Mäuse dagegen brachten Glück (Schwarz 42). Beschmieren mit Mäusekot machte Männer impotent (Plin. XXVIII 262). Trug eine Frau den Fisch mullus bei sich, so verlor ihre Menstruation die Kraft zu schaden (Plin. XXVIII 82; aus Bithus von Dyrrhachium). Das Auge des lebenden μῦροςfisches war Amulett gegen ξηρὰ ὀφθαλμία (Ael. n. a. XIV 15).

Weisse Pferde galten als die schnellsten (Otto 1498; Beziehung zur Sonne?). Der Schädel einer schon besprungenen Stute im Garten machte ihn fruchtbar (Pallad. I 35, 16). Auf einem Pfahl im Garten aufgestellt, tötete er die Raupen (Plin. XIX 180). Das hippomanes, ein Stück Fleisch am Kopf der neugeborenen Füllen, hatte grosse, stimulierende Kraft und wurde im Liebeszauber sehr viel gebraucht (Aristot. h. a. VI 116. Plin. VIII 165. XXVIII 181. 261). Nach Aelian musste das Füllen der aufgehenden Sonne geopfert werden (n. a. XIV 18). Gegen Zahnschmerz half der entsprechende Zahn eines toten Pferdes (Plin. XXVIII 181). Die Zähne, die den Pferden zuerst ausfielen, band man den Kindern um, damit sie leichter zahnten; besser war es, wenn sie die Erde nicht berührt hatten (Plin. XXVIII 258). Gegen Husten trank man 3 Tage den Speichel eines Pferdes, das dann davon starb (Plin. XXVII 193). Geschwüre an den inguina heilten drei Pferdehaare mit drei Knoten daran gebunden (Plin. XXVIII 218). Ein Pferdehaar in der [76] Thür und mitten durchs Haus gespannt, vernichtete die Stechmücken (Geop. XIII 11, 1). Den Tritt eines Pferdes versteckte man und dachte beim „Schlucken“ an den Platz, so hörte er auf (Plin. XXVIII 263). War jemand vom phalangium gebissen, so musste man ihm ein anderes gleichen Geschlechts zeigen (Plin. XXIX 84).

Der Rabe gehört zu den Geistervögeln; wenigstens flog des Aristeas Seele als Rabe aus seinem Mund (Plin. VII 174). Ihr Geschrei brachte Unglück, besonders wenn sie zu röcheln schienen (Schwarz 34). Das Volk glaubte, sie begatteten sich mit dem Mund, oder legten ihre Eier so (Plin. X 32), was Aristoteles (περὶ ζώων γεν. III 66) zu widerlegen sucht. Daher erfolgten Schwergeburten, wo man sie ins Haus brachte (Plin. X 32). Ass eine Schwangere ein Rabenei, so abortierte sie durch den Mund (Plin. ebenda), auch schon beim Überschreiten (Plin. XXX 130). Gegen Raupen schützte man die Saat, wenn man den Samen mit ihrem „Blut“ besprengte (Pallad. I 35, 3) oder aus dem Garten des Nachbars welche nahm, sie im Wasser kochte und damit den eigenen Garten begoss (Pallad. I 35, 6). Fieber vertrieb man, wenn man eine Raupe in einem Leinensäckchen 3 mal mit einem Leinenfaden umband, 3 Knoten machte und einen Zauberspruch sagte (Plin. XXX 101). Rebhühnereier trinken, machte fruchtbar (Plin. XXX 131). Gegen Milzleiden legte man einen lebenden rhombus auf und warf ihn wieder ins Wasser (Plin. XXXII 102; Übertragung). Beim Säen musste sich der Bauer in acht nehmen, dass kein Samen die Hörner der Pflugrinder traf; denn was daraus wuchs, liess sich nicht gar kochen (Plut. qu. conv. VII 2, 1. Geop. II 19, 4; bekämpft von Theophr. c. pl. IV 12, 13). Hölzerne Stiere auf dem Dach aufgestellt, wehrten dem Hagel (Geop. I 14, 7). Zum Schutz gegen Mäuse legte man den Samen in Rindsgalle (Pallad. I 35, 9). Von Birnbäumen und Granatbäumen vertrieb man die Würmer, wenn man Rindsgalle an die Wurzeln that (Pallad. III 25, 5. IV 10, 4). Sie vertrieb auch Wanzen (Varro r. r. I 2, 25. Pallad. I 35, 4). Im Frühjahr soll man die Bienenstöcke mit Rindskot beräuchern; das thut den Bienen naturali cognatione gut (Col. IX 14, 1). Neue Bienen fliegen nicht weg, wenn man Kot eines erstgeborenen Kalbes an das Flugloch streicht (Pallad. I 39, 2). Isst eine Frau zur Zeit der Empfängnis Kalbfleisch mit Aristolochia gekocht, so wird sie einen Knaben gebären (Plin. XXVIII 254). Kuhmilch trinken, befördert die Empfängnis (Plin. XXVIII 253). Der Kot eines Rindes half, zu Asche gebrannt und mit Met getrunken, gegen Wassersucht. Er musste aber von einem Tiere desselben Geschlechts wie der Kranke stammen (Plin. XXVIII 232). Der Stachel des Stachelrochen (pastinaca) galt als besonders gefährlich. In Bäume gestossen, brachte er sie zum Absterben (Ael. n. a. II 36. VIII 26. Plin. IX 155. XXXII 25). Kein Panzer schützte gegen ihn (Plin. IX 155). Doch vertrieb er Zahnschmerz, wenn man mit ihm das Zahnfleisch stocherte (Plin. XXXII 79) und heilte geschwollene Drüsen, indem man sie leise damit stach (Plin. XXXII 88). Stammte [77] er von einem lebendig wieder ins Wasser gesetzten Fisch, so konnten ihn schwangere Frauen als Amulett auf den Nabel binden (Plin. XXXII 133).

Der Salamander löschte jedes Feuer aus, an das er kam (Aristot. h. a. V 106. Ael. n. a. II 31. Plin. X 188). Wurden die älteren Schafe zur gehörigen Zeit brünstig, so schlossen die griechischen Hirten daraus auf ein gutes Viehjahr; umgekehrt wenn es die jüngeren waren (Aristot. h. a. VI 133). Kopf und Füsse eines Widders kochte man ein, bis sich das Fleisch von den Knochen löste, und bereitete dieses zu, um es als Allheilmittel bei kranken Pferden zu brauchen (Veget. I 18, 17). Milzleidenden legt man frische Schafmilz auf die kranke Stelle, indem man dazu eine Formel sagt mauert sie dann in die Decke des Schlafzimmers ein und versiegelt die Stelle mit 3 mal 9 Siegeln unter einem Spruch (Plin. XXX 51); man zerreisst dazu mit den Händen ein neugeborenes Lamm (Marc. Emp. XXIII 70). Hirnleidenden und Schlafsüchtigen bindet man frische Schaflunge um den Kopf (Plin. XXX 95. 96). Steckt man Schafen Wolle in die Ohren, so folgen sie (Geop. XVIII 4). Artischockenwurzeln umbindet man mit Wolle gegen die Mäuse (Geop. XII 39, 8). Gegen Hagel umgeht man das Feld, indem man in der rechten Hand eine auf dem Rücken liegende Sumpfschildkröte trägt und sie dann ebenso vergräbt (Pallad. I 35, 14. Geop. I 14, 8). Gemüse schützt man vor schädlichen Tieren, wenn man den Samen in einer Schildkrötenschale trocknet (Pallad. I 35, 5). Das Fleisch der Landschildkröte wehrt bösen Zauber ab (Plin. XXXII 33). Mit ihrem Blut 3 mal im Jahr die Zähne waschen, schützt gegen Zahnweh (Plin. XXXII 37). Die Sumpfschildkröte hilft gegen 4tägiges Fieber, wenn sie am 15ten Mondtage gefangen wird, und am 16ten der Kranke sie braucht (Plin. XXXII 40). Die Schlange ist Totentier (vgl. Rohde Psyche 183, 1. Marx Märchen von dankb. Tieren 95f.). Deshalb baut der Abergläubische Theophrasts ein Heroon, wenn er eine im Hause sieht (char. 16). Sie sollte aus dem Rückgrat der Leichen von bösen Menschen entstehen (Plin. X 188. Ael. n. a. I 51). Ihr Angang brachte deshalb Unglück (Schwarz 431). Doch hatte sie geheime Kraft. Wem sie die Ohren ausleckten, wie Melampus, der verstand die Sprache der Vögel (Plin. X 137. Porph. de abst. III 5). Nach „Demokritos“ bekam man diese Gabe, wem man eine aus dem Blut gewisser Vögel entstandene Schlange ass (Plin. X 137. XXIX 72) Die Schlange verscheuchte aber auch bösen Zauber, weshalb man sie apotropaeisch an Wiegen anbrachte (Lobeck Agl. 582). Wer Vipernfleisch isst, lebt lange (Diosk. m. m. II 18. Plin. VII 27). Andererseits wirkte der Zauber ihres Bisses lange nach: trat jemand, der einmal gebissen war, zu einem frisch Getroffenen, so verschlimmerte sich die Wunde (Plin. XXVIII 31). Sah man eine Schlange bei der Lese um einen Weinstock geringelt, so wurde der Wein sauer (Geop. VII 15, 7). Verlor die Granate ihre Blüten, so wickelte man Schlangenhaut um den [78] Stamm (Pallad. IV 10, 3), die man auch einem sonnenstichkranken Pfirsichbaum in die Krone hängte (Pallad. XII 7, 4). Kreissenden band man abgestreifte Schlangenhaut an die Lenden, musste sie aber gleich nach der Entbindung wieder abnehmen (Plin. XXX 129). Nicht hieher gehört es, wenn Nero die Schlangenhaut, die ihn vor den Mördern gerettet hatte, als Amulett trug (Bulenger. de prodig. 5 = Graevius thes. ant. Rom. V 586 E). Wer Vipern isst, bekommt keine Läuse (Diosk. m. m. II 18). Der Kopf des – nicht giftigen – draco wird mit einem Gebet unter der Schwelle vergraben und bringt dann Glück (Plin. XXIX 67). Sich mit seinen Augen salben, schützt vor Nachtgespenstern (ebenda). Seinen Kopf bei sich zu tragen, schützt vor Triefäugigkeit (Plin. XXIX 128). Der Kopf einer Viper, auch wenn sie nicht gebissen hat, ist Heilmittel gegen Vipernbiss (Plin. XXIX 69). Wenn man die schuldige Viper mit einem Stock in Dampf hält, schadet der Biss nicht (ebenda). Gekochte Vipernleber schützt auf immer gegen Schlangenbiss (Plin. XXIX 71). Wenn eine Schwangere über eine Viper geht, abortiert sie; ebenso wenn sie eine tote amphisbaena überschreitet; die lebende aber in einer Büchse bei sich zu haben oder auch die tote, schützt gegen diese Gefahr (Plin. XXX 128). That sie es ohne dieses Amulett, so kann sie durch Zurücksteigen die Gefahr abwenden (ebenda). Das rechte Auge einer lebenden Schlange bindet man gegen Schnupfen an (Plin. XXIX 131). Eine Schlange nach Abschneiden von Kopf und Schwanz zu essen, besonders wenn sie zwischen 2 Geleisen getötet wurde, hilft gegen geschwollene Drüsen (Plin. XXX 37). Schlangenfleisch stellt die Sehkraft wieder her (Porph. de abst. I 17). Selbst der Stock, mit dem man einer Schlange einen Frosch weggeschlagen hatte, half den Gebärenden (Plin. XXX 129). Besprengte man Bienen mit dem Staub aus einer Schlangenspur, so kehrten sie in den Stock zurück (Plin. XXX 147). Gegen Lungenleiden isst man eine ungerade Zahl Schnecken (Plin. XXX 44). Gegen nervöse Beschwerden nimmt man Schnecken höchstens 9 Tage lang oder nach andern an 5 Tagen 9 Schnecken (1+2+3+2+1; Plin. XXX 48), Schnecken mit Crocus aufgelegt beschleunigen die Empfängnis (Plin. XXX 125). In den Hörnern der Schnecken findet sich ein Korn; dieses ist Amulett für leichtes Zahnen (Plin. XXX 136). Einer Schnecke, die morgens im Schilf gefunden wird, schneidet man den Kopf ab, besonders bei Vollmond, bindet ihn in Leinen an den Kopf oder streicht ihn mit weissem Wachs auf die Stirn (Plin. XXIX 114). Gegen Schmerz am Zäpfchen braucht man Schneckensaft, die Schnecke selbst muss man dazu in den Rauch hängen (Plin. XXX 31). Gegen Leibschmerz der Pferde auf Märschen bindet man ihnen den Knochen einer Wegschnecke an den Nabel, der mit reiner Hand genommen werden muss und weder an Erde noch an einen Zahn gekommen ist (Veget. II 34, 2). Die Schraubenschnecken haben einen König; wer den fängt, ja ihn nur jagen sieht, dem geht es gut (Ael. n. a. VII 32 aus einem Märchen; vgl. die deutsche „Schlangenkönigin“). Man vertreibt [79] Ameisen, wenn man die Asche von Schneckenhäusern in ihre Löcher streut (Pallad. I 35, 8. Geop. XIII 10, 4). Der Angang von Schwalben bedeutete Unglück (Schwarz 28). Daher die pythagoreische Vorschrift: ὁμωροφίους χελιδόνας μὴ ἔχειν Göttling a. a. O. 310, 31). Doch gab man den Rindern 3 junge Schwalben in 3 Klössen: das hielt sie das ganze Jahr gesund (Plin. XXX 148). Wenn man jungen Schwalben bei Vollmond die Augen ausriss, sie wieder einsetzte, dann den Kopf verbrannte, so half man sich damit gegen Augenschmerzen, Triefäugigkeit und Sehschwäche (Plin. XXIX 128; kommt von dem Glauben, dass den Schwalben die ausgestochenen Augen wieder wachsen). Eine junge Schwalbe essen, schützt ein Jahr lang vor Beklemmungen (Plin. XXX 33). Tollwütigen Schweinen bricht man den Schwanz (Col. VII 12, 14). Das Fett einer schwarzen unfruchtbaren Sau schützt gegen Grind, mit lingulaca eingerieben (Plin. XXV 133). Gegen Blasenstein brauchte man die Blase eines Schweins gleichen Geschlechts (Plin. XXVIII 212). Gegen Harnverhaltung legte man eine Schweinsblase, die die Erde nicht berührt hatte, auf das Glied (Plin. XXVIII 215). Schweinsknöchel brachten Zwietracht (Plin. XXVIII 263). Gegen Ohrenschmerzen nahm man den Samen eines Ebers aus der Sau, der aber die Erde nicht berühren durfte (Plin. XXVIII 175). Den Seehund traf der Blitz nicht (Plin. II 146); weshalb Augustus stets sein Fell bei sich trug (Sueton. 90 bei Bulenger. de fulm. 19 = Graevius thes. ant. Rom. V 540f.). Sein Fell sollte eine Beziehung zur See behalten und sich jedesmal bei Ebbe sträuben (Plin. IX 42). Man trug es gegen Hagel um die Flur und hängte es am Hofthor auf (Pallad. I 35, 14. Geop. I 14, 5) oder hängte es in der Mitte des Weinbergs über einen Weinstock (Pallad. I 35, 15. Geop. I 14, 3). Wenn man das Saatsieb mit einem durchlöcherten Seehundsfell bezog, schadete weder Rost noch Hagel (Geop. V 33, 7. 8). Durch Bestreichen mit einem Seeigel heilte man Krätze (Ael. n. a. XIV 4). Hängte man einen Seestern mit Fuchsblut bestrichen an die Oberschwelle oder den ehernen Nagel der Thür, so wehrte er jedem bösen Zauber (Plin. XXXII 44). Drüsengeschwulst betupfte man mit dem Schwanzknochen des Seeteufels (rana piscis Plin. XXXII 88). Das Reptil seps brauchte man zur Heilung seines eigenen Bisses (Diosk. m. m. II 70). Der Fisch silurus bekam beim Aufgang des Sirius stets einen Sonnenstich (Plin. IX 58). Man verbrannte ihn auf dem Acker gegen Rost (Geop. V 33, 6) und ebenso gegen das Verbrennen der Knospen durch die Hitze (carbunculus Plin. XVIII 293). Den scarabaeus lucavus (oder lucanus) band man den Kindern als Amulett an (Plin. XI 97 Nigidius). Der Skorpion war ein Mittel gegen seinen Stich (Diosk. m. m. II 14); ebenso seine Asche (Plin. XI 90). Sein Stich tötete Jungfrauen stets, Frauen fast immer; Männer nur, wenn er früh morgens stach, ehe er noch jemand anders verwundet hatte (Plin. XI 86). Wer aber davon gekommen war, blieb von Wespen und Hummeln verschont (Plin. XXVIII 32). Über den Angang des Spechts vgl. Schwarz 36. Einen Spechtschnabel [80] zu tragen, schützte gegen Skorpionen (Plin. XXIX 92) und beim Honigausnehmen gegen die Bienen (Plin. XXX 147). Über seine Kenntnis der Springwurz siehe oben S. 65. Die Spinnen wussten, wie die Mäuse, den Einsturz eines Hauses vorher (Plin. VIII 102f.). Das Gewebe der Fliegenspinne auf Stirn und Schläfen gelegt, heilte den Katarrh; es musste von einem unschuldigen Knaben genommen und aufgelegt werden; der Kranke durfte ihn 3 Tage lang nicht mehr sehen und in dieser Zeit nicht barfuss auf die Erde treten (Plin. XXIX 131). Eine Spinne mit sehr dichtem Gewebe aus dem Balkenwerk band man auch gegen Katarrh an (Plin. XXIX 132). Gegen 4tägiges Fieber hängte man eine Spinne mit weissem, festem Gewebe in einem Kästchen an den Arm (Diosk. m. m. II 68). Gegen 3tägiges Fieber klebte man die Spinne lycus mit ihrem Gewebe in einem Harz- oder Wachspflästerchen an Stirn und Schläfen oder band sie mit Rohr an (Plin. XXX 104; vgl. Wuttke² 485). Gegen Blutschwären legte man eine Spinne auf, ehe sie ihr Netz fertig gesponnen hatte und nahm sie nach 3 Tagen wieder ab (Plin. XXX 108). Menstruation förderte eine Spinne, mit hohler Hand gefangen und zerdrückt, so lange sie von oben nach unten spann; andernfalls hemmte sie dieselbe (Plin. XXX 129). Die Spitzmaus bedeutete mit ihrem Pfeifen Unheil (Schwarz 41f.). Sie heilte ihren eigenen Biss (Diosk. m. m. II 73. Plin. XXIX 89. Col. VI 17, 5. Veget. IV 21, 5. V 81, 1). Man schloss ein lebendes Tier in Thon ein und hängte es dem Vieh als Amulett gegen den Biss um (Col. VI 17, 6. Veget. IV 21, 5. V 81, 1). Im Wagengeleise musste sie sterben; deshalb heilte der Sand daraus ihren Biss (Ael. n. a. II 37). Man vertrieb sie, wenn man eine von ihnen castrierte und laufen liess (Plin. XXX 148; Justification). Blutschwären heilte man, wenn man eine Spitzmaus erhängte, sie 3 mal um das Geschwür bewegte, wobei der Kranke und der Heilende 3mal ausspuckten; das Tier durfte die Erde nicht berührt haben (Plin. XXX 108). Gegen Pferdekrankheiten röstete man einen jungen Storch, der schon Federn hatte, aber noch nicht stehen konnte, zu Asche und bewahrte diese in einem Glasgefäss auf (Veget. I 18, 15). Wer ein Storchjunges isst, ist ein ganzes Jahr vor Triefaugen geschützt (Plin. XXIX 128).

Bei Wurmkrankheit des Viehs trug man einen Tauber dreimal um das Tier. Auf ihn ging die Krankheit über (Plin. XXX 144). Die Erde, die der Käfer taurus aufscharrte, strich man auf geschwollene Drüsen und liess sie 3 Tage darauf; das half für ein Jahr (Plin. XXX 39). Bei den Tauben hielt man den Vogel tinungulus, um sie gegen Habichte zu schützen, was er auch that, wenn man ihn im Schlag vergrub (Col. VIII 8, 7. Plin. X 109; vgl. oben S. 34).

Um das Korn gegen Vögel zu schützen, säte man etwas Nieswurz dabei. Welche Vögel davon frassen, die starben; und diese hängte man an den Füssen um das Feld auf, so kam kein anderer mehr an das Korn (Geop. II 18, 9; Justification).

Die Wanze vertrieb Schlangen. Hatte ein Huhn eine gefressen, so biss es den Tag keine [81] Schlange; ihr Fleisch heilte Schlangenbiss (Plin. XXIX 61). Sieben Stück mit Bohnen vor dem Anfall gegessen, halfen bei 4tägigem Fieber (Diosk. m. m. II 36). Man band 2 Wanzen an den linken Arm, und zwar gegen Nachtfieber in Wolle, die den Hirten gestohlen worden, gegen Tagfieber in einem roten Lappen (Plin. XXIX 64). Gegen dysuria des Viehs setzte man ihm eine lebende Wanze ins Ohr und rieb ihm mit einer andern (oder mit Lauch?) die Scham (Veget. V 14, 21). Der Wendehals ist als Zaubertier bekannt (Theokrit. II 17 u. ö.). Die Würmer am Baum sorbus vertreibt man, wenn man einige davon in der Nähe (oder am Feuer des Nachbars? vicino incendio) verbrennt (Pallad. II 15, 3). Am Gras leben kleine Würmer, die, um den Hals getragen, vor Abort schützen, aber unmittelbar vor der Entbindung abgenommen werden müssen (Plin. XXX 125). Fünf oder sieben davon zu trinken, fördert die Empfängnis (ebenda). An dornigen Pflanzen sind Würmer, die man den Kindern umbindet, wenn ihnen Essen im Schlund stecken blieb (Plin. XXX 139). Der Angang des Wiesels brachte Unglück. Man konnte es aber noch abwenden, wenn man 3 Steine über den Weg warf oder wartete, bis ein anderer Mensch darüber ging (Übertragung. Schwarz 42). Man schützte das Geflügel vor ihm, wenn man es Wieselgalle fressen liess (Plin. XXVIII 265. Geop. XIV 9, 6; vgl. Wuttke² 675). Oder man gab ihm die Asche eines verbrannten Wiesels (Plin. XXX 144). Umgekehrt schützte man das Getreide vor den Vögeln, wenn man seine Asche auf den Samen streute; doch schmeckte das Brot darnach (Plin. XVIII 160). Auch Käse schützte man vor Mäusen, wenn man Wieselhirn in den Lab that; solcher Käse verdarb auch nicht (Plin. XXX 144). Hatte man den Schwanz eines lebenden Wiesels im Schuh unter dem grossen Zeh, so bellten einen die Hunde nicht an (Plin. XXIX 99. Ael. n. a. IX 55). Wieselhoden, einer Frau umgebunden, machten sie impotent (Ael. n. a. XV 11). Seine Eingeweide, auf eine bestimmte Weise zubereitet und in den Wein gethan, trennten die Freundschaft (Ael. n. a. VII 11). Der Angang des Wolfes konnte günstig und ungünstig sein (vgl. Schwarz 45f.). Er ist Gespenstertier; vgl. den „Heros“ von Temesa (Rohde Psyche 180, 1). Wen der Wolf zuerst sieht, der verliert die Sprache (Schwarz 47. Otto Sprichw. 989). Vom Wolf darf man nicht sprechen, sonst kommt er (Otto Sprichw. 989). Über den Werwolf ist oben (S. 29f.) gehandelt worden. Mit dem Pferd stand er in grosser Antipathie: trat es auf seine Spur, so blieb es gebannt stehen (Ael. n. a. I 36. Plin. XXVIII 157). Warf man einen Wolfsknöchel vor ein rennendes Viergespann, so stand es sofort still (ebenda). Aber band man den grössten Zahn des Wolfes einem Rennpferd um, so wurde es unbesieglich (Plin. XXVIII 257). Schafe, die vom Wolf zerrissen waren, schmeckten besser als andere, aber die Kleider aus ihrer Wolle bekamen Schmarotzer (Plin. XI 115. Plut. qu. conv. II 9. Ael. n. a. I 38). Man verbannte die Wölfe, wenn man einem lebenden Wolf die Beine brach, ihn verwundete und mit seinem Blut die Ackergrenze bespritzen liess. Wo man [82] diesen Umgang begonnen hatte, wurde er dann begraben (Plin. XXVIII 265). Band man an die Krippe der Rinder einen Wolfsschwanz, so schluckten sie keine Knochen über (Geop. XVII 13, 2). Bezog man das Saatsieb mit einem Wolfsfell, das 30 Löcher hatte, so streute sich der Samen besser (Geop. II 19, 5). Die zauberbrechende Kraft des Wolfes wird wohl auf seinem Zusammenhang mit dem Licht beruhen: gegen veneficia nagelt man eine Wolfsschnauze an das Hofthor (Plin. XXVIII 157) und trug einen Ärmel aus seinem Nackenfell (ebenda). Hieher mag auch gehören, dass der Genuss von Wolfsfleisch den Kreissenden gut thut. Selbst wenn nur jemand dabei sitzt, der es gegessen hat, wirkt das schon und schützt ausserdem gegen den Zauber, der etwa versucht werden könnte (Plin. XXVIII 247). Einen Wolfszahn bindet man den Kindern um gegen Zusammenschrecken, und damit sie leichter zahnen (Plin. XXVIII 257). Auch Wolfsfell thut diesen Dienst (ebenda). Wenn man die Knochen aus seinem Kot anbindet, werden die losen Zähne wieder fest (Plin. XXVIII 178). Man bindet sie gegen Kolik an den Arm, doch dürfen sie die Erde nicht berührt haben (Plin. XXVIII 211). Das Volk glaubte, dass im Wolfsschwanz ein kleines Haar sei, von ausgezeichneter Kraft im Liebeszauber; doch musste man es einem lebenden Tier ausreissen (Plin. VIII 83).

Ziegenhirn und -Haar vertreibt Schlangen, besonders von wilden Ziegen und nach „Demokritos“ zumal, si singularis natus sit (Plin. XXVIII 152). Ebenso ihre Hufe (Pallad. I 35, 11). Um die Baumrebe vergräbt man 3 Ziegenhörner, mit der Spitze nach unten, so dass noch etwas hervorsteht; so trägt die Rebe viel Trauben (Geop. IV 2). Spargel wachsen reichlich, wenn man zerschnittene Ziegenhörner in die Furchen wirft und begiesst (Geop. XII 18, 2). Nach andern brauchte man blos durchbohrte Hörner einzugraben, so trugen sie Spargel (Geop. XII 18, 3). Grosse Pfirsiche giebt es, wenn man den Baum während der Blüte 3 Tage mit je 3 sextarii Ziegenmilch begiesst (Pallad. XII 7, 6). Reben schützt man gegen Ungeziefer und Frost, wenn man die Sicheln mit Bocksfett schmiert (Geop. V 30, 3). Die rabies der Böcke wird gemildert, wenn man ihnen den Bart streichelt (Plin. XXVIII 198). Schneidet man ihn ab, so laufen sie nicht weg (Plin. ebenda. Geop. XVIII 9, 7). Bindet man den Böcken den Schwanz in der Mitte mit Leinen ab, so bespringen sie nicht (Ael. n. a. IX 54). Gekochte Ziegenlungen essen, schützt vor dem Rausch (Geop. VII 31, 1). Gekochte Ziegenleber essen, hilft gegen nyctalopia, denn die Ziege sieht auch nachts sehr gut (Plin. VIII 203). Ihren Kot bindet man unruhigen Kindern, besonders Mädchen an in einem Lappen (Plin. XXVIII 259). Gegen einen Aderriss im Auge bestreicht man diesen Teil bei Tieren vermittels einer schwarzen Feder mit Ziegengalle und Ziegenmilch zu gleichen Teilen (Veget. VI 23, 10).

B. Der Mensch

I. Im allgemeinen.

Es giebt am Menschen kaum etwas, was nicht im A. seine Stelle hätte. Sein „Angang“ ist anderen Menschen bedeutsam (vgl. Schwarz 48ff.)- Vor allem aber sind bestimmte Menschen [83] die Träger des Zaubers und Wissende. Besonders Frauen, zumal die alten (Plut. de superstit. 3. Aristot. h. a. VI 116. 158. Theokrit. II 90. III 31. VI 39. VII 125. Lobeck Agl. 628ff. 640a. Col. I 8, 6. XI 1, 22. Veget. II 12, 2. V 43, 2. Tibull. I 2, 42. 49. 50. 5, 12. 8, 17f. Propert. I 1, 19ff. IV 5, 9ff. Petron. 63. Otto Sprichw. 120). Sie vor allem verstehen es, den Mond zu verfinstern (Plin. XXV 10; vgl. Aganike). Sie pflegen den Verkehr mit den Gespenstern (striges, Propert. IV 5, 17) oder sie sind selbst solche striges, d. h. können sich darein verwandeln (Ovid. fast. VI 139ff.), in welchem Fall man darunter Vögel verstand (Propert. III 6, 29). Überhaupt nehmen sie jede Gestalt an (Apul. metam. II 22. Propert. IV 5, 14); aber jede Verwundung dieser Scheingestalt erleidet die Hexe selbst (Apul. ebenda). Sie können auch im Wasser nicht untergehen (Plin. VII 17). Selten sind Männer solche Wissende. Doch Hirten und Bauern gehörten zu den „klugen Leuten“ (Lobeck Agl. 639). Sich verwandeln konnte auch der Mitsoldat des Niceros (Petron. 62). Auch Aristeas von Prokonnesos konnte seine Seele als Rabe auf die Wanderung schicken, und ähnlich Hermotimos von Klazomenai; als man aber seinen Körper verbrannte, blieb er tot (Plin. VII 174). Alles wie im deutschen A. In Rom hatte man einen C. Furius Cresimus angeklagt, dass er seinen Nachbarn durch Zauber die Feldfrucht entziehe (Plin. XVIII 41f.).

Nicht nur einzelne Menschen, auch ganze Stämme und Völker konnten Träger des Zaubers sein. In Africa, bei den Triballern, bei den Illyriern gab es ganze familiae effascinantium (Plin. VII 16). Die Familien der Hirpi Sorani waren unverbrennlich (Plin. VII 19; vgl. Mannhardt Feldk. II 330ff.). Den bösen Blick hatten auch die Bitiae im Skythenland, die Thibier im Pontos (die Stellen bei O. Jahn S. Ber. Leipz. 1855, 35). Vor Schlangen gefeit waren die ὀφιογενεῖς bei Parion und auf Kypros (Plin. VII 13. XXVIII 30. Ael. n. a. XII 39), die Psyller in Africa (Plin. VII 14. VIII 93. XXVIII 30. Ael. n. a. I 57. XVI 27 [Agatharchides]. 28 [Kallias]), in Italien die Marsi (Plin. XXVIII 30), in Griechenland die Akarnanen (Lobeck Agl. 310 m). Allen diesen war daneben die Kraft eigen, Schlangengebissene durch Berührung, Speien, ja durch blosses Hinzutreten zu heilen (Plin. XXVIII 29. 30). Die Tenthyriten übten einen Bann auf die Krokodile aus (Plin. VIII 92. XXVIII 29). Und alle Ägypter können durch Zaubersprüche die Vögel vom Himmel, die Schlangen aus ihren Löchern ziehen (Ael. n. a. VI 33). Vor allem war die Zauberkunst bei den Thessaliern zu Hause (Apul. metam. passim. Tibull. II 4, 55. Propert. I 5, 6 u. m.).

II. Teile des menschlichen Körpers.

Die rechte Seite des menschlichen Körpers (und aller organischen Wesen) gilt im allgemeinen für kräftiger als die linke. So meinte schon Anaxagoras, wenn er die Männchen aus der rechten Seite, die Weibchen aus der linken kommen liess (Aristot. περὶ ζώων γεν. IV 2. Plin. VII 37). Daher man aus dem Heruntersteigen des Stiers nach der rechten oder linken Seite erschloss, ob man ein Ochsen- oder Kuhkalb zu erwarten [84] habe (Varro r. r. II 5, 13 mit ausdrücklicher Bezugnahme auf Aristoteles. Col. VI 24, 3. Plin. VIII 176. 188) und durch Abbinden des rechten oder linken Testikels bei den Zuchttieren das Geschlecht selbst bestimmte (Col. VI 28. Plin. XXX 148. Geop. XVII 6, 2). Eine Krankheit die auf der rechten Seite beginnt, ist viel schwerer zu heilen, (Rose Arist. pseudep. 237, 29). Selbst beim Weinstock galten die Schossen der rechten Seite für kräftiger (Plin. XVII 153).

Menschenknochen steckte man dem Vieh gegen Blähungen ins Fleisch (Plin. XXVIII 8). Sein Blut half gegen Beklemmung und Epilepsie (Plin. XXVIII 43, Orpheus, Archelaos). Blut der rechten grossen Zehe schmierte man sich gegen Epilepsie ins Gesicht (Plin. XXVIII 43). Die grosse und zweite Zehe band man gegen geschwollene inguina zusammen (Plin. XXVIII 42). Gegen Muskelschmerz am linken Bein fasste man die linke grosse Zehe mit der rechten Hand an und umgekehrt (Plin. XXVIII 61). Pyrrhos heilte durch Berühren mit der grossen Zehe Kranke (Plin. VII 20. XXVIII 34). Diese erwies sich beim Bestatten als unverbrennlich (Plin. VII 20); hier tritt die Heilkraft der Fürsten überhaupt – als Göttersöhne? – hinzu; man trug Alexanderbilder als Amulett (Lobeck Agl. 1171f.); Vespasian heilt Blinde und Lahme (Tac. Hist. IV 81. Suet. Vesp. 7); Hadrian Blinde (Hist. aug. Hadr. 25). Mit dem Wasser vom Fussbad rieb man sich 3 mal die kranken Augen (Plin. XXVIII 44). Auch hierbei war rechts und links bedeutsam. Den rechten Fuss sollte man zuerst beschuhen (Göttling a. O. 291 V); Augustus hatte von einem Soldatenaufstand zu leiden, als er das einmal versäumte (Plin. II 24). Mit dem linken Fuss aber begann man beim Fussbad (Göttling a. O.). Sass jemand bei einer Schwangeren mit übergeschlagenen Beinen, so erschwerte das die Geburt (Plin. XXVIII 59). Umband man das rechte Knie mit einer Binde und ging einem wütenden Stier entgegen, so stand er sofort still (Ael. n. a. IV 48). Gegen Nackenschmerz rieb man sich die Kniekehlen und umgekehrt (Plin. XXVIII 60). Eine noch grössere Rolle kommt der Hand zu. Hier ist es vor allem die Vorschrift, dass die linke Hand verwandt werden muss, die unzählige Male bei abergläubischen Heilungen wiederholt wird; offenbar war es das ungewöhnliche ihres Gebrauches, was hier mitwirkte (Col. VI 2, 5. Garg. Mart. 20. Plin. XX 126. XXI 143. 176. XXII 50. XXIII 103. 110. 137. XXVI 24. XXVII 36. 117). Rührt man alte Bäume vor dem Fällen mit der Hand an, so geht das Fällen rascher; auch trocknen sie schneller (Plin. XXIV 2). Wollte man jemand begünstigen, so schlug man den Daumen ein (Plin. XXVIII 25. Otto Sprichw. 1445), d. h. man band den bösen Daimon damit. Andererseits durfte man bei einer Gebärenden nicht die Finger verschlingen, besonders nicht ums Knie (Plin. XXVIII 59). Vor allem war der Mittelfinger zauberbrechend; er hiess deshalb digitus medicus, wie aber auch der Goldfinger genannt wurde (Sittl Gebärden 123, 5). Man trug an ihm keinen Ring, offenbar um diese Kraft nicht zu binden (Plin. XXXIII 24). Doch gegen Niesen und Schlucken steckte man den Ring an [85] den Mittelfinger der rechten Hand (Plin. XXVIII 57). Gegen Schnupfen und Triefäugigkeit band man Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand mit Leinen lose zusammen (Plin. XXVIII 42). Epileptische berührte eine Jungfrau mit dem rechten Daumen (Plin. XXVIII 43). Dagegen brauchte man den digitus medicus der linken Hand bei der Drüsengeschwulst des Viehs (Garg. Mart. 14). Dass er mit der Hand 3 mal bestrichen wurde, machte den Triptolemos unsterblich (Ovid. fast. IV 551). Gegen Niesen und Schlucken half nach Varro, wenn man die Fläche der einen Hand kratzte (Plin. XXVIII 57). Abergläubische Africaner hielten beim Schlucken mit der rechten Hand den linken Daumen (Sittl 126, 1). Die Nägelschnitze galten nach Psellos (bei Lobeck Agl. 110 b) für zauberbrechend. Doch galten sie im Altertum offenbar als Träger zauberischer Kräfte, daher man sie weder beharnen noch betreten darf (Rose Aristot. pseudep. 202. Göttling a. a. O. 314, 44) oder auf sie speien muss. Denn durch Treten überträgt sich die Zauberkraft, und Spucken ist bekanntlich das beste Mittel ihn zu brechen (aber auch Urin bricht Zauber; dieses Verbot kann ich also noch nicht erklären). Den Zauber tragen sie auch, wenn man die Nägelschnitze von Fieberkranken vor Sonnenaufgang unter einem Zauberspruch an eine fremde Thür kleben soll (Plin. XXVIII 86; Übertragung) oder sie in einen Ameisenhaufen werfen und das erste Tier, das davon wegschleppt, als Amulett um den Hals binden soll (ebenda). Die zauberwehrende Kraft des männlichen Gliedes siehe unter fascinum. Von noch höherer Bedeutung ist im A. die Scham des Weibes und was mit ihr zusammenhängt. Sie zu zeigen brach den Zauber, weshalb man sie in Nachbildung oder in stellvertretenden Symbolen als Amulett trug (s. Amulett). Hieher gehört auch die Gebärde der fica (vgl. über sie Sittl Gebärden 123f.). Verstärkt wurde die Wirkung, wenn die Frau in menstruis war. So entblösste man die weibliche Scham dann gegen Hagel und Unwetter (Plin. XXVIII 77), gegen Stürme zur See, wo sie auch ohne Menstruation wirkte (Plin. ebenda). Sonst darf man bei den meisten Fällen, wo die γυνὴ ἔμμηνος in der Landwirtschaft vorkommt, fast stets zur Vernichtung oder Abhaltung von Ungeziefer durch Umgang (Col. X 358ff. XI 3, 64. Plin. XVII 266. XXVIII 77. Geop. XII 8, 5), kaum an diese gute Kraft denken. Es wird hier vielmehr die böse Eigenschaft der γυνὴ ἔμμηνος in Kraft treten, mit der sie alles vernichtet und verdirbt, womit sie in Berührung kommt (lebhaft beschrieben bei Plin. VII 64f. XXVIII 79). Berührte sie die Raute, so vertrocknete diese (Col. XI 3, 38. Geop. XII 25, 2); Gurke und Kürbis welkten schon durch ihren blossen Anblick (Col. XI 3, 50, nach dem auch eine gesunde Frau durch Anrühren dasselbe bewirkt) oder sie tragen doch wenigstens bittere Früchte (Geop. XII 20, 5). Junge Weinstöcke gehen von der Berührung zu Grunde (Plin. XXVIII 81). Das Leinen wird schwarz, das Rasiermesser stumpf, das Erz rostet, die Pferde abortieren u. s. w. (Plin. ebenda). Selbst Spiegel, denen sich eine solche Frau zeigte, wurden dunkel, doch wenn dieselbe dann auf die Rückseite des [86] Spiegels sah, wurde er wieder hell (Plin. XXVIII 82; Rücklauf bricht den Zauber, wie in den Zauberformeln der Magie). Besonders furchtbar wirkte die erste Menstruation nach dem Verlust der Jungfräulichkeit oder die einer Jungfrau überhaupt (Plin. XXVIII 78). Selbst das Menstrualblut an sich, ohne Verknüpfung mit einer Person, war wirksam. Gegen Hagel vergräbt man solches, das von einer Jungfrau kommt, mit Lorbeer (s. oben S. 60) im Acker (Geop. I 15 nach der wahrscheinlichen Reconstruction von Niclas). Ein Lappen mit Menstrualblut unter einem Nussbaum vergraben, lässt diesen vertrocknen (Geop. X 67, 3). Aber an die Pfosten des Hauses gestrichen, hält es allen Zauber ab (Plin. XXVIII 85). Sogar den Harn einer solchen Frau fürchtete man noch: bei einigen Pferdekrankheiten brauchte Hierokles Menschenurin, aber nicht von einer γυνὴ ἔμμηνος (Geop. XVI 10, 2). Auch die sordes virilitatis brauchte man gegen Skorpionen (Plin. XXVIII 52). Und durch Coitus konnte sich ein Mann von den Folgen des Skorpionenstichs befreien; sie gingen freilich auf die Frau über (Plin. XXVIII 44). Besonders kräftig war der Harn. Er bricht jeden Zauber (Aldhelm bei Lobeck Agl. 110 b); der Sklave eines mit Porphyrios befreundeten Mannes verstand die Vogelsprache, da schlug seine Mutter, während er schlief, ihr Wasser in seine Ohren ab und nahm ihm so diese Kenntnis (Porph. de abst. III 3). Wieder muss er auch Träger des Zaubers sein können, denn auf seinen eigenen Harn zu speien, war inter amuleta (Plin. XXVIII 38). Beides zeigt sich in seiner Anwendung. Die gute Kraft am besten in ihren Heilwirkungen. Vor allem ist es hier der eigene Urin, der hilft (Plin. XXVIII 67). Gegen den Biss der Assel hilft einen Tropfen Urin auf den Scheitel zu thun (Plin. ebenda). Die Flecken der Menstruation lassen sich nur auswaschen mit dem Urin derselben Frau (Plin. XXVIII 84). Gegen Schlangenbiss trinkt man den eigenen Urin (Plin. XXIX 65). Demnächst ist der Harn eines unschuldigen Knaben heilkräftig (Diosk. m. m. II 99. Plin. XXVIII 65). In ihn legt man die Nüsse 5 Tage vor dem Pflanzen (Geop. X 64, 2). Andererseits hebt der Harn von Verschnittenen jede Fruchtbarkeit auf (Plin. XXVIII 65). Geringer ist die Kraft des Kotes. Nach Aischines half er verbrannt gegen verschiedene Krankheiten (Plin. XXVIII 44). Das Kindspech brachte man in den Mutterleib gegen Unfruchtbarkeit (Plin. XXVIII 52). Heilkräftig ist auch – nach den magi – die Frauenmilch, besonders von einer Frau, die einen Knaben geboren hat (Plin. XXVIII 73; so schon im Papyrus Ebers; vgl. das Register in Joachims Übersetzung). Diese schützt gegen tollwütige Hunde (Plin. XXVIII 75). In ihr muss das στῖβι abgelöscht werden (Diosk. m. m. V 99). Die Milch einer θηλυτόκος ist dagegen nur Schönheitsmittel (Plin. XXVIII 74). Salbe aus der Milch von Mutter und Tochter zugleich schützt fürs ganze Leben gegen Augenkrankheiten (Plin. XXVIII 73). Vom abgeschnittenen Haar gilt alles, was von den Nägelschnitzen gesagt wurde (oben S. 85). Dass die Haare der geliebten Person im guten und im bösen Liebeszauber von Wichtigkeit sind, ist [87] bekannt (vgl. z. B. Lucian. ἑταιρ. διάλ. IV 4. Apul. metam. III 16). Von besonderer Kraft ist das Frauenhaar. Es verscheucht Schlangen (Col. VII 4, 6. VIII 5, 18. Plin. XXVIII 70). Es hatte auch grosse Heilkraft (Plin. ebenda). Männerhaar half gegen Hundsbisse, Kopfwunden und Krebs (Plin. XXVIII 41). Das erste Haar, das den Knaben abgeschnitten wurde, band man gegen Podagra um oder nahm dazu überhaupt das Haar von geschlechtlich Unreifen (Plin. XXVIII 41). An den Augen haftete vornehmlich der böse Blick. Im Ohrenklingen sahen die Pythagoreer eine φωνὴ τῶν κρειττόνων (Ael. v. h. IV 17) und wohl aus demselben Grunde sah das Volk darin etwas Bedeutsames: wem sie klingen, von dem spricht man (Plin. XXVIII 24; vgl. Bulenger. de omin. 2 = Graevius thes. ant. Rom. V 452f.). Gegen Triefäugigkeit rieb man sich rückwärts die Ohren (Plin. XXVIII 64). Das Ohrenschmalz, besonders von einem Gebissenen, half gegen die Bisse von Mensch, Schlange, Skorpion (Plin. XXVIII 40). Im Niesen sahen die Griechen etwas Göttliches (πταρμὸν θεὸν ἡγούμεθα Aristot. probl. XXXIII 7 n. 962 a 21). Es galt ihnen daher als vorbedeutend (οἰωνιστικόν Aristot. h. a. I 48) und sie hatten schliesslich ein ganzes System ausgebildet, über seine Bedeutung, nach Zeit und Seite geteilt (vgl. im allgemeinen Niphus de auguriis I 8 = Graevius thes. ant. Rom. V 329f. Bulenger. de omin. 3 = ebenda 454ff.). So galt das Niesen von Mitternacht bis Mittag für unglücklich und umgekehrt (Aristot. probl. XXXIII 11 p. 962 b 19). Schon bei Homer gilt Niesen als Bestätigung eines Ausspruches (Od. XVII 541; so auch Xenophon an. III 2, 9). Die Römer teilten diesen A. in seinem ganzen Umfange (Plin. II 24. Catull. 45, 8f. 17f.). Ihnen galt als schlimmes Zeichen auch, wenn beim Mahl revocatur ferculum (zurückrufen oder abbestellen? Plin. XXVIII 26), wenn man nicht darauf wenigstens davon kostete, und ebenso hielten sie Niesen gleich nach dem Beischlaf für ein Zeichen des Aborts (Plin. VII 42). Überhaupt galten unfreiwillige Bewegungen als bedeutsam (der παλμός allgemein; vgl. darüber Niphus a. a. O. 330–335); auch darüber war eine förmliche Lehre ausgebildet. Den Zähnen schrieb man giftige Eigenschaften zu. Gegen die Spiegel gefletscht, machten sie diese stumpf (Plin. XI 170); gegen unbefiederte Täubchen wirken sie gar tötlich (ebenda). Andererseits konnte der Zahn den Zauber vernichten: der heilkräftige Schneckenknochen darf von keinem Zahn berührt werden (Veget. II 34, 2). Pulver von einem Menschenzahn half gegen Schlangen (Plin. XXVIII 40). Den ersten, einem Knaben ausgefallenen Zahn trugen Frauen am Arm gegen Schmerz in den Geschlechtsteilen, wenn er die Erde nicht berührt hatte (Plin. XXVIII 41). Hieher gehört auch, dass man bei gefallenem Zäpfchen sich von einem andern mit den Zähnen in die Höhe heben liess (Plin. XXVIII 60). Frauen brachte es Glück, wenn sie den rechten Eckzahn doppelt hatten, Unglück, wenn den linken (Plin. VII 72). Das Anblasen der Stirn half gegen Husten (Plin. XXVIII 60). Vor allen Dingen wichtig ist im A. der Speichel (vgl. im allgemeinen Sittl Gebärden [88] 117ff.). Er vernichtet jeden bösen Zauber. Man spuckt daher vor dem Anziehen in den rechten Schuh (Plin. XXVIII 38). Kommt man an einen Ort, wo man einmal in Gefahr war, so soll man darauf speien (Plin. XXVIII 38). Speien schützt gegen den bösen Blick, daher Kinderwärterinnen die kleinen Kinder anspieen (Sittl 118, 3), was man auch vom Tauber und seinen Jungen erzählte (Sittl 118, 3). Da es die Daimonen vertreibt, so speit man Epileptische an (Sittl 119, 3), ebenso die Verrückten (ebenda 119, 4) und sichert sich gegen die Gefahr bei ihrem Anblick, indem man sich selber in den Busen speit (Sittl 120, 1. 2). Einer Schlange in den Mund spucken, tötete sie (Plin. VII 15. XXVIII 38. Ael. n. a. II 24). Die Meerassel platzte davon (Plin. XXVIII 38. Ael. n. a. IV 22. VII 26). Verstärkt wurde die Wirkung, wenn es der Speichel eines Nüchternen war (Plin. VII 15) oder der eines von selbst Gefeiten (Plin. VII 13. XXVIII 29). Sehr bedeutend war der Speichel in der Heilkunde: in omni medicina terna deprecatione despuitur sagt Plinius (XXVIII 36f. hieher gehörige Stellen siehe bei Sittl a. a. O.). Auch hier war „nüchtern Spei“ kräftiger: solchen strich man 3mal auf beginnende Blutschwären, (Plin. XXVIII 36); er half gegen Flechte, Aussatz und Triefäugigkeit, auch gegen Krebs (Plin. XXVIII 37). Hatte man ein Tier im Ohr, so spuckte man hinein (ebenda). Die Lähmung eines Gliedes heilte Salpe durch Speien in den Busen oder durch Bestreichen des oberen Lides mit Speichel (Plin. XXVIII 38; vgl Petron. 131). Auch in der Viehheilkunde kommt es zur Anwendung. Kaut man nüchtern Salz und spuckt damit dem Tier ins Auge, so heilt das seine Narben (Veget. III 22, 10). Endlich mag auf die Kraft des Speiens auch die Nachricht zurückgehen, dass, wenn der Koch die τρῖγλα vor dem Braten auf die Schnauze küsse, sie nicht aufplatze (Ael. n. a. X 7).

III. Das menschliche Wort.

Ihm wird ganz allgemein eine überaus grosse Kraft zugeschrieben, weshalb man besonders vorsichtig sein muss in der Wahl der Worte. So gehen denn im letzten Grunde die feststehenden Formeln des Gebets, des Rechts und des Zaubers auf eine Wurzel zurück (vgl. auch Rohde Psyche 61). Denn mit dem gesprochenen Wort regt der Mensch die um ihn weilenden Daimonen, sei es zum Mitthun, sei es blos zur Zeugenschaft, auf. Wie wir bei der Vorstellung des Bindens, Bannens, Verbannens ein fortwährendes Ineinanderumschlagen erkannten (oben S. 34), so auch hier. Denn das Wort ist in eminentem Sinne bindend; vgl. z. B. die Erzählung von Olenus Calenus, wo einzig die richtige Anwendung des Wortes hic den Siegeszauber unwiderruflich fesselt (Plin. XXVIII 15f.). So können auch die Vestalinnen durch ihr Gebet flüchtige Sklaven festbannen (Plin. XXVIII 13), so tritt bei der defixio das Wort ein, das den Verwünschten an die Unterweltsmächte bannt (Plin. XXVIII 19; solche defixio braucht im Roman des Apuleius I 10 die Zauberin, um die Bürger in ihre Häuser zu bannen). So verbannt aber auch der Spruch arse verse (Otto 172) oder andere incendiorum deprecationes an den Wänden (Plin. XXVIII 19) den Feuerdaimon [89] u. a. m. Vor allem hat der Zauberspruch seine Stelle im Heilungsaberglauben (vgl. Welcker Kl. Schr. III 64ff. und neuerdings Heim schedae philol. Usenero oblatae Bonn 1891). Schon die Odyssee kennt Wundbesprechungen (XIX 457). Und eine Menge abergläubischer Heilproceduren erhalten ihre rechte Kraft erst durch den hinzutretenden Zauberspruch. Dabei ist zu bemerken, dass die unverständlichen Sprüche in besserer Zeit selten sind. Noch zur Zeit des Plinius stritt man, ob sie mehr Wert hätten als die angestammten (Plin. XXVIII 20). Ich kenne aus der Zeit vor dem Hereinbrechen des orientalischen Synkretismus nur die Sprüche Catos (de agr. 160; vgl. dazu die – verfehlten – Erklärungsversuche Bergks Philol. XXII 585ff., anders Welcker a. a. O. 73 „es bleibt sehr wahrscheinlich, dass . . sie von jeher . . unverständliche Worte waren“). Bei den vielen Heilsprüchen, die Plinius mitteilt, lässt sich als feste Regel aufteilen, dass sie fast stets die Nennung des Kranken oder der Krankheit, auch beider zusammen vorschreiben, wodurch offenbar der im heilenden Mittel verborgene Daimon aufgerufen werden soll (Plin. XX 151. XXI 143. XXI 166. 176. XXII 38. 50. XXIII 103. XXVI 116. XXVII 140. XXVIII 86. XXX 51. 98.), während eine andere Reihe die beabsichtigte Heilwirkung oder die Heilthätigkeit betont (Plin. XXII 60. XXIV 176. 180. XXVI 93). Seltener ist eine symbolische Erzählung (Plin. XXVII 131. XXVIII 42; zweifelhaft XXVII 100. XXVIII 48). Durch die einfache Mitteilung wird der Schmerz des Skorpionenstiches auf einen Esel übertragen (Plin. XXVIII 155. Geop. XIII 9, 6). Doch ist auch diese erzählende Form gewiss uralt, da sich Beispiele davon schon im alten Ägypten finden. Im einzelnen mag noch folgendes erwähnt werden. Wie die Römer am Neujahrstage ominis causa von jeder Arbeit etwas verrichten (vgl. oben S. 45), so brauchen sie auch glückverheissende Worte (ominari Plin. XXVIII 22). Den Hageldaimon beschwor man (Plin. XVII 267. XXVIII 29). Schmähworte vertreiben Gespenster (Sittl Gebärden 117, 1). Beim Säen der Rüben musste der Landmann sagen, er thue es für sich und seine Nachbaren (Col. XI 3, 62). Die Raute wird unter Verwünschungen gesät (Pallad. IV 9, 14), ebenso der Kümmel (Theophr. h. pl. IX 8, 8). Mäuse werden förmlich exorcisiert, indem man ihnen einen bestimmten Acker zuweist. Dieser Exorcismus wird auf ein Blatt geschrieben und dies vor Sonnenaufgang an einen gewachsenen Stein, die Schrift nach der Grenze zugekehrt, festgeklebt (Geop. XIII 5, 4; vgl. Wuttke² 648. B. Schmidt Jahrb. f. Philol. CXLIII 561ff. Lewy ebenda 816f.). Die gewöhnlichen Tierärzte brauchen incantationes (Veget. II 12, 2. V 43, 2). So auch Garg. Mart. 14 gegen die Drüsengeschwulst des Rindviehs. Zaubersprüche zwingen Schlangen aus ihren Höhlen (Plin. VIII 48. Tibull I 8, 20) oder heilen ihren Biss (Ael. n. a. I 54). Cato giebt 2 Sprüche für verrenkte Glieder (de agr. 160. Plin. XXVIII 21), Varro aus Saserna einen für das Podagra (r. r. I 2, 27. Plin. XXVIII 21). Einen Zauberspruch brauchte auch Caesar stets beim Niedersitzen im Wagen, seit ihm einmal ein Unfall [90] zugestossen war (Plin. XXVIII 21). Gegen den bösen Blick brauchte man ein besonderes Gebet oder rief die Nemesis an (Plin. XXVIII 22). Beim Nennen der Toten verwahrte man sich, dass man ihr Gedenken nicht reizen wolle (Plin. XXVIII 23). Mit der Formel DVO bannte der König Attalos Skorpionen (Plin. XXVIII 24). Wie wir heute „unberufen“ sagen, so braucht Cato (de agr. 4) die Worte bona salute, und einen ähnlichen Sinn hatte das Ἀθηνᾶ κρείττων, mit dem nach Theophrastos (char. 16) Abergläubische die böse Bedeutung des Eulenangangs abwehrten. Das Wort dient aber auch dem bösen Zauber. Wie mit dem Auge, kann man auch mit ihm fascinieren (Catull. 7, 12). Die Devotion ist schon besprochen worden. Mit Zaubersprüchen schädigt man die Früchte des Nachbars (Tibull. I 8, 19. Plin. XXVIII 18), was schon die XII Tafeln verboten (VIII 8 a. b), und das Töpfergeschirr im Ofen (Plin. XXVIII 19; vgl. Lobeck Agl. 971). Zauberlieder gehören zum Nestelknüpfen (Tibull. I 5, 41) und ziehen den Mond vom Himmel (Tibull. I 8, 21). An Stelle des gesprochenen Wortes kann das geschriebene treten. So schon in den Devotionen und dem erwähnten Mäuseexorcismus. Beschriebene (oder buntgezeichnete) Mandeln bekommt man, wenn man den Kern herausnimmt, darauf schreibt, wieder zumacht und einpflanzt (Pallad. II 15, 13. Geop. X 60); ebenso Pfirsiche (Pallad. XII 7, 3. Geop. X 14, 1). Bei Feigen schreibt man zu gleichem Zweck auf das Pfropfreis (Geop. X 47). Gegen den ὀσπρολέων zeichnet man auf 5 Scherben den löwenwürgenden Herakles und steckt sie in die Ecken und die Mitte des Ackers (Geop. ΙΙ 42, 2). Bindet man ein Olivenblatt, auf dem Ἀθηνᾶ steht um, so vertreibt es Kopfweh (Geop. IX 1, 5).

IV. Die menschliche Thätigkeit.

Hier soll nicht eine Übersicht der an sie anknüpfenden Gebräuche gegeben werden, wobei ja fast alles bisher Gesagte wiederholt werden müsste, sondern sie wird hier nur soweit berücksichtigt, als sie selbst eine zauberhafte Wirkung ausübt.

An die Spitze stelle ich die Landwirtschaft. Gegen Hagel bedeckt man die Mühle mit einem roten Tuch oder schwingt blutige Beile gegen den Himmel (Pallad. I 35, 1). Man zeigt der Hagelwolke einen Spiegel (Pallad. I 35, 15. Geop. I 14, 4). Kommt ein Heuschreckenschwarm, so verbirgt sich alles im Hause; dann ziehen sie vorüber (Pallad. I 35, 12. Geop. XIII 1, 2). Will ein Baum keine Früchte tragen, so geht man mit einer Axt auf ihn zu, als wollte man ihn fällen; ein anderer legt ein gutes Wort für ihn ein und verspricht, der Baum werde sich bessern (Geop. X 83, 1f.; vgl. Wuttke² 668f.). Will das Vieh nicht fressen, so bindet man seinen Schwanz mit Wolle möglichst fest ab (Plin. XXIX 38). Bei Feuersbrunst muss man zuerst etwas Mist aus dem Stall ziehen, dann rettet man das Vieh leichter und Rinder und Schafe laufen nicht in die Flammen zurück (Plin. XXVIII 263). Die in der Ackerwirtschaft gebrauchten Geräte scheinen ebenfalls geheiligt gewesen zu sein; vgl. oben die Vorschriften über die Umkleidung des Saatmasses und Saatsiebes mit Tierfellen (S. 79). Darauf deutet auch die [91] pythagoreische Vorschrift: Setze dich nicht auf den Scheffel (Göttling a. a. O. 310, 32). Küken, die an pituita leiden, setzt man auf ein Wicken- oder Hirsensieb und räuchert sie mit Poley (Col. VIII 5, 16). Das Sieb wurde auch beim Viehbesprechen gebraucht (Lobeck Agl. 640 a). Auf einen Mörser steigt der an Dyspepsie leidende, springt 10 mal und steigt wieder herunter (Cato de agr. 127). Einen alten Hufschuh bringt man unbeschrieen in den Taubenschlag, so thun die Marder nichts (Pallad. I 24, 2).

Von weiblicher Thätigkeit sind Spinnen und Weben zu nennen. Frauen dürfen im Gehen nicht spinnen, nicht einmal die Spindel offen tragen, sonst gedeiht die Saat nicht (Plin. XXVIII 28). Gegen Leiden der inguina nimmt man den Zettelfaden von einem Webstuhl, bindet ihn mit 7 oder 9 Knoten an und nennt zu jedem eine Witwe (Plin. XXVIII 48). Gegen Wundschmerzen bindet man denselben an einen Nagel oder sonst etwas, das getreten worden ist, und trägt ihn als Amulett (ebenda).

Ist jemandem ein Knochen im Hals stecken geblieben, so soll er aus demselben Gefäss einen Knöchel auf den Kopf legen (Plin. XXVIII 49). Ist es Brot, so soll er von demselben Brot etwas in die Ohren stecken (Plin. ebenda). Hinter dem scheidenden Gast das Zimmer fegen, oder, so lang er trinkt, den Tisch oder eine Tracht aufheben, gilt als sehr unglücklich (Plin. XXVIII 26). Ebenso, wenn jemand überhaupt nicht ass (Plin. ebenda). Schweigen alle – bei ungerader Zahl der Tischgenossen – plötzlich still, so galt das als famae labor (Plin. XXVIII 27). Speise, die einem aus der Hand fiel, musste unabgepustet auf den Tisch gelegt werden; was man in dem Augenblick that oder sprach, war vorbedeutend (Plin. XXVIII 27). Nach Pythagoras sollte man es überhaupt nicht wieder aufheben (Göttling a. a. O. 313, 39; vgl. Rohde Psyche 224, 1). Eier- und Muschelschalen soll man gleich nach dem Essen zerbrechen oder mit dem Löffel durchstossen, mit dem man sie ass (Plin. XXVIII 19; vgl. Wuttke¹ 318). Beim Ausgang war wohl zu beachten, dass man nicht mit dem linken Fuss zuerst antrat; denn das bringt Unglück (Apul. met. I 5. Petron. 30). Man betrat daher mit dem rechten Fuss zuerst den Tempel und ging mit dem linken zuerst aus ihm, was schon eine pythagoreische Vorschrift war (Göttling a. a. O. 291 V). Als besonders unheilvoll galt es, an der Schwelle anzustossen, was z. B. dem ältern Gracchus seinen Fall bedeutete (vgl. Bulenger. de aug. 6 = Graevius thes. ant. Rom. V 418 E. Tibull. I 3, 19ff. I 7, 62 u. a.). Als unglücklich galt es auch, wenn zwei Freunde zusammen gingen, und zwischen ihnen ein Stein durchgeworfen wurde, oder ein Hund, ein Knabe zwischen ihnen durchliefen. Man wandte das Omen ab, indem man auf den Stein trat, den Hund oder Knaben durchprügelte (Augustin. doctr. christ. II 20, 31).

V. Geburt und Tod.

Schwangere brüteten in ihrem Busen ein Ei aus, um darnach das Geschlecht des Kindes zu bestimmen (Plin. X 154). Bei schwerer Entbindung half es, wenn man übers Dach ein Geschoss warf, das schon, und zwar stets auf den [92] ersten Streich, einen Menschen, einen Eber, einen Bären getötet hatte (Plin. XXVIII 33). Noch besser nahm man dazu eine hasta velitaris, aus einem Leichnam gezogen; sie durfte aber die Erde nicht berührt haben (Plin. XXVIII 34). Empfing eine stillende Frau von dem Vater ihres Säuglings noch einmal, so verdarb ihr die Milch nicht (Plin. VII 67). Kinder, die früh sprechen, lernen spät gehen (Plin. XI 270). Kluge Kinder werden nicht alt (Otto Sprichw. 1917).

Sterbende weissagen (allgemein). Selbst das Opfertier sieht seinen Tod vorher (Ovid. fast. I 327). Alles, was zum Toten und seinem Apparat gehört, besitzt oder erhält Zauberkraft. Wer einen Brand vom Scheiterhaufen bei sich hat, den bellen die Hunde nicht an (Ael. n. a. I 38). Wer Grabschriften liest, verliert das Gedächtnis (Otto 1091). An Gräbern geht man besser schweigend vorbei (Rohde Psyche 223, 2). Die Wollbinde von der Leichenbahre hat Zauberkraft (Propert. III 6, 30). Ein Kleid, das bei der Beerdigung gebraucht worden, bekommt keine Motten (Plin. XXVIII 33). Grabnägel in die Schwelle geschlagen schützen vor nocturnae lymphationes (Gespenster oder Nachtwandeln? Plin. XXXIV 151). Besonders zeigt sich die Kraft der Toten in der Heilkunde. Gegen Drüsengeschwülste, Ohrgeschwulst und Kropf half man sich durch Bestreichen mit der linken Hand einer gleichgeschlechtigen Leiche (Plin. XXVIII 45). Den Zahn einer solchen brauchte man gegen Zahnweh (ebenda). Geschwüre bestrich man mit einem Menschenknochen (Plin. XXVIII 46). Der Sinn ist wohl überall, dass wie die verwesende Leiche abnimmt und zerfällt, dies auch mit der Krankheit geschehen soll. Sehr deutlich ist das, wenn es heisst, dass Erde oder Kraut aus einem Totenschädel Haare und Zähne ausfallen macht (Plin. XXVIII 46). In der Gewalt der Toten stehen auch die vergrabenen Schätze (Lobeck Agl. 632 m).

Verstärkt wird diese Macht durch besondere Umstände. So durch nicht Beerdigen: den Eckzahn einer solchen Leiche brauchte man bei Zahnschmerzen (Plin. XXVIII 45). Oder wenn der Tote ein ἄωρος war; denn das waren Götterlieblinge (Otto Sprichw. 20). Die oben erwähnten Geschwülste heilte man auch durch Bestreichen mit der Hand eines solchen Toten (Plin. XXVIII 45). Vor allem aber verlieh gewaltsamer Tod einem Menschen Zauberkraft; denn wer so in voller Lebenskraft dahingerafft wird, dem bleibt etwas davon auch nach dem Tode. Beides, frühes Sterben und gewaltsamer Tod, vereinigt, machte die Seele fähig, ein magischer πάρεδρος zu werden (Lobeck Agl. 223 e; vgl. Magie). Auch die Schwester der Nemesis, der Tibullus sein Leid klagen will, war als Kind durch einen Sturz aus dem Fenster gestorben (Tibull. II 6, 29). Mit dem Zahn eines βιαιοθάνατος stochert man sich am Zahnfleisch (Plin. XXVIII 7). Seinen Schädel benutzen Epileptische als Trinkbecher. Das betreffende Quellwasser muss nachts geholt sein (Plin. ebenda). Aus dem Schädel eines Erhängten machte Antaios Pillen gegen Hundswut (ebenda). Haare eines Gekreuzigten helfen gegen 4tägiges Fieber (Plin. XXVIII 41). Auch was mit einem βιαιοθάνατος in Berührung gekommen war, hatte [93] Zauberkraft. Vor allem das Mordinstrument selbst. Ihre Rolle bei der Entbindung sahen wir schon (oben S. 91f.). Hängte man den Strick eines Erhängten in die Fenster des Schlages, so blieben die Tauben gesund und flogen nicht weg (Pallad. I 24, 2). Man band ihn gegen Kopfweh um (Plin. XXVIII 48; vgl. Wuttke² 189). Mit einem Mordschwert beschrieb man einen Kreis, setzte ein Gefäss da hinein und besprengte das Haus mit σταφὶς ἀγρία, Lorbeer, Meerwasser oder Salzlake – alles entsühnende Mittel –, so kamen alle Flöhe in jenes Gefäss (Geop. XIII 15, 7). Mit einem Mordschwert leise gestochen zu werden, half gegen Seitenstechen (Plin. XXXIV 151). Epilepsie heilte Archelaos mit einem durch ein Mordeisen erlegten Wild (Plin. XXVIII 34). Einen Nagel oder Splitter von einem Kreuz trug man in Wolle gegen 4tägiges Fieber um den Hals; genesen, vergrub man ihn, wo die Sonne nicht hinschien (Plin. XXVIII 46). Weizenmehl, das eine Nacht gelegen hatte, wo ein βιαιοθάνατος getötet oder verbrannt worden war, half bei Schweinekrankheiten (Plin. XXVIII 8).

Natürlich gingen die Toten, besonders der beiden besprochenen Kategorien, als Gespenster um (allgemein; vgl. Rohde Psyche 201). Tote, denen ein Lieblingsbesitz vorenthalten ist, kehren wieder (Rohde Psyche 32, 3). Auch übermässige Klage stört ihre Ruhe (Rohde Psyche 206, 2). Man erkannte die ‚Revenants‘ nach den Pythagoreern daran, dass sie nicht blinzelten und keinen Schatten warfen (Lobeck Agl. 894). Sie brachten Krankheiten (Lobeck Agl. 637f.) und waren wohl auch die ἐφιάλται = Alpe (Diosk. m. m. III 147; vgl. Rohde Psyche 225, 4). Wer dem Geistertreiben zusieht, dem bekommt es schlecht. Ihr Anblick macht blind oder tötet (Rohde Psyche 171, 1). Mit ihnen werden wohl auch die striges zusammengehören, die den Kindern das Blut aussaugten und bald als Vögel galten (Plin. XI 232), bald als daimonische Wesen oder als Hexen (Ovid. fast. VI 131ff.). Denn das ihnen zugeschriebene stridere ist auch den umgehenden Gespenstern eigentümlich, und ans Grab knüpft die striges an Propertios (III 6, 29), wo er sagt, man finde die Federn der striges am bustum. Wie auch die Hexen mit ihnen zusammenhängen, sahen wir schon oben (S. 83). Hier mag noch stehen, dass Tibullus die Kupplerin verwünscht, um die Gräber zu irren, deren Kraut und die von den Wölfen übergelassenen Knochen zu verzehren, und dann heulend durch die Stadt zu schweifen (als Werwolf, I 5, 53ff.; vgl. Lobeck Agl. 638 y). Endlich ziehen die Toten auch in der wilden Jagd mit (κῶμος Ἑκάτης Plut. superst. 3). Aber das führt schon in die Mythologie hinüber (vgl. Rohde Psyche 227).

Litteratur: Eine zusammenfassende Darstellung antiken A. giebt es meines Wissens nicht. Beachtenswert sind ausser den im Text genannten Schriften: Tiedemann Dissertatio quae fuerit artium magicarum origo, Marburg 1787. Dilthey in den Arch.-epigr. Mitt. II 44ff.

[Riess. ]

Nachträge und Berichtigungen

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Band S I (1903) S. 3 (EL)–4 (EL)
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S. 36, 5ff. zum Art. Aberglauben:

Sympathie und Antipathie im Sinne geheimnisvoller Zuneigungen und Abneigungen, Wirkungen und Gegenwirkungen in der belebten und unbelebten Natur lassen sich in der älteren griechischen Litteratur nicht nachweisen. Erst bei Theophrast findet sich συμπάθεια in der genannten Bedeutung gebraucht, de odoribus 62f., wo folgende vier, offenbar dem Volksglauben entlehnten Fälle von Sympathie als etwas Tatsächliches, wenn auch höchst Wundersames angeführt werden: wenn die Böcke in Brunst treten, beginnen auch die abgezogenen Bocksfelle, wenn Knoblauch und Zwiebeln im Beete treiben, beginnen auch die herausgenommenen stärker zu riechen, mit der Rebenblüte kommt auch der Wein im Fass in Bewegung, und gleichzeitig mit dem Winterschlaf des Bären schwillt auch das Bärenfett im Topfe an. Systematische Begründung aber und litterarische Behandlung erhält dieser Glaube durch die Lehre der Stoiker von der συμπάθεια τῶν ὅλων, wie dies in der Programmabhandlung von Th. Weidlich Die Sympathie in der antiken Litteratur, Stuttgart 1894, 5ff. eingehend nachgewiesen ist. Die Stoiker stellten nämlich den Satz auf: es giebt nur eine Welt, und diese ist ein einheitlicher Organismus, ein σῶμα ἡνωμένον oder ζῷον. Nun sind nach der älteren Naturlehre, besonders auch nach Aristoteles, nicht blos σῶμα καὶ ψυχὴ συμπαθῆ, d. h. wirken aufeinander gegenseitig ein, sondern es zieht auch jede Lust- oder Schmerzensempfindung, jede Förderung oder Erkrankung eines Körperteiles auch alle anderen in Mitleidenschaft. Wenn also das Weltall ein σῶμα ist, so muss auch ein natürlicher Zusammenhang zwischen all seinen Teilen, die συμπάθεια τῶν ὅλων, vorhanden sein. Um diese zu beweisen, legten die Stoiker, wie Cic de div. II 33 angiebt, Sammlungen von einzelnen Fällen von συμπάθεια an, wobei sie kritiklos nicht nur Erweisliches, wie die Einwirkung der Sonne und der Jahreszeiten auf die Vegetation, des Mondes auf Ebbe und Flut, sondern auch irrtümliche Vorstellungen des Volks- oder Gelehrtenaberglaubens aufnahmen, z. B. dass am Tag der Wintersonnenwende die Mausleber sich vergrössere, oder die Kerne im Apfelgehäuse sich nach der entgegengesetzten Seite wenden. Diese Sammlungen der Stoiker gaben den Anstoss zur Anlegung von populären Sympathiebüchern, bei welchen der wissenschaftliche Anstrich vollends wegfiel und der Hauptwert nicht mehr auf die in der Natur vorhandenen Neigungen und Abneigungen, sondern auf die geheimnisvollen, fördernden oder hemmenden Wirkungen gelegt wurde, die der Wissende für seine Zwecke, insbesondere zur Abwehr [4] von schädlichen Tieren, schädlichen Witterungseinflüssen, von Vergiftung und Verzauberung und zur Heilung von allen möglichen Krankheiten verwenden kann (a. a. O. 11f.).

Das erste Sympathiebuch, von dessen Titel und Inhalt wir Kunde besitzen, ist in Ägypten, ziemlich frühe in der alexandrinischen Zeit, wahrscheinlich schon im 3. vorchristlichen Jhdt., von einem Bolos aus Mendes verfasst und als angebliches Werk des Demokritos unter dem Titel Δημοκρίτου περὶ συμπαθειῶν καὶ ἀντιπαθειῶν herausgegeben worden. Dieses Buch hat im Altertum bis auf die spätesten Zeiten herab als Hauptwerk über diesen Gegenstand gegolten und wird fort und fort, wenn auch nicht immer direct, citiert. Es ist verloren; erhalten sind drei kleine Tractate: 1. Das sog. Fragmentum Democriti περὶ συμπαθειῶν καὶ ἀντιπαθειῶν, welches mit dem Werk des Bolos in keinem näheren Zusammenhang steht, sondern nur eine klägliche Compilation aus einem oder mehreren grösseren Werken ist. 2. Νεπουαλίου περὶ τῶν κατὰ ἀντιπάθειαν καὶ συμπάθειαν, ein ähnliches Machwerk, und 3. die noch nicht veröffentlichten Φυσικὰ καὶ Ἀντιπαθητικά des Aelius Promotus. Alle drei dürften im 2. nachchristlichen Jhdt. entstanden sein. Weit mehr Stoff, als diese Schriftchen, giebt die übrige classische Litteratur, namentlich Plinius, Plutarch, Aelian, die Paradoxographen, Veterinär- und landwirtschaftliche Schriftsteller. Für das Nähere ist auf die obengenannte Programmabhandlung zu verweisen.

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Band R (1980) S. 5
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